Lebensmittel sind kostbar!

Viktualia Award 2013  Bild: BMLFUW / Bernhard Kern

Viktualia Award 2013
Bild: BMLFUW / Bernhard Kern

Für den bewussten Umgang mit Lebensmitteln zeichnet das Lebensministerium Österreich ausgewählte Organisationen mit dem Viktualia-Award aus. In verschiedenen Kategorien werden die Gewinner für ihre Initiativen und Geschäftsmodelle ausgewählt. BIORAMA hat mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Nikolaus Berlakovich, gesprochen.

 

BIORAMA: 2013 wurde erstmals der Viktualia-Award vergeben, um ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung zu setzen. Wird es diesen wieder geben oder handelt es sich um eine einmalige Initiative?

Niki Berlakovich: Wir werden den Viktualia-Award auch 2014 vergeben. Dazu motiviert uns schon der große Erfolg des heurigen Wettbewerbs. Die vielen Einreichungen, die wir heuer erhalten haben, waren gekennzeichnet von hoher Kreativität und hoher Kompetenz in der Auseinandersetzung mit diesem so wichtigen Thema. Sie zeigen auf, wie sehr den Menschen ein wertschätzender Umgang mit unseren Lebensmitteln wichtig ist und wie viele positive Aktivitäten und Maßnahmen sie bereits gesetzt haben und setzen.

Wie werden über hundert Einreicher seitens des Staates für ihr Engagement und ihre Projekte unterstützt?

Alle EinreicherInnen haben Urkunden bekommen, die SiegerInnen dazu den goldenen Apfel als Siegerstatuette, die sie in ihren Bereichen werbewirksam platzieren können. Bei Interesse können sie Kooperationspartner unserer Initiative „Lebensmittel sind kostbar!“ werden, werden in den Stakeholderprozess miteinbezogen und scheinen als Partner auf unserer Homepage auf.

Nach welchen Kriterien wurden die Gewinner des Viktualia-Awards ausgewählt?

Es gab fünf Kategorien: Landwirtschaft und regionale Produktion, Wirtschaft, Gastronomie und Großküchen, Schul- und Jugendprojekte und Soziale Initiativen und Projekte mit einer Sonderkategorie Privates Engagement.

Bewertet wurden die Einreichungen nach den vorher definierten Kriterien wie Wirksamkeit bei der Reduktion von Lebensmittelabfällen, Vorbildwirkung und Motivation aber auch soziale Dimension, Effizienz und Innovationsgrad sowie Kreativität. Die Bewertung erfolgte nach einem Punktesystem. Pro Kategorie wurden von der Jury vier Nominierungen vorgenommen, von denen die mit der höchsten Punktezahl als GewinnerIn bestimmt wurde.

Erklärtes Ziel der Initiative „Lebensmittel sind kostbar!“ ist, Lebensmittelabfälle im Restmüll bis Ende 2016 um 20% zu verringern. Wie wollen Sie das erreichen?

Durch Informationsoffensiven und verstärkte Bewusstseinsbildung sollen die Lebensmittelabfälle nicht nur im Restmüll, sondern auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette vermieden werden. Dieses Vorhaben kann natürlich nicht alleine umgesetzt werden. Das Lebensministerium hat dazu die österreichischen Sozialpartner und viele Unternehmen und Organisationen aus allen Bereichen als Partner der Initiative mit ins Boot geholt.

Bild: BMLFUW / Bernhard Kern

Bild: BMLFUW / Bernhard Kern

Gemeinsam mit den Sozialpartnern haben wir im April ein Aktionsprogramm präsentiert, in dem wir vier Handlungsschwerpunkte mit konkreten Maßnahmen für die Vermeidung und Reduktion von Lebensmittelabfällen festgelegt haben. Maßnahmen sind beispielsweise die Durchführung eines Restl-Rezept-Wettbewerbs oder Ausbau der Weitergabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen, MitarbeiterInnen-Schulung der Handelsbetriebe oder Aufbau der Food-Sharing-Plattform.

Bei welcher Gruppe ist es am sinnvollsten anzusetzen? Sehen Sie das größte Potenzial zur Einsparung bei Endkunden, bei Großverbrauchern oder im Handel?

Wir müssen überall den Hebel ansetzen, denn Lebensmittelabfälle fallen entlang der gesamten Wertschöpfungskette an: bei der Ernte, beim Transport, bei der Lagerung, bei der Weiterverarbeitung sowie beim Konsum.

Wie schätzen Sie die Zukunft des Phänomens Lebensmittelverschwendung ein? Was wird sich verändern und in welchem Zeitrahmen?

Ich bin überzeugt, dass durch meine Initiative der sorgsame Umgang mit Lebensmitteln verstärkt in das Bewusstsein der Menschen gerückt ist und in Zukunft einen zentralen Stellenwert einnehmen wird. Ein messbares Ziel der Initiative ist es, die Lebensmittelabfälle im Restmüll bis Ende 2016 um 20% zu verringern. Lebensmittelverschwendung ist nicht nur in Österreich ein Problem, sondern weltweit. Laut aktuellem FAO-Bericht landen 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel nicht auf dem Teller. Das ist sowohl eine immense ökologische als auch ökonomische Ressourcenverschwendung und auch moralisch bedenklich. Aber auch der finanzielle Aspekt ist nicht außer Acht zu lassen, wenn man bedenkt, dass in Österreich im Durchschnitt pro Haushalt und Jahr Waren im Wert von rund 300 Euro im Müll landen.

