Löwenzahn wird 35

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Seit 1981 verkörpert ein alternativer Bauwagenbewohner den öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag pur. Die Umwelt-Kindersendung Löwenzahn wird 35.

Er wohnt in einem Bauwagen irgendwo in einem fiktiven Ort namens Bärstadt. Früher trug er Latzhose und Brille, heute ist er eher sportlich und mit seinem Hund Keks unterwegs. Ob Peter Lustig oder Fritz Fuchs – die Kinderserie rund um den interessierten und zugleich etwas verschrobenen Eigenbrötler ist einer der großen Klassiker im deutschsprachigen Kinderfernsehen.

Vor ein paar Jahren hängte Peter Lustig die Latzhose an den Nagel. Eines hat sein Nachfolger Guido Hammesfahr als Fritz Fuchs mit ihm gemein. Als Bauwagenbewohner ist er ein kleines bisschen anders als die anderen Bärstädter. Er tüftelt und bastelt gerne und dafür wird er von der Nachbarn und der übrigen Gesellschaft belächelt. Aber vielleicht ist es genau diese Lebensweise, die Kinder seit Jahrzehnten so fasziniert. Neue Dinge erfinden, einfach tun und lassen, was man möchte, frei sein, anders sein und immer wieder nachfragen. Die Sendung wird von Erwachsenen nicht nur geschätzt, weil sie viele an die eigene Kindheit erinnert, sondern auch, weil sie die Kriterien erfüllt, die eine Kindersendung für unsere Jüngsten geeignet macht. Ein bisschen Gesellschaftskritik, ökologisches Bewusstsein und dazu gewaltfreies Kleinstadtidyll, das aussieht, als läge Bärstadt ganz in der Nähe. Das ganze wird Folge für Folge in 20 bis 30 Minuten leicht verständlicher Sprache und gespickt mit Alltagsbezügen vorgetragen.

Von Ameise bis Zebra

Ein Blick auf die Themenliste beim Löwenzahl-Fanclub lässt die eine oder andere Statistik zu. Das häufigste Thema bei Löwenzahn: Tiere aller Art. Vor allem der Nutzen der Tiere liegt Peter Lustig dabei am Herzen, auch wenn er deshalb wie so oft mit seinem Nachbarn Herrn Paschulke (Helmut Krauss) aneinander gerät. Insekten hat der Erfinder sehr gerne. Er hilft zum Beispiel dem Förster, den Ameisenfeind zu finden, versucht, seinen Nachbarn von der Giftspritzerei in seinem Garten abzubringen, um die Hummeln zu schützen, und veranstaltet Schnecken-Wettrennen, um die heimischen Kriechtiere nicht nur als Salaträuber dastehen zu lassen. Er kommt aber auch auf die Ideen, Nutztiere selbst zu halten, um beispielsweise seine eigene Milch zu beziehen, möchte Schafe scheren, um einen Pullover zu stricken, oder holt sich auf einem Bauernhof Rat für die Haltung eines Hausschweins. Hunde fehlen auch nicht: Während Peter Lustig in den allerersten Folgen noch selbst einen Hund namens Willi besitzt, ist der Berner-Sennenhund Keks der treue Begleiter von Nachfolger Fritz Fuchs in den neuen Staffeln.

Wie man erneuerbare Energien erzeugt

Wasser ist für Peter Lustig eine der wichtigsten Ressourcen, vom Wasserkreislauf über die wichtigsten Aggregatzustände bis hin zur eigenen Beschaffung des Grundwassers kommt dieses Thema in einigen Folgen vor. Auch Kohle, Öl und sämtliche Formen der Energiegewinnung spielen in der Sendung eine große Rolle. So passiert es, dass Peter seinen Strom durch Fahrradfahren gewinnt und beginnt, Eierschalen und Kartoffeln zu sammeln, um mithilfe von Biogas Energie zu erzeugen. In den neueren Folgen mit Fritz Fuchs wird das Thema Energiegewinnung etwas moderner erzählt: Der Erfinder möchte seinen Bauwagen mit Erdwärme heizen und bohrt dabei versehentlich eine Wasserleitung an. Auch Bionik, die Technik der Natur nutzt Fuchs, um wertvolle Tipps von Mutter Erde auf seine Erfindungen anzuwenden.

Woraus wird eigentlich Gummi gewonnen? Was hat Holz mit Papier zu tun? Kupfer, Bronze, Messing, welches ist das härteste Metall? Sämtliche Materialien, die ein Tüftler zum Basteln braucht, werden erforscht und erprobt. Peter nimmt die Zuschauer mit in eine Glasfabrik und eine Ziegelei und erforscht alles Wichtige zum Thema Herstellung und Verarbeitung natürlicher Grundstoffe.

Mutter Natur

Der Name der Sendung verrät den Bezug zu Natur und Umwelt. Der Hauptdarsteller liebt die Natur, angefangen von Waldspaziergängen mit Pilzsuche über das Anpflanzen von Unkraut und Heilkräutern bis hin zum Anlegen eines eigenen Teiches betätigt sich der Erfinder als Umweltschützer. Das war in den umweltbewegten 80ern nicht anders als zu Zeiten der Energiewende. Das Wattenmeer, die Entstehung von Moorlandschaften oder Gletscherschmelze: Wenn es den Bauwagenbewohner interessiert, macht er sich auf den Weg zum Ort des Geschehens und nimmt seine junge Zuseher dabei mit. Ein bewährtes Konzept.

Hauptdarsteller Peter Lustig hat sich schon 2005 in den wohlverdienten Ruhestand zurückgezogen. Was viele vielleicht nicht wissen: Vor Löwenzahn war der Schauspieler unter anderem der Tontechniker bei der „Ich bin ein Berliner“-Rede von John F. Kennedy 1963 in Berlin. Er war nicht nur der Latzhosenträger aus dem Bauwagen, sondern auch Kinderbuchautor und Moderator. Sein Nachfolger Guido Hammesfahr, der die Rolle des kuriosen Eigenbrötlers übernommen hat und für das Überleben der Serie gesorgt hat, hat es geschafft, sie zeitgemäß weiterzuführen. Herzlichen Glückwunsch!

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