Kleingedrucktes: Fragwürdige Gütesiegel
Ökologisch nachhaltig, sozial verantwortlich, gentechnikfrei, ohne Chemie oder aus der Region: Gütesiegel vermitteln Sicherheit. Obwohl Produkte mit Siegel ihren nackten Pendants vorzuziehen sind, lohnt sich einen Blick auf die Details – zum Beispiel bei diesen zehn Siegeln.
Das AMA Gütesiegel zeichnet Lebensmittel aus Österreich aus. Im Gegensatz zum AMA Biosiegel bedeutet das AMA Gütesiegel »konventionelle Tierhaltung bzw. Fütterung«, so Nunu Kaller von Greenpeace, was also Fleisch aus Massentierhaltung mit Antibiotika-Verabreichung bedeuten kann. »Zudem ist die gentechnikfreie Fütterung freiwillig, was unserer Meinung nach verpflichtend sein sollte«, so Kaller.
Die Better Cotton Initiative ist eine Initiative zur Verbesserung des Baumwollanbaus, der sich Großkonzerne wie Adidas, Ikea oder H&M angeschlossen haben. »Es gibt keine Kriterien bezüglich organischen Baumwollanbaus und genmanipuliertes Saatgut ist erlaubt«, so die Clean Clothes-Kampagne, »ebenso der Einsatz von Pestiziden«. BCI-Kriterien gelten zudem nur für direkte Zulieferbetriebe und nicht für die gesamte Wertschöpfungskette.
Energy Star zertifiziert energieeffiziente Elektrokgeräte und soll Herstellern einen Anreiz bieten, deren Energieverbrauch zu senken. Allerdings melden Konzerne ihre Geräte selbst zur Zertifizierung an und führen auch die Kontrollen selbst durch. Zudem hat das Label nicht wirklich Aussagekraft, denn »über 70 Prozent der elektrischen Geräte, die heute verkauft werden, erfüllen die Kriterien«, so Greenpeace.
Marine Stewardship Council zertifiziert nachhaltige Fischerei. »Es ist in seinen Standards aber viel zu schwach und schwammig formuliert«, sagt Nunu Kaller. »Erschöpfte Bestände dürfen unter Umständen weiter befischt werden und was als solcher Bestand gilt, ist schwächer als in nationalen Regelungen.« Ein Erreichen von 60 Prozent der vorgeschriebenen Standards genügt zur Zertifizierung und Grundschleppnetze zählen noch immer nicht als zerstörerische Fischereiform. »Zudem fehlt es an unabhängigen Kontrollen«, so Christina Loch, Gründerin des /Biobranchenbuch/.
Öko-Tex 100 ist ein Zertifizierungssystem für Textilien, »extrem verbreitet, irreführend und aus unserer Sicht Konsumententäuschung«, so Nunu Kaller. »Die Schadstoffbelastung wird erst im Endprodukt getestet, was giftige Chemikalien im Produktionsweg erlaubt, die wieder ausgewaschen werden«, so Kaller. Dies verlagert die Umweltverschmutzung in die Erzeugerländer, wo die Standards niedriger sind. Es ist ein reiner Labortest, deshalb »finden keine Betriebsprüfungen statt«, sagt Christina Loch und »Standards für Arbeitsbedingungen fehlen«.
PEFC – Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes zertifiziert nachhaltige Waldbewirtschaftung. Jedoch sind sich WWF, Greenpeace, BUND und NABU einig: »Das Siegel stellt keinen glaubwürdigen Nachweis für verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung dar«. PEFC ist qualitativ immer so schwach wie der schwächste nationale Standard, Rechte von Indigenen werden nicht berücksichtigt und zudem sind Biozide, Vollbaumnutzung sowie maschinelle Bodenbearbeitung erlaubt. Kontrollen sind unzureichend, Zertifikate werden ohne Vor-Ort-Prüfung vergeben und das Beschwerdesystem ist mangelhaft.
Labels mit Regionalbezug, wie »Unsere Heimat« oder »Aus unserer Region« vermitteln Gutes aus der Umgebung. In Wirklichkeit stammen diese Produkte aber meist gar nicht aus der Region, denn die ist kaum definiert. Über Qualität sagen die Labels ohnehin nichts aus.
SAFE zertifiziert delfinfreundlich gefangenen Thunfisch. »Mithilfe bestimmter Fangtechniken verhindert man, dass auch Delfine ihr Leben lassen«, sagt Christina Loch. Trotzdem »spielen Nachhaltigkeit und Selektivität der eingesetzten Fangmethoden keine Rolle«, so die Verbraucherzentrale Bundesverband. Zudem kann Safe-Thunfisch in größerem Umfang andere Beifänge verursacht haben oder aus überfischten Beständen stammen.
Saga Furs ist eine Marke und ein Zertifizierungssystem, das tierschutzgerechten Pelz verspricht. »Wir sind überzeugt, dass sich Pelz von Saga-Farmen nicht durch hohe ethische Standards auszeichnet«, nimmt Vier Pfoten zur Auszeichnung Stellung, »sondern vielmehr der üblichen tierschutzwidrigen Praxis der Pelzbranche entspricht«. Die Zertifizierung basiert auf unzureichenden Minimalvorgaben des Europarates: In der EU fehlen nämlich Richtlinien mit Detailvorgaben für die Haltung von Pelztieren, sodass winzige Gitterkäfige erlaubt sind.
UTZ zertifiziert Kaffee, Tee und Kakao. »Es ist ein von der Industrie für den Markt geschaffenes Nachhaltigkeitsprogramm«, sagt Bernhard Zeilinger von Südwind, »welches in erster Linie die steigende Nachfrage durch höhere Erträge sichern soll. Es begnügt sich mit der Einhaltung der Mindestanforderungen an Arbeitsrechten bzw. Umweltschutz und ist wenig ambitioniert«.