Lieblings-Sommerplätze der Redaktion: Edinburgh
Mitglieder der BIORAMA Redaktion verraten euch ihre liebsten Sommerplätze. Heute: Ute Mörtl auf Entdeckungsreise in Edinburgh.
In Edinburgh findet der aufmerksame Besucher Geschichten innerhalb der Geschichten. Als freie Journalistin suche ich in dieser Verlagsstadt mit langer Schreibtradition Hoffnungsfunken für den Printjournalismus. Journalisten könnten hier einiges von kreativen Autoren lernen. Allen voran Selbstbewusstsein. Ein Detail: Interessierte können im Storytelling Centre der Stadt eine ca. dreijährige Ausbildung zum professionellen Geschichtenerzähler machen. Junge Schriftsteller sind in Edinburgh wie auch renommierte Autoren ein wichtiger Teil einer (noch) funktionierenden Produktionskette. Vom Verfassen bis zum Veröffentlichen ist es zwar auch im „Athen des Nordens“ ein harter Weg, aber Schreibende sind gesellschaftlich anerkannt.
Schottland ist eine Nation von Lesern. Derzeit herrschen allerorts lebhafte Debatten über das Referendum am 18. September, bei dem über die Unabhängigkeit des Landes entschieden wird. Es geht dabei auch um die Entdeckung alternativer Denkmuster abseits des Neoliberalismus. In London sitzen die großen Verlage, fast der gesamte schottische Agenturjournalismus wird mittlerweile von dort aus gesteuert. Aber: Schottland schafft Inhalte abseits des Copy-und-Paste-Agenturjournalismus – die Schreibkunst floriert. Autoren bereichern hier Journalisten und vice versa. Denker wie James Watt oder David Hume revolutionierten von Edinburgh ausgehend schon mit ihren Entdeckungen die Welt.
Vielleicht tragen die Möwen die beruhigende Botschaft über den Atlantik – dass trotz der Globalisierung das Wort lokal verankert bleibt. Das ist „Word Power“! So heißt hier auch der einzige unabhängige Buchladen. Während sich in den Weltmeeren Verlagshaie kleine Fische einverleiben, gibt es in Edinburgh noch Fischer, welche die Gewässer nicht großflächig mit Netzen ausbeuten. Fischer, die kleine Fische – wie z.B. Newcomer in der Autorenszene – zurück ins Wasser werfen, damit sie gedeihen können. Am 18. September entscheidet sich u.a. die Frage – sollen die kleinen Fische ins Weltmeer oder doch ins lokale „Loch“?