„Biosupermarkt, schön und gut, aber…“

Stefan Maran ist ein Bio-Pionier, der zum Veganer wurde. (Bild: Alexa Lutteri)

Stefan Maran ist ein Bio-Pionier, der zum Veganer wurde. (Bild: Alexa Lutteri)

Weshalb vegan und bio zusammengehören, Regionalität wichtig ist, und woran es der veganen Bewegung mangelt, erklärt uns Stefan Maran im Interview.

Bio und Vegan, das ist für viele nicht miteinander vereinbar. Für Stefan Maran schon. Der hat 1998 gemeinsam mit seiner Frau Josefine Wiens ersten Biosupermarkt gegründet. 2010 verkauften die Marans ihre sechs Wiener Läden an den deutschen Branchen-Riesen Dennree. Die Bio Maran Geschäfte wurden zu Denn’s Filialen. Drei Jahre später eröffneten die Marans mit Maran Vegan einen veganen Supermarkt. Bio und Vegan wollen die Marans miteinander verbinden. Vegane, denen Nachhaltigkeit kein Anliegen ist, gibt es schließlich schon genug, meint der Pionier.

Biorama: Herr Maran, mit BioMaran haben Sie 12 Jahre lang Pionierarbeit geleistet. War es für Sie eigentlich der nächste logische Schritt auf einen Veganen Supermarkt umzustellen?

Maran: Richtig. Also das entsprach ganz unserer Denkweise und unserer Logik. Biologisch Angebaute Produkte sind ein sehr wichtiger, riesengroßer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Vegan wäre dann natürlich aus heutiger Sicht das Absolute. Wir haben irgendwann erkannt, dass weder Bio- noch konventionelle Landwirtschaft eine Chance auf Erfolg hat. Wir laufen einfach auf eine Mauer hin. Wir schaffen es nicht, die Mengen an Futtermitteln zu produzieren, die wir brauchen um Tiere zu ernähren, die uns dann als Eiweiß-Lieferanten dienen sollen. Somit muss sich der Mensch nach neuen Möglichkeiten umschauen, um Eiweiß zu produzieren. Eine der Möglichkeiten, eine der einfachsten ist einfach die pflanzliche Eiweißproduktion. In diese Richtung denken wir und versuchen wir auch zu handeln.

Haben Sie den Schritt, ihre Bio-Supermärkte 2010 zu verkaufen und auf einen veganen Supermarkt umzustellen jemals bereut?

Nein, nie. Es ist nämlich eine ganz tolle Herausforderung. Eine Herausforderung, die wir nicht erkannt haben, bevor wir diesen Schritt gemacht haben. Das heißt für uns war es selbstverständlich, dass vegan eine höhere Stufe in der Nachhaltigkeit ist, als bio.

Mittlerweile wurden wir etwas Besseren oder etwas Anderen belehrt: Eine große Anzahl, wenn nicht die überwiegende Anzahl der sich vegan ernährenden Menschen denkt überhaupt nicht an Nachhaltigkeit oder zumindest nicht so tief wie wir es gerne hätten.

Eben. Verbraucherschützer kritisieren genau dass gerade vegane Produkte oft nicht bio sind und es nicht nachhaltig sei, Waren um die halbe Welt zu transportieren. Wie vereinbaren Sie das in Ihrem Supermarkt?

Viele Leute kaufen all diese Analogprodukte, die voll sind mit Geschmacksverstärkern, synthetischen Aromastoffen und mit Konservierungsmitteln besetzt sind, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was eigentlich passiert. Ich verstehe das, wenn das jemand macht, der aus der Tierschutzecke kommt, der in erster Linie an das Tier denkt. Aber dann müsste der nächste logische Schritt sein, dass man auch sagt, dass das in Bioqualität geschehen muss. Ich darf nicht die Umwelt zerstören, nur damit ich einen Teil der Umwelt rette.

Wir haben, was die halbe Welt und die langen Transportwege betrifft, beschlossen, keine Produkte zu importieren, die von außerhalb der EU kommen. Wir kaufen nur Produkte ein, die ihre Wertschöpfung innerhalb der EU haben. Der größte Transportweg, besteht in unserem Import aus England. Wir beziehen keine Produkte aus Amerika, nicht aus Australien und nicht aus Neuseeland und sonst wo. Wir konzentrieren uns alleine auf die EU. Für uns geht es um Regionalität was diese Produkte betrifft.

