Babymode mieten statt kaufen
Geschäftsideen kommen in vielen Formen daher. Manchmal im himmelblauen oder zuckerlrosa Babystrampler. Als einem Paar bewusst wurde, was Mode für Kleinkinder kosten, haben sie den Miet-Service kindoo.de dafür gegründet.
Jede Familie kennt das. Steht Neuzuwachs ins Haus, muss das Leben erst einmal von Grund auf neu organisiert werden. Das betrifft nicht nur Tagesabläufe und Schlafgewohnheiten, sondern auch das Finanzielle. Lässt man alle Erstanschaffungen wie Kinderbuggys, Babybettchen, Einrichtungen für das Kinderzimmer etc. weg, bleiben noch immer die monatlichen Kosten. Windeln, Feuchttücher, Babybrei, Milchpulver und noch so einiges mehr, lassen die Liste auf eine beachtliche Größe anwachsen. Vor allem bei Kindern um die zwei Jahre kommt man kaum nach mit dem Kleidungskauf. Hier kommen Daniel Peter und Bea Graf ins Spiel. Das junge Paar aus Deutschland betreibt seit kurzem eine Onlineplattform auf der man via Webshop Babysachen mieten kann.
Die Start-Up Gründer haben selber keine Kinder. Auf die Idee sind sie letztes Jahr gekommen. Da sind sie in kürzester Zeit zu fünffach Onkel und Tante geworden. Schnell klagten ihre Verwandten über immer schneller wachsende Kleiderberge und ein immer größer werdendes Loch in der Haushaltskassa. Irgendwie müsste man doch den leidgeplagten Eltern helfen können. Flohmärkte sind zwar wunderbar aber auch Zeitfresser. Sowohl bei der Suche als auch beim Verkauf. Der Handel über Onlineplattformen ist zwar bequemer aber auch risikoreicher. Garantie gibt es hier nämlich so gut wie keine. Ein Webshop von nur einem Anbieter, über dem man Wäsche mieten kann, wäre eine ideale Lösung, dachten sich die Jungunternehmer und gründeten kindoo.de
Wir haben mit Bea Graf gesprochen und einen Blick hinter die Kulissen des Onlinehändlers, der auch mit Nachhaltigkeit wirbt, gesprochen:
Biorama: Wollen sie sich einmal kurz vorstellen?
Bea Graf/Kindoo: Mein Freund, Daniel Peter ist Gründer von kindoo.de und ich unterstütze in vor allem in dem Bereich Presse Marketing und Social Media. Ich selbst arbeite in einer Agentur Vollzeit und unterstütze ihn aktuell nebenbei. In der Agentur bin ich schon seit 10 Jahren. Wir sind eine Marketing- und Kommunikationsagentur, was natürlich super passt. Vor diesem Job war ich fünf Jahre Chefredakteurin eines Stadtmagazins und deswegen betreue ich auch die Presse für kindoo.
Biorama: Man merkt das auch an der Website. Das ist alles sehr schön strukturiert.
Bea Graf/Kindoo: Da legen wir viel wert darauf und haben einen hohen Anspruch. Die Agentur, in der ich arbeite, hat auch tatsächlich das Logo und die CI entwickelt und das Design der Website und der Werbemittel erstellt.
Biorama: Was ist Kindoo?
Bea Graf/Kindoo: Kindoo ist ein Mietservice für Kinderbekleidung. Man kann wie in einem klassischen Onlineshop auf die Seite gehen, sich Kinderkleidung aussuchen und diese in den Warenkorb packen. Nur, dass man die Sachen für einen Bruchteil dessen bekommt, was man bezahlen würde, wenn man die Sachen kaufen würde. Man kann dann zwischen den Zuständen „neu“ und „neuwertig“ wählen. Neu bedeutet die Sachen wurden noch nie vorher vermietet. Neuwertig bedeutet die Sachen wurden schon einmal vermietet, wurden von uns aber professionell gereinigt, gebügelt und überprüft. Kleidung mit Löchern, Flecken etc. wird aussortiert und natürlich nicht mehr weitervermietet. Man mietet die Sachen erstmal immer für vier Wochen und hat auch einen Retourenlabel in seinem Paket dabei. Nach 4 Wochen kann man die Sachen retour schicken. Wenn man sie dann aber länger behalten möchte, kann man das tun – ohne Probleme. Ab den 4 Wochen rechnen wir tagesaktuell pro Artikel der länger behalten wurde ab. Auch abkaufen zu einem Restwert wird angeboten. Die bezahlten Monatsmieten werden auf den Kaufpreis angerechnet, dadurch zahlt man nie mehr, als der UVP Preis des Herstellers.
