Wie viel Kleidung brauche ich?
Modeprotest ist eine Slow-Fashion-Kampagne, für die der erste Schritt zum nachhaltigen Konsum weniger Konsum bedeutet.
Um einem nachhaltigen Kleiderkonsum näher zu kommen, bieten sie zum Beispiel Denkanstöße und Aktionen, die Konsumenten zum anderen Konsumieren veranlassen sollen. Eine ihrer neuesten Aktionen ist die Online- Umfrage „Wie viel Kleidung brauche ich“ über Gewohnheitskonsum. Um mehr über diese und andere Aktionen zu erfahren, hat sich die BIORAMA-Redaktion mit Lenka Petzold von Modeprotest unterhalten.
BIORAMA: Euer Ziel ist es, den Gewohnheitskonsum von Kleidung der Menschen umzustellen. Wie wollt ihr das erreichen? Kannst du etwas über eure Aktionen erzählen?
Lenka Petzold: Mittels unserer Selbstversuche und Mitmach-Aktionen lernt man den eigenen Kleiderkonsum kennen und entdeckt neue Möglichkeiten des Kleidertragens und Einkaufens. Wir wollen darauf aufmerksam machen, das ein Kleiderkonsum auch anders möglich ist, als es ein Großteil unserer Gesellschaft tut. Wir machen somit auf einen Konsum- und Lebensstil aufmerksam, der weniger durch Werbung fremdgeprägt ist und mehr die Selbstsicherheit im eigenen Stil stärkt. Auf der anderen Seite ist es uns wichtig, auf Sozial- und Umweltstandards hinzuweisen. Sich ausprobieren, einmal auf das Wesentliche besinnen, merken dass nichts fehlen muss, wenn man sich reduziert, all das sind wichtige Erfahrungen, die helfen den Gewohnheitsüberkonsum zu verändern.
Kannst du etwas über eure aktuellen Aktionen erzählen?
Im Wesentlichen kann ich von drei aktuellen Aktionen erzählen. Seit 2012 organisieren wir jedes Jahr zur Fastenzeit, also sieben Wochen lang, eine Klamottenkur. Ziel dieser Aktion ist es den Kleiderschrank in diesem Zeitraum auf 50 Teile zu reduzieren. Die Aktion kann natürlich jeder für sich zu jedem Zeitpunkt im Jahr starten. Speziell in der Fastenzeit unterstützten wir mit Anleitungen und Tipps, bieten Austausch von Erfahrungen durch die Startaktionen in verschiedenen Städten.
Außerdem haben wir ein kleines interaktives Ausstellungsexponat, die Reflexionsstation, mit der wir auf unterschiedlichen Veranstaltungen und Workshops zu sehen sind. Wir stellen drei Fragen als spontane Reflexionsübung zum Kleiderkonsum und wollen somit einen spontanen Denkanstoß erzeugen.
Aktuell arbeiten wir auf unserer Website mit unserer Online-Umfrage „Wie viel Kleidung brauche ich?“. Die Umfrage fordert, im Detail heraus sich wirklich mit jedem Kleidungsstück und besonders der Menge an Kleidung die man besitzt auseinander zu setzen.
Könnt ihr schon etwas über die Ergebnisse der Online-Umfrage erzählen?
Dies ist noch eine laufende Umfrage, um sie nicht zu verfälschen möchten wir hier nun noch nicht zu viel über die Anzahl der geschätzten oder gezählten Kleidung sprechen. Dazu ist diese Umfrage auch nicht repräsentativ genug. Die erste Version der Online-Umfrage, wir haben sie im Juli geupdated, wurde von 200 Personen ausgefüllt. 81% davon waren Frauen, wir sind allerdings bemüht den Männeranteil in der Teilnahme an unseren Aktionen zu erhöhen. Das Alter reicht von 16 bis 65, im Durchschnitt 30 Jahre. 82% schätzen ihre Angaben. Nur 6% kaufen ausschließlich öko-faire Kleidung, 52% teil-teils und 32% eigentlich gar nicht. 10% haben sich ihrer Stimme enthalten.
Wie seht ihr von Modeprotest, die Welt der Mode in puncto Fairtrade und Nachhaltigkeit in 20 Jahren?
Dass Fair Trade und nachhaltig produzierte Kleidung wieder an Aufmerksamkeit gewinnt ist deutlich in den kritischeren Medien abzulesen. Durch den daraus resultierenden Druck an Unternehmen – der ja jetzt auch schon von vielen Initiativen wie zum Beispiel von der Kampagne für Sauber Kleidung und von Greenpeace gepusht wird – wird das Thema in der Modebranche zunehmend wichtiger. Doch es ist leider noch nicht genug.
Wir sind auch der Meinung, dass sich Gewohnheiten und Verhalten nur durch ausprobieren verändern lassen. Vorurteile gegenüber weniger Konsum und den Kauf von nachhaltiger Kleidung kann dann mit positiven Erlebnissen ausgeräumt werden. Dort setzen wir an. Wir wollen bewusst Konsumenten stärken sich mehr zu informieren und neue Gewohnheiten im Kleiderkonsum zu entwickeln. Wir fragen uns in diesem Zusammenhang, wie wollen wir uns als Nutzer bzw. Konsument in Zukunft eigentlich kleiden.
Unsere Utopie lautet: Kleidung wird grundsätzlich ökologisch und fair hergestellt. Man kauft nur in dem Maße, wie er oder sie es braucht und tatsächlich nutzt. Das Angebot in Geschäften wird wie auch die Anzahl der Kleiderstücke im persönlichen Schrank kleiner aber auch spezifischer und individueller werden. Wichtig ist uns: Wir wollen mit Hilfe von Handlungsalternativen auch jetzt schon mit Veränderung anfangen.