Natürlich – je näher zum Laden, desto besser. Ich mache mir immer öfters Gedanken darüber, wie man in Großstädten, wie zB in Wien landwirtschaftliche Produkte biologisch nachhaltig produzieren könnte, ohne dass die Transportwege zu lang werden.

Wir haben auch mit sehr viel Freude wahrgenommen dass es Firmen gibt, die ihr Kapital in solche Projekte investieren. Es ist natürlich viel aufwendiger, viel schwieriger, teurer, als irgendwo die Ware aus China oder Brasilien zu importieren, aber da geht es natürlich um die Einstellung zur Nachhaltigkeit und um unsere Zukunft. In welche Richtung legen wir die Weichen?

Stefan und Josefine Maran sind gleich doppelte Pioniere. Sie gründeten Wiens ersten Bio-Supermarkt, und Wiens ersten Vegan-Supermarkt.

Glauben Sie, dass der vegane Trend trotz allem sowas wie ein Nachfolger des Biotrends ist?

Wir haben es als Solches gesehen. Wir sehen das auch weiter als Solches. Wir müssen aber noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten, damit auch der größte Teil der Veganer diese ganzheitliche Denkweise erkennt. Wir wollen nicht einfach nur den Verzicht auf tierische Produkte fördern, sondern den biologischen Gedanken fortsetzten. Von der Produktion, über die Veredelung, bis zum Handel und zum Konsumenten.

Der Trend wird immer stärker, er wird aber nicht genügend begleitet.

Als wir seinerzeit mit Bio begonnen haben, gab es eine Umbruchstimmung und es wurde ein bisschen belächelt. Jeder meinte „das ist mal ein Trend und das war’s dann“, wurde aber von den Medien und von den verschiedenen Verbänden, die damals gegründet wurden, mitbegleitet und der Kunde wurde in die richtige Richtung geführt, um die wahren Werte des Biohandelns und der -lebensweise zu erkennen.

Da passiert im veganen Bereich jetzt wenig. Das ist eher so eine hippe Geschichte. Wenn irgendein berühmter Schauspieler in Los Angeles sagt, dass er vegan sei, ist das gut so. Wir brauchen solche Leute. Aber von diesen Leuten kommt keine Aufklärung, sondern da sind wir dann einfach nur Nachahmer. Was uns fehlt ist die Aufklärung seitens der Medien. Ich habe auch mit der veganen Gesellschaft darüber gesprochen: Die Leute müssen sich bewusst werden, dass sie niemandem helfen, wenn sie ein nicht-biologisches aber veganes Produkt kaufen. Der Produktion nicht, der Umwelt nicht und sich selber nicht. Auch wenn das noch so hart klingt. Die müssen das einfach ganzheitlich sehen und bio-vegane Produkte kaufen. Das ist die Chance, das ist der richtige Weg.

Worin lag für Sie persönlich die größte Umstellung in Bezug auf die vegane Lebensweise?

Wir haben uns drei Jahre vor der Eröffnung von MaranVegan auf die vegane Ernährungsweise umgestellt. Dadurch fiel uns das natürlich viel leichter. Es war eigentlich ein schleichender Prozess, d.h. wir haben vorher schon sehr wenig Fleisch konsumiert. Für mich war das eigentlich hauptsächlich eine geschmackliche Komponente. Mir schmeckt das Gemüse, das Obst, das Getreide und die Hülsenfrüchte viel besser als das Fleisch. Das hat mich nie so richtig fasziniert. Milchprodukte waren für mich aufgrund der Verdauung nie leicht zu konsumieren. Käse, insbesondere solche mit starkem Aroma, haben mich gar nie interessiert. Es ist uns also sehr leicht gefallen, ohne dass wir uns bemüht haben oder es uns bewusst vorgenommen haben.

Fühlen Sie sich etwas eingeschränkt, wenn es darum geht, ins Restaurant essen zu gehen, oder finden Sie, dass es in Wien eigentlich schon ein gutes Angebot an veganen Restaurants bzw. Gerichten gibt?

