Igel suchen für die Wissenschaft

Igel sind scheue Wildtiere, die sich jedoch gern unbemerkt in der Nähe von Menschen aufhalten. Wenn man Glück hat, findet man sie sogar im eigenen Garten. (Foto: Flickr, Kalle Gustafsson, CC BY 2.0)

Es raschelt im Garten, was kann das sein? Hobbywissenschaftler und Wissenschaftlerinnen holen im Frühling ihre Igeltunnel und Artenbestimmungsbogen hervor. BIORAMA erklärt, wie du mitmachen kannst – und so einen Beitrag zur Wissenschaft und zum Artenschutz leisten und nebenbei gewinnen kannst.

Igel sind von April bis September aktiv und als Kulturfolger fühlen sie sich in unserer Nähe und vor allem in unseren Gärten recht wohl. In Ost- und Mitteleuropa am weitesten verbreitet sind der Braunbrustigel und der Nördliche Weißbrustigel. Nach ihnen suchen die Österreichische Universität für Bodenkultur und das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft – und hat dafür wieder den Citizen Science Award  ausgeschrieben, der besonders für Kinder, aber auch neugierige Erwachsene interessant sein dürfte. Schulklassen können in dem Wettbewerb – wo die liebevoll als „Punks in unseren Gärten“ bezeichneten Igel gezählt werden sollen – bis zu 1.000 für ihre Klassenkasse gewinnen.  Einzelpersonen und Jugendgruppen erhalten einen Stiftungspreis.

„Punks“ gesucht! Kopfgeld: 1.000 Euro (Foto: Flickr, Milo Bostock, CC BY 2.0)

Als Citizen Science, also Bürgerwissenschaften bezeichnet man die Teilnahme von Laien an wissenschaftlichen Prozessen. Das ist mittlerweile ein gängiges Tool in der Forschung, vor allem in Projekten, die viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen erfordern oder sehr zeitaufwändig sind. Gerade bei der Erforschung von Igeln ist man auf Citizen Science angewiesen, da sich die possierlichen Tierchen häufig in Privatgärten aufhalten, zu denen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen keinen Zugang haben. Wenn man Begegnungen mit Igeln dokumentiert, kann man also einen wertvollen Beitrag für die Wissenschaft leisten und in weiterer Folge zum Schutz der kleinen Stachelritter betragen. Ein erfahrungsgemäß erfolgreicher Ansatz: dreieckige Igeltunnel nach der Anleitung des Igelforschers Richard Yarnell von der Nottingham Universität bauen oder ausborgen und über Nacht im Garten aufstellen.

So funktioniert’s: Ein Igel läuft nachts durch den Tunnel, frisst sich satt und hinterlässt dabei Farbspuren. (Foto: Flickr, Bio Blitz, CC BY 2.0)

Im Tunnel befinden sich ein Schälchen mit Katzenfutter als Lockmittel, etwas ungiftige Farbe und Papier. So erhält man anhand von Farbspuren den Beweis dafür, dass es sich die scheuen Einzelgänger, die man tagsüber nur selten zu Gesicht bekommt, im eigenen Garten gemütlich gemacht haben. Auch andere Kleintiere, wie Eichhörnchen oder Mäuse können so aufgespürt werden. Spurenbestimmungsbögen – die man sich auf der Homepage der Universität für Bodenkultur downloaden kann – geben Aufschluss über die Herkunft der im Tunnel hinterlassenen Pfotenabdrücke.

Spurenblatt_(c) Plenk K

Die Spuren außen stammen von einer Katze, die inneren von einem Igel. Man kann sie an den 5 charakteristischen Zehen erkennen. (Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Universität für Bodenkultur, © Kristina Plenk)

Auf diese Weise soll möglichst umfassend erforscht werden, in welcher Umgebung sich die Igel am wohlsten fühlen. Die Erkenntnisse kann man dazu nutzen Igel-freundlichere Gärten anzulegen. Denn Igel sind Nützlinge – etwa weil sie Nacktschnecken vertilgen.

Auch in Deutschland gibt es vergleichbare Projekte. In Bayern versuchen der Bayrische Rundfunk und der Landesverbund für Vogelschutz den wandelnden Nadelkissen auf die Spur zu kommen. Auf einer Online-Plattform soll man Sichtungen von lebendigen oder toten Igeln melden, am besten mit Foto. Die große Igelsuche findet bereits zum zweiten Mal statt, nachdem der Versuch im letzten Jahr sehr erfolgreich verlaufen ist.

Auch in Berlin sollen Igel umfassend untersucht werden und Bürger und Bürgerinnen der Bundeshauptstadt können dabei helfen.

Igel fressen am liebsten Insekten und Schnecken wegen ihres hohen Proteingehalts. Für die Forschung anlocken kann man sie am besten mit Katzenfutter. (Foto: Flickr, Jüri T, CC BY 2.0)

Die Schweizer Organisation Pro-Igel hat einen Leitfaden für Igelfreunde und Freundinnen bereitgestellt, um zu erklären, was Igel im Garten brauchen und was ihnen schaden kann. Beispielsweise kann man ihnen im Frühjahr eine Schale mit frischem Wasser bereitstellen, um ihnen das Aufwachen aus dem Winterschlaf zu erleichtern. Man soll sie jedoch nicht mit Nüssen oder Früchten, sondern nur mit proteinreichem Katzenfutter und das nur für kurze Zeit füttern, da man sonst andere Tiere wie bspw. Ratten anlockt, die für die Igel gefährliche Krankheiten und Parasiten übertragen können. Um sie nicht zu gefährden, sollte auf Pestizide, wie beispielsweise Schneckenkorn verzichtet werden. Die stacheligen Tierchen mögen gerne Verstecke. Wer ihnen also helfen will, sollte im Garten eine igelfreundliche Ecke mit Sträuchern und hohen Gräsern einrichten und im Herbst einen großen Haufen mit Laub und Zweigen liegen lassen. Mit kleinen Lücken im Zaun kann man ihnen den Zugang zum eigenen Garten erleichtern. So kann man sie für die Forschung auch leichter finden. Teichbesitzer und Besitzerinnen können ihnen außerdem einen kleinen Steg zum Aussteigen bereithalten, da Igel auch mal gerne eine Runde schwimmen.

Igel werden leider oft zu Opfern im Straßenverkehr. Die Universität für Bodenkultur hat zu dem Thema bereits Studien in Zusammenarbeit mit Citizen Scientists durchgeführt. BIORAMA hat den Studienleiter, Florian Heigel dazu interviewt.

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