Hormonverändernde Kosmetik
Wir wissen nicht wirklich, was in herkömmlicher Kosmetik steckt. In etlichen Produkten finden sich Stoffe, die den Hormonhaushalt durcheinander bringen und so die Gesundheit beeinträchtigen können. Global 2000 hat zum zweiten Mal Kosmetik gecheckt und kam zu einem spannenden Ergebnis.
Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit, Brustkrebs, Tumore, aber auch Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen bei Kindern. Alle diese Symthome können Folgen einer Veränderung im Hormonhaushalt sein. Besonders gefährdet sind Schwangere und deren ungeborene Kinder. Oft zeigen sich Probleme aber erst in der Pubertät oder später:
„Die gesundheitlichen Folgen manifestieren sich mitunter erst Jahre bis Jahrzehnte später, was den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten einer bestimmten Erkrankung und der Exposition durch einen bestimmten Schadstoff extrem erschwert“, so Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Dennoch weiß man heute, dass die Verwendung bestimmter Produkte eine Belastung des Körpers mit gefährlichen Inhaltsstoffen zur Folge hat.
Die Industrie hinter den Substanzen ist milliardenschwer und weiß sich im Falle eines Verbotes zu helfen: Wird ein Stoff als gefährlich bewertet, nehmen viele Hersteller noch nicht erforschte Ersatzstoffe, bei denen aber kein geringeres Gesundheitsrisiko besteht. Wie einfach der Verzicht aber gelingen kann, zeigen inzwischen auch große österreichische Kosmetik-Ketten.
BIPA, Hofer und Spar Eigenmarken sind hormonfrei
Studien wie der Kosmetikcheck von Global 2000 können durchaus etwas bewirken: Als vor zwei Jahren erstmals die Studie durchgeführt wurde, und die Ergebnisse zeigten, dass sich in einem Großteil der getesteten Kosmetika hormonaktive Stoffe nachweisen lassen, reagierte der Österreichische Handel – Bipa stellte als erstes die Produkte der Eigenmarke um und verzichtete von da an auf die Verwendung dieser Substanzen. Hofer und Spar zogen nach.
Jetzt hat die NGO erneut Kosmetik getestet. Derzeit können Hersteller von Kosmetik- und Körperpflegeprodukten auf rund 10.500 verschiedene Inhaltsstoffe zurückgreifen, diese sind auf der sogenannten INCI-Liste (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients). Diese hat Global 2000 mit weiteren zwei Listen abgeglichen: Der sogenannte EU-Prioritätenliste für hormonell wirksame Chemikalien und der SIN-Liste (Substitute It Now) der schwedischen NGO Chemsec. Ist eine Substanz in beiden zu finden, wurde sie im Kosmetikcheck als endokrinschädigende Chemikalie angesehen.
Das sind vor allem Konservierungsstoffe aus der Gruppe der Parabene, UV-Filter oder Hautpflegemittel. Sehr bedenklich ist auch die Verwendung von vergälltem Alkohol, zu finden in Aftershave. Getestet hat Global 2000 außerdem Zahnpasta und Bodylotion, bei denen eine positive Entwicklung festgestellt wurde: Die Belastung ging seit 2014 deutlich zurück, bei Bodylotions enthalten 49 der 231 untersuchten homonell wirksame Stoffe, bei den Zahnpasten sind es nur mehr halb so viele wie vor zwei Jahren.
Helmut Burtscher, Umweltchemiker von Global 2000, ist aber noch lange nicht zufrieden. Seiner Meinung nach muss vor allem die Politik eingreifen und weitere Schritte in Richtung Verbote einleiten.
„Die Industrie reagiert teilweise auf die Studie, das ist natürlich erfreulich. Dennoch zeigt sie sich noch stur. Es wird auch noch Körperpflegeprodukte geben, wenn es keine Parabene mehr gibt. Es ist einfach unnötig, solche Substanzen einzusetzen.“
Wie wirken die Stoffe?
Die verwendeten Inhaltsstoffe sind nicht alle per se giftig. Chemikalien, die als Parabene und Co. in Kosmetik zu finden sind, haben aber zufällig eine sehr ähnliche Struktur wie die Hormone im menschlichen Körper. Wenn sie in den Blutkreislauf gelangen, wo sie schon kurz nach der Anwendung nachgewiesen werden, können sie wie echte Hormone auch in sehr geringen Mengen wirken und diese blockieren und beeinflussen. Das Hormonsystem kontrolliert eine Vielzahl der Prozesse im Körper. In Tumorgewebe von Brustkrebspatientinnen wurden Parabene nachgewiesen, daher stehen sie im Verdacht, Brustkrebs zu fördern. Föten, Kleinkinder und Pubertirerende reagieren besonders empfindlich auf die schädlichen Stoffe, die die natürliche Entwicklung beeinträchtigen können.
Studien zeigen deutliche Zunahmen der weltweiten Erkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs, Übergewicht und kognitive Störungen in den letzten Jahrzehnten. Die Endokrinologische Gesellschaft sieht in den hormonwirksamen Chemikalien einen wesentlichen Faktor dieser Entwicklung.
Und nicht nur für uns, sondern auch für Flora und Fauna ist die Verwendung der Substanzen bedenklich. Über unsere Ausscheidungen gelangen diese in den Wasserkreislauf und können sensible Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen.
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Was kann man als Konsument tun, um sich zu schützen?
Helmut Burtscher von Global 2000 gibt eine ganz klare Anweisung: Zertifizierte Naturkosmetik verwenden. In diesen Produkten sind garantiert keine hormonverändernden Chemikalien zugesetzt, und in erwähnten Eigenmarken von BIPA (My), Hofer und Spar (Beauty Kiss) auch nicht. Auf der Website findet man nähere Informationen .
Global 2000 will in naher Zukunft einen Ratgeber für Naturkosmetik herausbringen, damit es leichter fällt, gute Produkte von Greenwashing Artikeln zu unterscheiden. Wer’s genau wissen will verwendet die praktischen Apps Codecheck und Toxfox , mit denen man die Strichcodes einzelner Produkte ganz einfach scannen und die bedenklichen Inhaltsstoffe entdecken kann.