Was soll ich kochen? – Wochenplan mit App

Eine Woche lang entscheidet Choosy, was auf den Tisch kommt. Das soll günstige und gesunde Ernährung mit Bioprodukten erleichtern.

Ein unscharfes Foto eines Supermarkts von innen.
Choosy bewertet unter anderem wie »gesund« und »nachhaltig« seine vorgeschlagene Wochenplanung ist. Bild: Istock.com/Kwangmoozaa.

»Besser essen ohne Stress« lautet der Slogan der App »Choosy«. Die App will aber nicht nur die Planung einzelner Gerichte bis hin zu einem Menüplan für die Woche vereinfachen, sondern dabei auch auf die Klimabilanz schauen und verspricht zudem ein ausgewogenes Nährstoffprofil. Das soll auch noch Zeit, Geld und Nerven sparen.  Wer würde davon nicht profitieren?
Die App gibt es kostenlos für Android und Apple. Es werden verschiedene Dinge abgefragt, etwa, welche Mahlzeiten geplant werden sollen, ob man sich etwa vegan oder vegetarisch ernährt und wie oft man in der Woche einkaufen gehen möchte und welches Budget dafür vorhanden ist. Seit Kurzem kooperiert neben einigen konventionellen  Supermarktketten auch Denn’s mit Choosy – der dort teilweise integrierte Lieferservice wird von den meisten Biomärkten (noch) nicht angeboten. Grund genug, sich anzusehen, ob die App hält, was sie verspricht. 
Die Installation der App ist einfach und intuitiv. Ich gebe an, dass ich für 120 Euro in der Woche zwei Mal einkaufen gehen möchte. Das minimalistische und ansprechende Design springt dabei besonders ins Auge. Besonders positiv sticht die Rubrik heraus, in der man Lebensmittel angeben kann, die man beispielsweise nicht mag oder essen möchte. Ich persönlich freue mich auf vegane Rezepte ohne Fenchel oder Stangensellerie. 
Doch nicht nur Preis und ausgewogene Rezepte schreibt sich Choosy auf die Fahne, sondern Nachhaltigkeit steht dort auch im Vordergrund. Mit einem sogenannten Planetary Score, der eine Zahl zwischen 0 und 10 angibt, wird eingeschätzt, wie »nachhaltig« der eigene Wochenplan ist. Mir fällt auf, dass mir in meinem veganen Wochenplan mehrmals Avocados vorgeschlagen werden, auf die ich normalerweise verzichte. Da könnte Choosy noch ein paar verbesserte, nachhaltige Rezepte ausarbeiten. 

Vergleich

Keine andere App kombiniert die Funktionen von Choosy. Die meisten auf dem Markt befindlichen Apps bieten entweder Rezepte, wie Easy Menu Planner, oder helfen dabei, den Einkauf zu planen, wie zum Beispiel »Bring!«. Choosy macht dafür beides – und das auch noch kostenlos. Da kann man vielleicht auch über den ein oder anderen Fehler hinwegsehen. 

Die Planung der Mahlzeiten

Choosy geht dann in die Wochenplanung. Hier kann man wählen, wie viele Mahlzeiten man an welchen Tagen mit der App kochen möchte und wann dafür eingekauft wird. Auch wird abgefragt, für wie viele Personen die App mit plant. In meinem Fall plane ich für mich alleine. Das macht Hoffnung auf einfache und leckere Rezepte und eine entspannte Einkaufsplanung. Manches davon trifft auf jeden Fall zu. Bei jeder Mahlzeit kann man aus drei Rezepten aussuchen – mehr stehen erst in der Premiumversion zur Verfügung, die im Monatsabo 5,99 kostet. Alternativ kann man in der kostenlosen Version über eine manuelle Suche an mehr Rezeptvorschläge kommen, als jene, die für die Mahlzeit von der App vorgeschlagen werden. Allerdings bietet die Premium App nicht mehr als eine größere Auswahl an Rezepten direkt bei der Planung. 
Ein positiver Aspekt von Choosy ist, dass man bei der Rezeptwahl vorab eine Zeitangabe machen kann, also werden nur Gerichte vorgeschlagen, die in meinem Fall nicht länger als 30 Minuten dauern. Bei den meisten Rezepten klappt das tatsächlich gut, bei anderen nicht wirklich, denn dann muss meine Bratlinge-Mischung auf einmal noch 30 Minuten ruhen – dass hier mit Nettozeit kalkuliert wird, führt das System teils wieder ad absurdum. Das würde ich aber eher auf die verschiedenen CreaterInnen schieben, die ihre Rezepte in der App präsentieren können – eine Zusatzrubrik zur Gesamtdauer würde helfen. 

