INEX Sustainability Challenge: Uni goes Praxis
Bei der jährlichen INEX Sustainability Challenge tragen Studierende das Thema Nachhaltigkeit in die Praxis. In Unternehmen, Verbänden und Forschungseinrichtungen suchen sie ein Semester lang nach nachhaltigen Lösungen anhand konkreter Fragestellungen. In der vergangenen Woche ging die bereits vierte Challenge zu Ende.
Nachhaltigkeit ist heute in fast jedem Studiengang ein Thema – zumindest potenziell. In welchem Maß Bezüge zur Nachhaltigkeit hergestellt werden, das hängt allerdings von Lehrplänen und den Interessen der einzelnen Studierenden und Lehrenden ab. Für Studierende, die ein Interesse an Nachhaltigkeit haben, dieses Interesse in ihr Studium einbringen wollen und dabei zusätzlich einen Blick in die außeruniversitäre Praxis bei der Suche nach nachhaltigen Lösungen werfen wollen, bietet die jährliche INEX Sustainability Challenge den passenden Rahmen und eine Alternative zu trockenen Vorlesungen, Proseminaren und Übungen.
In dieser Woche erhielten rund 80 Studierende der vier großen Wiener Universitäten ihre Zertifikate für den erfolgreichen Abschluss der INEX Sustainability Challenge 2013. Seit 2010 haben INEX und RCE Vienna in Kooperation mit der Uni Wien, der Technischen und der Wirtschaftsuniversität sowie der Universität für Bodenkultur schon zum vierten Mal die multidisziplinäre Lehrveranstaltung angeboten. Im Zentrum der Sustainability Challenge steht Service Learning. Mit diesem Begriff bezeichnen die Veranstalter Einrichtungen die Kombination von universitärem Unterricht und praktischer Anwendung bereits erlangter Nachhaltigkeits-Kenntnisse in Unternehmen, Behörden und Verbänden – studentisches, unternehmerisches und gesellschaftliches Engagement sollen einander beflügeln.
In diesem Jahr haben sich 17 Kooperationspartner mit Projekten beteiligt, darunter das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, das Austrian Institute of Technology AIT, A1 Telekom Austria und der Rewe-Konzern mit der Supermarktkette Merkur (eine vollständige Liste der Projekte findet sich hier).
Womit sich die teilnehmenden Studierenden in den Projekten das Sommersemester über beschäftigten haben, wurde am vergangenen Mittwoch beim Touch Down der Challenge im hochsommerlich warmen Festsaal der TU Wien am Karlsplatz präsentiert. BIORAMA hat sich mit Petra Biberhofer, der Koordinatorin der INEX Sustainability Challenge über die Ergebnisse und Perspektiven der interdisziplinären Lehrveranstaltung unterhalten.
BIORAMA: Die Service Learning Projekte der ISC 2013 enthielten allesamt interessante Lösungsansätze für ganz praktische Nachhaltigkeits-Fragen. Gab es trotzdem Projekte, die besonders herausgeragt haben, die vielleicht ganz besonders ambitioniert angelegt waren?
Petra Biberhofer: Das Projekt EnergiePlus Stadion mit dem SK Rapid Wien ist sicherlich ein sehr ambitioniertes Projekt, dass den Studierenden sehr gut mittels dem Fokus auf mehrere Szenarien gelungen ist. Auch die Vertreter von SK Rapid Wien waren beim Abschlussevent vom Projektteam und der Präsentation begeistert. Eine weitere recht ambitionierte Projektfragestellung war die von Riskexperts, sie verlangte der Studierendengruppe viel Recherchearbeit und Berechnungen ab. Besonders freut uns auch das Engagement der OeKB Gruppe, die gemeinsam mit dem Projektpartner einen jährlichen Preis für Pioniere im Bereich der Nachhaltigkeit zur Verfügung stellen möchten. Insgesamt schätzen wir aber natürlich das Engagement und die Begeisterung aller Projektgruppen.
Wie ist denn das Feedback der Projektpartner? Profitieren die Unternehmen, Verbände etc. vom Input der Studierenden?
Viele Projektpartner beteiligen sich an der Sustainability Challenge über mehrere Semester hinweg und das mit gutem Grund. Ganz besonders freut uns, dass das BMWF auch gleichzeitig als Service Learning Partner mit dabei ist. Die Dream Academia, EBR-Restaurantsbetriebe, Ökostrom, WildUrb, AIT, Merkur und die Mutmacherei schätzen den kreativen Input der Studierendenteams und beteiligen sich deshalb immer wieder gerne an der Lehrveranstaltung. Die AK Wien möchte nun beispielsweise im Anschluss an die ISC 2013 eine Masterarbeit zur weiteren Bearbeitung des Projektthemas Betroffenheit von Umweltverschmutzung nach Verteilungsaspekten fördern.