Biorama: Wer steckt hinter Kindoo?
Bea Graf/Kindoo: Hinter Kindoo stehen tatsächlich aktuell Daniel und ich. Es sind auch keine Investoren im Spiel. Die Idee ist entstanden als wir letztes Jahr beide innerhalb von drei Wochen, fünfach Tante und Onkel geworden sind. Alles im Mai letzten Jahres. Dann kamen schnell Klagen aller drei Mütter, dass die Sachen nur wahnsinnig kurz passen und die Kinder die Größen so schnell überspringen. Wir stellten uns die Frage: Kann man Kinderkleidung mieten? Die Idee Kinderkleidung zu vermieten war damit geboren.
Biorama: Sie sind also das komplette Team?
Bea Graf/Kindoo: Wir sind derzeit noch alleine, ja. Das Feedback ist jedoch wirklich super. Wir sind jetzt schon, und wir sind erst im zweiten Monat, über dem Plan. Das liegt vor allem daran, dass sich das Thema bei Bloggern und unter Mamis schnell rumspricht. Wir kommen gerade tatsächlich an die Grenzen. Glücklicherweise sind meine Eltern Rentner und wohnen in der Nähe des Lagers. Die helfen uns momentan aus.
Biorama: Also eine Art Familienbetrieb?
Bea Graf/Kindoo: Sozusagen ein Familienbetrieb. Früher oder später, doch eher früher als später, werden wir jemanden einstellen.
Biorama: Es läuft also gut. Wie groß ist mittlerweile der Lagerbestand?
Bea Graf/Kindoo: Aktuell haben wir rund 1000 Artikel auf Lager, ganz unterschiedlich gemischt. Von Festtagsbekleidung bis zur Gummiregenbekleidung ist alles dabei. Die ersten beiden Male mussten wir komplett ohne Erfahrungswerte einkaufen. Also die aktuelle Frühjahrs- und Sommerkollektion z.B.. Da wussten wir überhaupt noch nicht was gefragt ist und was nicht. Ab jetzt können wir endlich mit Erfahrungswerten auf den Messen einkaufen, da freuen wir uns sehr drauf.
Biorama: Das wäre meine nächste Frage gewesen. Kaufen sie die Ware an oder besteht da eine Zusammenarbeit mit den Lieferanten?
Bea Graf/Kindoo: Nein wir kaufen die Marken ganz normal auf Messen beim Hersteller als Händler ein.
Biorama: Das klingt schon nach einem Kalkulationsrisiko. Wie oft wird dann ein Kleidungsstück benutzt oder ab wann rentiert es sich für sie?
Bea Graf/Kindoo: Ein Artikel muss sich etwa fünfmal vermieten, damit man den Gewinn erzielt, den ein Händler mit dem reinen Verkauf erzielt.
Biorama: Wir haben auch mit Müttern über das Thema gesprochen. Viele meinten dann das vier Wochen schon lang sei. Kinder machen doch sehr viele Flecken. Wie oft kommt es vor, dass Kleidungsstücke mit Flecken zurückkommen die nicht mehr rausgehen?
Bea Graf/Kindoo: Wir hatten wirklich erst ein Teil, welches wir nicht mehr vermieten konnten. Ansonsten hat Daniel sich lange, lange mit dem Flecken Thema beschäftigt. Mittlerweile ruft auch die ganze Familie an wenn jemand irgendwelche Flecken hat. Er bekommt tatsächlich mit allen möglichen, und das sind vor allem Hausmittel, fast alle Flecken raus. Wir bitten sogar die Leute die Wäsche ungewaschen zurück zu schicken. Je öfter ein Fleck gewaschen wurde, desto schwieriger ist es ihn anschließend noch rauszubekommen.
Es kommt aber eher selten vor, dass die Sachen total verschmutzt zurückkommen. Die Mehrheit unserer Kunden achtet schon darauf und benutzt z.B. ein Lätzchen beim Essen. Wir sagen aber immer: Macht euch keine keine Gedanken um Flecken, das machen wir. Sonst würde das Konzept auch nicht funktionieren. Die Mütter hätten da viel zu viel Angst.
Biorama: Sie haben die Reinigung erwähnt. Wie wird gewaschen und was wird benutzt?