Ernährungsphysiologische Bewertung

Die Planung für die Woche vom Sofa aus ist auf jeden Fall sehr verlockend, doch was können die Rezepte aus Sicht einer ausgewogenen Ernährung? Das bedeutet, eine Mahlzeit enthält alle drei Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett) ungefähr im Verhältnis 55%–15%–30%. Dann sollten die Hauptmahlzeiten im Idealfall auch noch Obst oder Gemüse enthalten. Für eine optimale Nutzung der App muss ein gewisses Basiswissen über Ernährung vorhanden sein, sonst könnte der Speiseplan durchaus einseitig werden. 

Screenshots einer App.
Choosy ermöglicht bei der Einrichtung verschiedene Einstellungen, die man an die persönlichen Bedürfnisse anpassen kann. Bild: Doris Müllner.

Manche Rezepte klingen direkt lecker und ausgewogen wie Rührtofu mit Pilzen und Vollkornbrot, andere etwas langweilig, wie Pasta mit Kichererbsen und Lauch (ohne Soße) und manche leider nicht wirklich ausgewogen. Hier und da haben sich beispielsweise auch »Low Carb«-Rezepte eingeschlichen, also Gerichte, die besonders kohlenhydratarm sind, etwa Zoodles (also »Nudeln« aus Zucchini) mit Pesto. Kohlenhydrate sind aber der wichtigste Energielieferant für den Körper und machen vor allem satt. Das heißt, wenn ich die besagten Zoodles koche, würden viele davon vermutlich zwar kurz »voll«, aber nicht langanhaltend satt werden.  
Ein weiterer grundsätzlicher Nachteil der Vorausplanung bis ins Detail ist, dass wichtige körperliche Signale wie Hunger und Sättigung leicht in den Hintergrund treten können und weniger Beachtung bekommen. Die App plant in Portionen, also kann es sein, dass man am Ende noch hungrig ist oder vielleicht den Teller leer gegessen hat, obwohl die Menge zu groß war. Bei dem Test ist aufgefallen, dass auch die Portionsgrößen von Rezept zu Rezept stark variieren. 

Der Einkauf

Wenn dann schließlich alle Gerichte für die Woche ausgesucht wurden, stellt Choosy den Einkaufsplan zusammen. Dafür wird man gefragt, ob man denn beispielsweise Öl und Speisestärke zu Hause hat oder das auf die Liste soll. Die Liste kann auch manuell ergänzt werden und so vergisst man nicht auf das Klopapier. Genauso kann man auch Lebensmittel entfernen, die vielleicht noch im Kühlschrank sind. 
Dann geht’s auf zu Denn’s Biomarkt – natürlich umweltfreundlich mit Fahrrad und Satteltaschen. 

Screenshots aus einer App.
Bei der App können Rezepte als Favoriten markiert werden, womit die Planung erleichtert wird. Bild: Doris Müllner.

Auffällig ist, dass nicht nur auf regionales Obst und Gemüse gesetzt wird, sondern auch viele exotische Sorten in die Rezepte und daher auch Einkauflisten integriert sind. Positiv fällt auf jeden Fall auf, dass Choosy zum Teil konkrete Produkte ausgewählt hat, so dass sie einfach im Regal gefunden werden. Die verschiedenen Lebensmittelgruppen sind auch gebündelt, was zwar die Liste strukturiert, den Einkauf aber etwas kompliziert gestaltet. So muss ich zwischen frischem Obst und Gemüse zur Tiefkühlabteilung wechseln, weil der TK-Spinat unter den frischen Tomaten steht. Die Kirschtomaten werden falscherweise in der Dose vorgeschlagen und der Naturtofu wird zu einem Spinattofu. Vermutlich hat Choosy nicht für jeden Supermarkt die komplette Datenbank und macht daher diese Fehler. Das führt leider dazu, dass die App nicht immer das günstigste Produkt vorschlägt und eben zum Teil auch falsche Lebensmittel im Einkaufskorb landen. 
Das Gute ist aber, dass man auf die Produkte klicken kann und dann angezeigt wird, wofür sie benötigt werden. So schafft es dann doch der richtige Tofu zu mir nach Hause. Leider gab es aber nicht alle Lebensmittel, die auf der Liste stehen, im Biomarkt und so folgte daraufhin ein Abstecher in die Drogerie. 
Die App plant zwar mit Budget, das angegeben wird, aber durch falsche Produkte oder eben teurere Lebensmittel wird das nicht immer eingehalten. Auch stehen ein paar Lebensmittel auf meiner Einkaufsliste, deren Preis – aus welchen Gründen auch immer – nicht angegeben ist und die damit auch nicht in das Budget mit eingerechnet werden. 