Zusammengefasst versteht sich das RCE Vienna, das Dach der ISC, als Schnittstelle dieser Organisationen, fördert den Austausch von Wissen und schafft eine Plattform für das gemeinsame Arbeiten von Forschungsinstitutionen, Bildungseinrichtungen, öffentlichen Körperschaften, Akteuren der Wirtschaft, des Kulturlebens und einer Reihe anderer Stakeholder. Beim Multistakeholder Workshop im Vorfeld der ISC 2013 konnten sich die Partner untereinander austauschen und die Projektfragestellungen gemeinsam mit den ProfessorInnen diskutieren. Aufgrund des positiven Feedbacks zu den Vernetzungsveranstaltungen, also Workshop, Kick Off, Stammtisch und Touch Down, möchten wir schon im Herbst 2013 den nächsten follow-up Workshop mit den Partnern organisieren.
Die ISC hat nun bereits zum vierten Mal stattgefunden? Gibt es Projekte aus den Vorjahren, die auch heute noch Bestand haben, oder aus denen heraus größere Projekte entstanden sind?
Bildung für nachhaltige Entwicklung zu gestalten verstehen wir als Prozess, wobei wir einige Challenges aus vorangegangenen Semestern erneut bzw. aus neuen Blickwinckeln thematisieren. Oft ergeben sich im Rahmen der laufenden Projekte zusätzlich spannende und relevante Aspekte, die Projektteams der nächsten Semester aufgreifen, bearbeiten bzw. weiterentwickeln können. Das sehen nicht nur wir als spannende Herausforderung, sondern auch die Projektpartner. Für die Erste Bank Restaurantsbetriebe organisiert die Studierendengruppe nun kommenden Oktober die Nachhaltigkeitswochen. Schon bei der dritten Sustainability Challenge entwickelte eine Studierendengruppe einen umfassenden Vorschlagkatalog zu den Konsequenzen veränderter Essgewohnheiten auf die Klimabilanz. Umso mehr freut es uns, wenn auf bereits bestehenden Wissen aufgebaut werden kann und dieses weiterentwickelt wird bzw. zu konkreten Aktionen führt, wie am Beispiel der Nachhaltigkeitswochen kommenden Oktober 2013.
Ist es für INEX schwierig, an Projektpartner zu gelangen, oder muss evtl. auch Interessenten abgesagt werden?
Das Interesse für die Teilnahme an der Lehrveranstaltung ist rege, muss aber aufgrund der variierenden zeitlichen Kapazitäten der Partner jedes Semester neu organisiert werden. Viele teilnehmenden Partner beteiligen sich über die Jahre immer wieder sehr gerne. Wir wählen die Projekte auf Basis spezifischer Kriterien aus, und beurteilen vorab auch Interesse und Engagement des Ansprechpartners. Uns liegt es am Herzen, dass die Methode des Service Learnings eine Balance zwischen Service und Learning wiederspiegelt und beide Seiten, die Studierenden genauso wie die Projektpartner, davon profitieren.
Welche Erfahrungen wurden bei der ISC 2013 aus deiner Sicht gesammelt, denen im nächsten Jahr durch Veränderungen am Ablauf Rechnung getragen wird?
Wir verstehen die ISC bzw. Bildung für nachhaltige Entwicklung als dynamischen Prozess, der auf Basis der Evaluierungen der TeilnehmerInnen, und natürlich dem persönlichen Feedback aller TeilnehmerInnen, ProfessorInnen und Partner weiterentwickelt wird. Im Herbst findet auf Basis der ausgewerteten Evaluierungen der TeilnehmerInnen ein Round Table mit den beteiligten ProfessorInnen statt und ein gemeinsamer Workshop mit den Service Learning Partnern. Gemeinsam werden wir dann die konkreten Schritte für die ISC 2014 diskutieren und planen. Vor allem die interdisziplinären Blöcke mit allen ProfessorInnen waren eine Neuerung dieses Semester, was eine Nachbesprechung und sicherlich die ein oder andere formale sowie inhaltliche Neuerung für die kommende ISC bringen wird.
Gibt es im Zusammenhang mit der INEX Sustainability Challenge weitere Projekte in näherer Zukunft?
Fabienne Babinsky und ich arbeiten zur Zeit an einer Publikation die wir gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zum INEX Modell herausgeben. Dabei werden wir die Programme umfassend aufarbeiten, evaluieren und weiterentwickeln sowie die Ergebnisse, die diese über die Jahre erzielt haben, in ansprechender Form zugänglich machen. Es liegt uns am Herzen aus den Praxiserfahrungen zu lernen und diese zu reflektieren, um noch besser auf die Interessen und Bedürfnisse der TeilnehmerInnen einzugehen. Darüber hinaus möchten wir verstehen, welchen Impact „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ in der universitären Lehre anstoßen kann. Die Publikation planen wir im November 2013 fertigzustellen.
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