Bea Graf/Kindoo: Wir haben Waschmaschinen nach neusten Öko-Standard. Wir benutzen spezielle Waschmittel für Babys und Kleinkinder die alle ärztlich getestet wurden. Fast nur Bioprodukte und wie gesagt, gerade was die Flecken angeht, arbeitet Daniel ganz viel mit Hausmitteln. Also von Essig mit Backpulver über Zitrone bis hin zur Gallseife. All die Sachen die Oma und Opa auch schon effektiv gegen Flecken benutzt haben.
Biorama: Wir sprechen hier schon von einigen Erfahrungswerten. Wie lang gibt es Kindoo eigentlich?
Bea Graf/Kindoo: Kindoo gibt es erst seit diesem Jahr März.
Biorama: Also noch recht frisch?
Bea Graf/Kindoo: (lacht) Ganz frisch.
Biorama: Da haben sie vielleicht auch noch eine gute Übersicht über die Kundschaft. Wie groß ist die Zahl?
Bea Graf/Kindoo: Die momentane Zahl und ich denke da an die Zahl von letzter Woche liegt ca. bei 169 Kunden.
Biorama: Das jetzt im deutschen Raum?
Bea Graf/Kindoo: Das ist jetzt der deutsche Raum. Wobei die Nachfragen aus Österreich ganz arg kommen. Österreich und Schweiz dorthin wollen wir in nächster Zeit ausbauen. Wir sind da bereits mit DHL bezüglich des Portos in Verhandlung. Aber gerade in Österreich gibt es viele Nachfragen und einige traurige Mails, dass wir momentan nur in Deutschland liefern.
Biorama: Sie werben auf Ihrer Seite mit Nachhaltigkeit. Wie ist das zu verstehen?
Bea Graf/Kindoo: Mit der besseren Nutzung von vorhandenen Gütern in Form von Baby- & Kindermode, werden immer knapper werdende Rohstoffen besser genutzt.
Derzeit werden 25% des weltweiten Insektizid-Marktes und ca. 10% des Pestizid-Marktes für den Baumwollanbau benutzt. Baumwolle wird in Ländern wie Mittelafrika, Indien und China angebaut. In diesen Ländern ist sauberes Trinkwasser kein Standard, jedoch werden dort 3.600-26.900 m³ Wasser pro Tonne Baumwolle verschwendet. Das mit Chemikalien verseuchte Wasser, durch Einfärben der Baumwollfasern, ist dabei nicht eingerechnet. Dazu kommt noch, dass günstige Kleidung oft durch Ausnutzung von Menschen/Kindern produziert wird. Kleidung im höheren Preissegment wird dagegen meistens in Ländern mit europäischen Standard hergestellt wo Kinderarbeit verboten ist. Eltern schreckt oft der hohe Kaufpreis der kleinen Kleidung ab, denn nach wenigen Wochen passt diese nicht mehr. Oft verschwindet die Kleidung im Keller oder man muss diese auf Kinderbasaren und Marktplätzen verkaufen – oft zu einem Bruchteil des Neupreises. Bei uns können Eltern hochwertige Marken nutzen und durch die Mehrfachnutzung ist das Ganze nachhaltig genutzt. Viele Kinder können die Sachen tragen. Viele Mütter haben ihre Freude damit und die Sachen werden wirklich so lange angeboten bis wir selber sagen “die Sachen entsprechen nicht mehr unserer Qualitätskontrolle“. Selbst dann werden wir die Sachen nicht wegwerfen. Sie werden zu Spenden für Bedürftige, wenn sie noch in Ordnung sind.
Biorama: Ist dieses umweltschonende Konzept auch auf die Lieferung und den Transport ausgelegt?
Bea Graf/Kindoo: Wir arbeiten mit dem Go Green Versand der DHL. Das ist ein klimafreundlicher Versand, der zwar ein bisschen teurer ist aber zu uns und unserem Gesamtkonzept passt. Weiterhin verzichten wir auf Folienverpackungen. Wir verpacken unsere Sachen wirklich immer nur in Papier und wir bitten unsere Kunden dieses Papier auch wieder zurück zu schicken. Wir arbeiten auch daran die Kartons mehrfach zu verwenden. Die Muttis heben unsere Kartons auf. Zu 99% schicken sie die Kleidung in unseren Kartons zurück. Warum diese also nicht auch mehrfach nutzen?
Biorama: Zum Abschluss noch eine profane Frage. Wie sind sie auf den Namen Kindoo gekommen?
Bea Graf/Kindoo: (lacht) Ein absoluter Zufallstreffer. Wir haben da wirklich lange, lange darüber nachgedacht. Es sollte einfach ein Kunstname werden und kindoo ist es geworden.