Einkaufen gehen mit App

Den Einkauf hat die App nicht erleichtert. Es wurden weder die für das Rezept benötigten Produkte auf die Listen gesetzt, noch der Preis von allen Lebensmitteln miteinberechnet. Das muss sich in Zukunft noch verbessern, denn das ist natürlich ein sehr wichtiges Feature – gerade auch für Menschen, die sehr auf ihr Budget achten, ist die App nicht unbedingt geeignet.  

Die Umsetzung

Der Einkauf ist eindeutig die stressigste Erfahrung mit der App. Auch war es für mich ungewohnt, nicht zu wissen, wie viel ich wirklich einkaufen werde. Aber immerhin ist der Kühlschrank gefüllt und für ganze vier Tage darf damit gekocht werden. 
Die Rezepte sind relativ einfach und gut erklärt. Auch da sind das Design und die Umsetzung sehr ansprechend und intuitiv. Allerdings fällt auch schnell auf, dass die Rezepte geschmacklich nicht besonders aufregend sind. Das liegt wahrscheinlich daran, dass versucht wird, die Zutatenliste eher kurz zu halten. Ich würde für ein besseres Geschmackserlebnis aber auf Toppings verzichten oder ein paar Zutaten mehr einkaufen. Ein wenig Kocherfahrung im Leben gesammelt zu haben, ermöglicht einem freilich, die Gerichte jederzeit mit irgendetwas aufzupeppen. Nach einer finalen Würzung sind dabei doch noch abwechslungsreiche und ausgewogene Mahlzeiten entstanden. 

Zwischenbericht

Nach dem stressigen Einkauf verlaufen die darauffolgenden Tage relativ entspannt. Ich genieße es auch, manchmal einfach nur die App zu öffnen und mein Mittagessen zuzubereiten, ohne viel darüber nachdenken zu müssen. Wenn einem der Gutso vergeht oder sich die Pläne ändern können Rezepte auch während der längst geplanten Woche ausgetauscht und verschoben werden. Über eine Suchfunktion entdecke ich später noch spannendere Gerichte und tauschte sie für die Tage nach meinem zweiten Einkauf aus. Auch der verläuft deutlich entspannter, da die Liste aber auch viel kürzer ist als die am ersten Tag.

Ein Gericht mit Nudeln, Gemüse, Nüssen und Sesam von Oben.
Manche der Gerichte waren sehr ausgewogen und lecker, wobei es für alle, die keine ErnährungsexpertInnen sind, schwierig sein kann, zuerkennen, was ausgewogen ist und was nicht. Bild: Doris Müllner.

Die Planung hat sich für mich ab Mitte der Woche verändert. Ich musste Gerichte in die nächste Woche verschieben, um angebrochene Zutaten wie Dosentomaten oder Kokosmilch zu verwenden, um nichts wegzuwerfen – denn nichts ist weniger nachhaltig, als ein bereits produziertes Produkt in die Tonne zu geben. Es wäre toll, wenn die App eine Art Resteverwertung für Gerichte aus angebrochenen Lebensmitteln hätte.   

Plan für EinsteigerInnen

Die Erfahrung mit Choosy war durchwachsen. Während die Planung vom Sofa aus sehr bequem war, war der erste, große Einkauf mühsam. Besonders Geldbeutel-freundlich ist die App auch nicht immer beziehungsweise erschließt sich einem nicht, warum unter mehreren Ausführungen eines Produkts ein bestimmtes von der App ausgewählt wurde. Womöglich liegt das schlicht an fehlenden Daten zum verfügbaren Sortiment. Da muss dann doch das menschliche Auge nochmal vergleichen und das erfordert zusätzlich Zeit. 
Als dann alles eingekauft war, machte das Kochen und die Umsetzung der Rezepte Spaß. Sobald die Rezepte auch für mich passend gewürzt waren, freute mein Gaumen sich auf leckere Köstlichkeiten. Gegen Ende der Woche ließ aber die Euphorie nach: Ich musste umplanen, um Reste zu verwerten. Das brachte mich aus der Routine und ich habe dann zwei Mal statt der mit Choosy geplanten Rezepte, in Eigenregie Improvisiertes gekocht. 
Die App kann die Planung von Speiseplan und Einkauf erleichtern. Gerade bei Familien kann es vielleicht auch Spaß machen, mit Kindern zusammen die Woche zu planen – und dann einiges erleichtern. Allerdings gibt es noch viele Punkte, wie die richtige Einkaufsplanung oder Resteverwertung, die noch verbessert werden sollten. Menschen, die Inspiration und Berechenbarkeit in der Menüplanung brauchen, profitieren sicherlich von der App. Für Menschen, die gut und gerne kochen und meistens kreativ in der Küche sein wollen, ist die App eher nichts.

BIORAMA #91

Dieser Artikel ist im BIORAMA #91 erschienen

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