Angst vor Krebs an der Wursttheke?

Halb voll oder halb leer – die Leberkäs-Vitrine beim Billa auf der Wiedner Hauptstraße

Halb voll oder halb leer? – die Leberkäs-Vitrine beim Billa auf der Wiedner Hauptstraße

Manches Fleisch womöglich krebserzeugend, meint die WHO. Kümmert das die Konsumenten? BIORAMA hat sich an der Wursttheke umgehört.

Noch am Wochenende sorgte eine WHO-Studie für Aufsehen. Darin stuft die Weltgesundheitsorganisation Wurst, Schinken und anderweitig verarbeitetes Fleisch als krebserregend eingestuft. Ein regelmäßiger Konsum soll das Darmkrebsrisiko erhöhen. Zudem wird rotes Fleisch, also das Muskelfleisch aller Säugetiere, als „wahrscheinlich krebserregend“ beschrieben. Am Montag wurden die Ergebnisse präsentiert, tags darauf haben wir unsere Praktikantin Sarah Nägele hinaus geschickt, um sich im Supermarkt, im Bio-Supermarkt und an Wiener Wursttheken umzuhören. Lest im Folgenden ihren Bericht:

Was erwartet mich an der Bio-Wursttheke im Denn's Biosupermarkt? Eine Erkundung

Was erwartet mich an der Bio-Wursttheke im Denn’s Biosupermarkt? Eine Erkundung

Erste Station: Spar Gourmet auf der Wiedner Hauptstraße. Vor dem Geschäft wird Kalb und Rindfilet im Angebot beworben, drinnen herrscht munterer Betrieb. Ich steuere zielsicher auf die Wursttheke zu und bestelle mir eine Leberkässemmel. Während die Dame hinter der Theke diesem Wunsch nachkommt, frage ich sie, was sie denn eigentlich von der WHO-Studie halte, doch sie schaut mich nur ratlos an. Davon weiß sie nichts. Als ich ihr das Ergebnis nahe lege, blickt sie weiterhin ratlos. Neben mir steht eine junge Frau mit Kind, auch sie weiß nichts davon und schaut jetzt besorgt auf die Wurstwaren. An der Kasse versuche ich es nochmal. Die Kassiererin kennt die Studie auch nicht, ihr vorbeigehender Kollege mischt sich jedoch ins Gespräch: „Doch, doch, heute ist irgendwas in der Zeitung gestanden, darüber dass Wurst und Fleisch krebserregend sind.“ Was er darüber denke? Er winkt ab – darauf dürfe man nicht so viel geben: „Wenn man alles glauben würde, was in der Zeitung steht, dann darf man eh nix mehr essen, alles ist ja ungesund!“ sagt er fast ein bisschen trotzig und verschwindet wieder. Ob heute weniger Fleisch und Wurst verkauft wird? Die Kassiererin schüttelt den Kopf. „Nein. Alles wie immer.“

Wird beim Spar Gourmet heute weniger Wust verkauft? - "Nein. Alles wie immer."

Wird beim Spar Gourmet heute weniger Wust verkauft? – „Nein. Alles wie immer.“

Direkt neben dem Spar Gourmet liegt ein denn’s. Leberkäs haben sie hier keinen. Aber sie könne mir gern eine Semmel mit Wurst belegen, erklärt mir die Verkäuferin. Ich bejahe und verwickele sie in ein Gespräch über die Studie. Sie nickt vorsichtig – ja, davon habe sie gehört. Ob die Leute heute weniger Wurst kaufen? Nein, davon sei nichts zu spüren. „Sie sind jetzt ehrlich gesagt die erste Person, die mich darauf anspricht“, sagt sie. Aber ich brauche keine Bedenken haben, fügt sie hinzu. Das Fleisch, welches im denn’s verkauft wird, komme praktisch direkt vom Bio-Bauernhof und unterliege sehr strengen Auflagen, was die Verarbeitung angeht. Sie glaubt nicht, dass die Verkäufe nun zurückgehen – überhaupt sagt sie, dass sie das Ganze für „leichte Panikmache“ halte.

„Aber irgendwas muss man ja essen,“ meint die Wurstverkäuferin.

In einem kleineren Spar in einer Seitenstraße treffe ich auf eine flinke und grimmig dreinschauende Wurstfachverkäuferin. „Das kann schon sein, dass da was dran ist – aber irgendwas muss man ja essen“, meint sie sehr pragmatisch als ich mich nach der Studie erkundige. Ob heute weniger Wurst und Fleisch gekauft werde? „Nein, die Leute haben ja trotzdem Hunger.“ Sie fügt hinzu, dass man natürlich alles in Maßen essen sollte. Als ich darauf nachhake, ob durchschnittlich zu viel Fleisch gegessen werde, meint sie diplomatisch, dass das letztendlich eine persönliche Entscheidung sei. Sie für ihren Teil wolle nicht auf alles verzichten.

Bei dem kleinen Billa auf der Wiedner Hauptstraße, herrscht reger Betrieb an der Wursttheke. Die Dame dahinter erklärt mir entschuldigend, dass sie nicht im Bilde sei, da heute ihr erster Tag nach dem Urlaub ist. Als ich sie aufkläre, meint sie, davon habe sie heute nichts spüren können. Ob da was dran ist? Sie lacht. „Ich glaube schon, dass es sehr ungesund ist. Wir sollten alle lieber Obst und Gemüse essen.“ Die Kassiererin sagt mir, dass sie über einen eventuellen Rückgang der Einkäufe nichts sagen könne, da sie eben erst gekommen ist. Doch normalerweise würden sich solche Nachrichten sofort auf den Verkauf auswirken. „Leider“, erklärt sie schulterzuckend.

Der Merkur auf der Mariahilferstraße ist meine letzte Station. Hier werde ich zum ersten Mal von einem jungen Mann bedient. Er kennt die Studie, doch sei er persönlich unbesorgt. „Ich bin Vegetarier“, sagt er und belegt lachend mein Wurstbrötchen. Dennoch bezweifelt er stark, dass die Ergebnisse stimmen. Auf den Verkauf habe sich die Publikation bislang nicht ausgewirkt, doch er ist sich sicher, dass zu viel Wurst und Fleisch ungesund seien. Er rate allen zu einer ausgewogenen Ernährung. Außerdem sei das sein Job! Er könne also schlecht empfehlen, keine Wurst und kein Fleisch mehr zu essen, schmunzelt er.

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