Investieren mit Mission

Gruenes Investment

Wie lassen sich mit Geldanlagen nicht nur finanzielle Gewinne, sondern vor allem positive soziale und ökologische Effekte erzielen? Und welche Rolle kann Impact Investment beim Aufbau eines nachhaltigen Wirtschaftssystems spielen? 

Unternehmer, die soziale und ökologische Herausforderungen durch finanziell nachhaltige Geschäftsmodelle lösen, verändern die Art des Wirtschaftens. Da sie keine reinen Profitziele, sondern an erster Stelle soziale und ökologische Anliegen verfolgen, gibt es Bedarf an Kapitalgebern, die verstehen, dass die Rendite eines Investments nicht nur finanzieller Natur sein muss, sondern auch positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben kann. Durch gezielte Geldanlagen in marktbasierte Ansätze zur Lösung sozialer und ökologischer Probleme nutzen Impact-Investoren Marktkräfte, um eine nachhaltigere Form des Wirtschaftens zu ermöglichen. Lisa Kleissner und ihr Mann, der Austro-Amerikaner Charly Kleissner, sind Pioniere unter den Impact-Investoren. Als Seniormanager im Silicon Valley hat Charly Kleissner unter anderem das Betriebssystem OS X mitentwickelt. Als er 2002 bei seinem damaligen Arbeitgeber kündigte und seine Unternehmensanteile verkaufte, verfügte das Ehepaar über 70 Millionen Dollar, die investiert werden sollten. Der Wunsch, mit dem Geld Positives zu bewirken und zu einer nachhaltigeren Form des Wirtschaftens beizutragen, war jedoch nicht leicht zu erfüllen.

BIORAMA: Wie sahen Ihre gemeinsamen Anfänge mit Impact Investment aus?

Lisa Kleissner: Impact Investment existierte nicht! Wir waren angewidert von dem Status quo, denn wir sahen eine Industrie, in der Vermögen unter einer reinen Profitmaxime investiert wird. Als wir uns nach Anlagemöglichkeiten mit positiven Effekten auf Umwelt und Gesellschaft umsahen, konnte unser Anlageberater nichts finden und wir waren gezwungen, mit SRIs (Socially Responsible Investing, also ethisches Investment) zu starten, bei denen unethische Investments aussortiert werden. Doch das war uns nicht genug: wir hatten die Wahl zu entscheiden, in welche Geldanlagen wir nicht investieren wollten, anstatt aktiv Investments mit positiven ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auswählen zu können. Wir haben schließlich unseren Anlageberater gekündigt und jemanden angestellt, der unsere Anliegen ernster nahm und sich auf der ganzen Welt nach Impact Investments umsah und auch fündig wurde. Heute besteht unser Portfolio zu 91 Prozent aus Impact Investments.

Wie gestaltete sich die Suche nach Sozialunternehmen, die bereit für Beteiligungen waren?

Zu Beginn war der Markt unvollkommen. Wir sahen viele tolle Unternehmer, deren Unternehmen aber mangelhaft waren und die Werkzeuge brauchten, um ihre Geschäftsmodell zu verbessern. Das inspirierte uns im Jahr 2004, Social Impact International zu gründen, ein Programm zur Unterstützung und Förderung von Sozialunternehmen. Mit dem Programm sind wir nun in Indien, Zentral- und Osteuropa und Hawaii vertreten. Das Investment Ready-Programm in Wien unterstützt Sozialunternehmer bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle und fördert die Verbreitung des Begriffs Impact Investment in der Region.

Können Sie uns mehr über eines Ihrer Investments erzählen?

Wir haben in die Firma Bio Lite investiert, die von zwei Amerikanern gegründet wurde. Die beiden haben einen Campingkocher für den US-Campingmarkt entwickelt, der statt Petroleum mit gesammeltem Reisig betrieben wird. Zusätzlich generierter Strom kann zum Aufladen elektronischer Geräte verwendet werden. Vom ersten Geschäftsjahr an haben die Gründer ihre Verkaufsziele weit überschritten und bereits im zweiten Geschäftsjahr waren wir am Gewinn beteiligt. Im dritten Jahr haben sie einen umwelt- und gesundheitsschonenden Ofen für Konsumenten in Entwicklungsländern entwickelt und wir haben bereits 50 Prozent unserer Anfangsinvestition zurückerhalten. All das dauert normalerweise Jahre und sie haben das in den ersten drei Geschäftsjahren geschafft!

Lisa K Garden Shot

Wie schwer bzw. leicht ist es, Sozialunternehmen zu finden, die bereit für Investment sind?