Es ist natürlich eine gewisse Einschränkung vorhanden, weil es noch viele Lokale gibt, die ihre Speisen ausschließlich mit Fleisch und Milchprodukten zubereiten. Aber ich muss dort ja nicht hingehen. Ich war früher auch nicht in allen Lokalen. Ich kann mir die Orte aussuchen. Es kann schon mal passieren, dass ich in ein Lokal hineingehe, weil Freunde oder Bekannte dort essen wollen oder ich eingeladen bin. Ich habe dort dann eine reduzierte Speisekarte, oder ich esse Salat. Ich liebe Salat, ich könnte jeden Tag Salat essen! Viele Köche sehen dadurch vielleicht auch die Chance zu zeigen, dass sie Köche sind und nicht nur irgendetwas wiederholen und systematisch eine Fließbandarbeit leisten.

Finden Sie es gut, dass die Unternehmen der Bio-Branche sich immer stärker konventionalisieren und  größer werden?

Wir haben früher viel falsch gemacht. Das möchte ich nicht mehr. Biosupermarkt, schön und gut, aber die Anbauweisen was zum Beispiel die Fleischproduktion betrifft, sind auch nicht sonderlich besser. Als Biosupermarkt darf man nicht die gleichen Fehler machen wie die anderen Supermärkte. Irgendwann wollten die Leute in jeder Filiale das gleiche Produkt haben zB beim Gemüse. Die kleinen Produzenten konnten da dann nicht mehr mitmachen. Es sind im Endeffekt dann auch nur mehr die Großen, die es sich leisten können. Wir setzten nun auf kleine, regionale Produzenten und das sehr konsequent.

Bild: Maran Vegan

Wie sehen Sie die Zukunft der Ernährung?

Es ist eine Möglichkeit, Insekten, Maden usw. als Eiweißlieferanten zu züchten. Die werden dann zu Pulver, zu Pasten usw. verarbeitet und das kommt dann in die Lebensmittelproduktion, so wie es heute mit Milchpulver der Fall ist. So, denke ich mir wird das in Zukunft aussehen. Vegan wäre das nicht, aber die Welt wird nie vegan werden. Sie wird sich zum Teil neu orientieren.

Es gibt auch die Möglichkeit Eiweiß aus Algen zu gewinnen, aber das ist ja auch begrenzt. Wenn wir auf die Idee kommen plötzlich die halbe Welt mit Algeneiweiß zu versorgen, dann haben wir innerhalb von zwei Jahrzehnten keine Algen mehr.

Es muss einen guten Mix geben. So wie es früher war. Früher hat man Fisch in Küstennahen Regionen gegessen oder in Flussnähe, man hat den Fisch in den Bergen nicht gegessen, außer es hat mal Forellen gegeben. Mittlerweile ist es alles so bunt gemischt, dass Asiaten zB die ja nie Milch konsumiert haben, Milch konsumieren müssen, obwohl sie ein Problem mit der Verdauung haben. Das Ganze nimmt einen unnatürlichen Weg mit der Globalisierung. Vieles hätte nicht passieren müssen. Die Ernährung hat sich durch die Globalisierung in die falsche Richtung entwickelt. Ich brauche nicht die Muscheln irgendwo in Wien, die gehören ans Meer.

Für unsere persönliche Zukunft haben wir beschlossen, dass wir unser Bistro ab 15.10. an einen neuen Betreiber abgeben. Nach einer Umstellungsphase von zwei Wochen wird der das in Alleinregie führen. Es wird unter einem neuen Logo „Adam und Luna“ dem Betreiber des gleichnamigen veganen Lokals am Donaukanal, fortgeführt und das mit einem Herrn, der sich in der veganen Küche auskennt und selber Veganer ist. Das ist natürlich sehr wichtig, damit keine Fehler passieren.

Kann man zusammenfassend sagen, dass Regionalität für Sie die höchste Priorität hat?

Regionalität, genau. Und das natürlich in Bioqualität. Das ist ganz, ganz wichtig.

Wir sind froh, wenn es Medien gibt, die das auch weitersagen und diese Meinung mitvertreten. Wir haben jetzt die Chance durch das Vegane, Bio auf eine höhere Stufe zu stellen. Oder das Vegane sogar über das Biologische zu setzten, auch wenns in der Küche schwieriger ist als im Biobereich. Aber wenn wir da nicht aufpassen, dann rutschen wir ab, dann fangen wir wieder irgendwo von vorne an, das ist wäre ja lächerlich.

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