Bild: BMLFUW / Rita Newman

Bild: BMLFUW / Rita Newman

Was tun Sie persönlich, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden? Was machen Sie, wenn doch einmal etwas übrig bleibt, das Sie nicht mehr verwenden können?

Im persönlichen Bereich ist ein überlegter Einkauf bereits ein erster Schritt. Schon ein einfacher Einkaufszettel verhindert, dass zu viel im Einkaufskorb nach Hause getragen wird, was später eventuell nicht verwendet und dann in den Mistkübel geworfen wird. Wenn bei uns zu Hause etwas übrig bleibt, wird es am nächsten Tag verwendet.

Es gibt heutzutage viele Möglichkeiten, sich über alternative Verwendung von Lebensmitteln, Verschwendung etc. zu informieren. Doch wie will das Lebensministerium Menschen erreichen, die nicht über den Umgang und das Wegwerfen von Lebensmitteln nachdenken und sich nicht gezielt informieren?

Der sorgsame Umgang mit unseren Lebensmitteln fängt bereits im Kindergarten und in der Schule an. Wer von klein auf lernt, dass der Weg vom Acker bis zum Teller ein sehr langer ist und viel Arbeit und wertvolle Ressourcen in den Lebensmitteln stecken, wird auch als Erwachsener bewusster damit umgehen und Lebensmitteln eine größere Wertschätzung entgegen bringen. Aus diesem Grund haben wir als einen unserer Schwerpunkte im Rahmen unserer Initiative „Lebensmittel sind kostbar!“ Schulunterlagen zum Thema Lebensmittel ausgearbeitet.

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld sind breit angelegte Informationsaktivitäten, um das Bewusstsein der KonsumentInnen zu stärken. Das Lebensministerium hat u.a. eine Broschüre  mit Tipps und Fakten für einen richtigen Umgang mit Lebensmitteln sowie einen Leitfaden für die Weitergabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen herausgegeben. Diese und viele Informationen rund um dieses Thema sind auf unserer Homepage zu finden.

Seit Ende Mai ist auch in Österreich eine Lebensmittel-Tauschbörse online. Auf www.myfoodsharing.at haben Personen hier die Möglichkeit, Lebensmittel, die sie nicht mehr benötigen, mit anderen Personen zu teilen, anstatt diese wegzuwerfen. Diese Plattform wurde gemeinsam mit der Wiener Tafel und dem deutschen Filmemacher Valentin Thurn umgesetzt. (Anmerkung: BIORAMA berichtete).

Laut Recherchen des Filmteams von „Taste the Waste“ ist es in der EU verboten, Lebensmittelabfälle (die z.B. bei Supermärkten in großen Mengen anfallen und von denen viele noch genießbar wären) als Tierfutter weiterzuverwenden. Wie sieht die Gesetzeslage hier aus, was gilt für Österreich und was für die EU –  und welche Änderungen sind angestrebt?

Die EU-Verordnung über tierische Nebenprodukte legt ein allgemeines Verfütterungsverbot von Küchenabfällen und Speiseresten fest, da eine Rückverfolgbarkeit bei Küchen- und Speiseabfällen nicht sichergestellt werden kann. Einen fehlenden Rückverfolgungsmechanismus für Futtermittel sehen die EU-Behörden als Schlüssel für die Entstehung von Dioxin-Krisen in der Nahrungskette und auch für Ausbrüche von Maul- und Klauenseuche und Schweinepest. Entsprechend der EU-Gesetzgebung ist diese direkt in jedem Mitgliedstaat wirksam. In Österreich gilt das Verfütterungsverbot seit 31. Oktober 2006.

Was die Supermärkte betrifft, so bestehen hier bereits vielfach Kooperationen mit sozialen Einrichtungen, an die übrig gebliebene, einwandfreie Lebensmittel abgegeben werden. Dazu zählen beispielsweise die verschiedenen Tafeln bzw. Sozialmärkte. Die Anforderungen betreffend der Weitergabe von Lebensmitteln sind in der Broschüre „Weitergabe an soziale Einrichtungen“ angeführt; diese Broschüre ist ebenfalls auf unserer Homepage.

Sichere Futtermittel sind wichtig für die Tiergesundheit, die Umwelt und die Sicherheit von Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Es gibt auf EU-Ebene daher strenge Vorgaben, welche Eigenschaften Futtermittel für Tiere erfüllen müssen.

 

Im Zuge des BIORAMA Lebensmittel Fokus widmen wir uns Themen und Initiativen rund um das Wegwerfen von Lebensmitteln. Zum Weiterlesen: ein Interview mit Martin Haiderer von der Wiener Tafel, die Vorstellung der Plattform myfoodsharing.at und ein paar kreative Rezepte zur Resteverwertung.

VERWANDTE ARTIKEL