Die Konferenz Social Capital Markets und all die Inkubatoren und Programme zur Förderung von Sozialunternehmern haben hier eine Marktlücke geschlossen. Das war auch der Grund, warum wir Toniic gegründet haben (Anm.: Toniic ist das weltweit größte Netzwerk von Impact-Investoren): um Investoren zu vernetzen und um einen Platz zu schaffen, an dem Investoren soziale Start-ups finden können, die ein für sie relevantes Problem adressieren. Toniic ermöglicht Investoren, ein diversifiziertes Portfolio zusammenzustellen und so verschiedene Lösungsansätze für die unterschiedlichen Elemente eines Problems zu finanzieren.

Wie hat sich Toniic entwickelt?

Als wir Toniic 2008 gründeten, taten wir dies, um Leute zusammenzubringen, die an Impact Investments interessiert waren und um die Idee von Impact Investment zu verbreiten. Mit der Zeit beschlossen wir, umzuschalten. Nun müssen Toniic-Mitglieder eine jährliche Mitgliedschaft zahlen und mindestens zwei Investments pro Jahr tätigen. Ein Drittel der Mitglieder hat uns verlassen und die Energie hat sich komplett verändert. Seit dem Start von Toniic ist Impact Investment stetig zu einer globalen Bewegung gewachsen. So wie wir widmen sich auch viele andere Impact-Investoren der Entwicklung des Sektors. Toniic und unsere Meetings sind ein Raum für diese Leute, um zusammenzukommen, voneinander zu lernen und im Verband zu investieren. Das individuelle Investmentminimum liegt hier bei 10.000 Dollar. Die größten aggregierten Investments liegen bei zwei bis drei Millionen Dollar. Investments in Start-ups in der Anfangsphase machen aber nur einen kleinen Prozentteil des gesamten Portfolios aus, da sie mit hohem Risiko verbunden sind. Mitglieder sehen sich nicht nur außerbörsliche Unternehmensbeteiligungen an. Das Ziel ist eine diversifizierte Investmentstrategie, die es Investoren erlaubt, Risiko zu streuen. Während es an der Börse leicht ist, sich an Unternehmen zu beteiligen und wieder auszusteigen, ist das bei außerbörslichen Beteiligungen nicht so leicht, es dauert länger, und der Verkauf der Anteile ist nicht immer klar. Daher müssen beide Formen von Investments kombiniert werden.

Wie ist Ihre Verbindung zur Social Capital Markets-Konferenz?

Bei der ersten SOCAP-Konferenz 2008 haben Charly und ich auf zwei Podiumsdiskussionen gesprochen. Wir hatten keine Vorstellung, wie viele Leute an Impact Investment interessiert waren! Damals waren noch wenige Investoren unter den Teilnehmern, es waren hauptsächliche junge Leute, die verstanden, dass das die Zukunft ist. Jetzt gibt es viel mehr Investoren und die Relevanz von SOCAP wächst jedes Jahr. Alle Akteure dieser Bewegung arbeiten das ganze Jahr über, bis wir uns dann bei SOCAP treffen und zusammenkommen. SOCAP verdeutlicht, dass es diese Bewegung gibt und das es physische Treffen braucht, um sich zu vernetzen und zusammenzuarbeiten.

 

 SOCIAL CAPITAL MARKETS

Dieses Interview entstand im Rahmen von SOCAP13. Social Capital Markets (SOCAP) ist die weltweit bedeutendste Konferenz für Impact Investment und soziales Unternehmertum. Seit 2008 bringt SOCAP jedes Jahr führende Impact-Investoren, Fonds, Sozialunternehmer und Start-up-Accelerators in San Francisco zusammen. Während es den Organisatoren anfangs darum ging, den Bereich Impact Investment und die Förderung marktbasierter Lösungen für soziale und ökologische Probleme zu etablieren und Diskussionen anzuregen, ist SOCAP zu einer Plattform gewachsen, die unterschiedlichste Anspruchsgruppen zusammenbringt, um spezifische Herausforderungen und Sektoren zu beleuchten und Lösungen zu entwickeln. Unter dem Motto »Accelerating the good economy« (Beschleunigung eines nachhaltigen Wirtschaftssystems) diskutierten fast 2.000 Teilnehmer von 3. bis 6. September 2013 Themen wie Innovationen im Gesundheitssektor, Lösungen zur Erhaltung des Meeresökosystems und viele mehr.

www.social-impact.org

www.klfelicitasfoundation.org

Das nächste Investment-Ready-Programm findet im Frühjahr 2014 statt. Für mehr Infos und Bewerbung: www.investment-ready.org

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