Kaltes Lauschen
In der kältesten Jahreszeit empfiehlt es sich, sich in den Wohnzimmersessel zu setzen und diesen Klängen zu lauschen oder sich auf eine innere oder äußere Winterreise zu begeben: BIORAMA Sound Sustain hörte sich „Leaves Of Grass“ von Iggy Pop / Tarwater / Alva Noto sowie „Tardis“ von Saroos an.
Ich höre eine Musik der bewegten Teilchen, gut für den Aufbruch in den Frühling. Einerseits ist da das deutsche Trio Saroos, das mit seinem neuen Album „Tardis“ (Alien Transistor) langsam Staub aufwirbelt und sich wie ein Taifun-Kegel in der Ferne stetig bewegt. Die drei Menschen von Saroos sind ebenso in bekannteren Bands wie Lali Puna, The Notwist und Console tätig. Das neue, vierte Album erscheint wieder auf dem The Notwist-Label Alien Transistor und eignet sich hervorragend zum Sinnieren oder eben Verreisen. Es finden sich Gesangsfestzen von Krzysztof Komedas Rosemary’s Baby Titelsong, ambient-verliebte Endlosschleifen und post-rockige Meditationen zu einem feingeschliffenem Ganzen ein.
Und andererseits ist da der Spoken Poetry Gewaltakt „Leaves Of Grass“ (Morr Music), der Titel ist dem berühmtesten Werk Walt Whitmans entliehen, vertont durch Iggy Pop (Stimme), Tarwater und Alva Noto (Musik). Der großartige, momentan nicht müde werdende Iggy Pop – sein neues, gemeinsam mit u.a. Joshua Homme eingespieltes Album „Post Pop Depression“ erscheint im März – leiht den Gedichten Whitmans seine raue und unverwechselbare Stimme, die von Proto-Punk, über Glam und Heroin alles durchlebte. Gemeinsam mit den Electronica-Größen Carsten Nicolai aka Alva Noto und Tarwater, die ihres Zeichens gern Genre-Grenzen überschreiten, gelingt eine gelungene Vertonung. Iggy Pop vergleicht im Pressetext Whitman mit Elvis’ Strahlkraft, die Gedichte sind „always about motion and rushing ahead“ – die Bewegung, die Reise. Und er wäre der perfekte Gangster-Rapper gewesen, meint Pop weiter.
Also mit Kopfhörern auf oder den Ohren an den Lautsprecherboxen und diesen Veröffentlichungen lauschend kann der Winter noch etwas länger dauern.