Her mit dem Speck!
Vielleicht ist es an der Zeit, ein paar grundsätzliche Fragen zum Thema Speck und Konsorten zu klären. Das Verfahren für die Herstellung ist nämlich im Grunde immer das gleiche.
Die Rezepturen unterscheiden sich lediglich durch Herkunft, Rasse und Teile der Tiere, Lagerzeiten und Lagertemperaturen sowie die verwendeten Gewürze. Früher ging es darum, Schweinefleisch zu konservieren, weil im Winter geschlachtet wurde und man auch im Sommer noch was davon haben wollte. Im Zeitalter der Supermärkte und geschlossener Kühlketten ist das nicht mehr wirklich das zentrale Anliegen. Heute geht es in erster Linie um guten Geschmack, und da tut sich rund ums Schwein eine beeindruckende Vielfalt auf.
1 – Lardo
Die Definition ist einfach, der kulinarische Teufel liegt – wie so oft – im Detail. Lardo ist der Rückenspeck. Eigentlich kann Lardo vom Rückenspeck jeder Rasse gemacht werden, die es schafft, zumindest fünf Zentimeter Rückenspeckdichte aufzubauen. Mangalitzas sind in dieser Beziehung aber klar im Vorteil, da sie das Potenzial haben, mehr als diese 5 Zentimeter Speck anzusetzen. Deutlich mehr! Das lässt das »leicht durchzogen« in völlig neuem Licht erscheinen. Besten Lardo gibt es von Sepp Zotter (Steiermark), Bio Simandl (Salzburg) oder in der Bio-Noah-Manufaktur von Karl Schardax.
2 – Osso Collo
Während der Schinken immer vom Hintern kommt, ist Osso Collo eine Schöpfung mit Schopf. Der Schopfbraten muss dabei gut zugeschnitten sein, wird dann trocken gepökelt (also reichlich gesalzen) und in der Luft getrocknet. Den Rest macht die Zeit. Der Osso Collo ist eine Spezialität der italienischen Salumieri und eine köstliche Alternative zu Prosciutto & Co. Zu finden übrigens auch im Sortiment von Ja! Natürlich. Dunkelrotes Muskelfleisch, netzartig durchzogen, würzig und intensiv.
3 – Speck
Speck ist entweder vom Rücken oder vom Bauch. Der, den wir für den Krautsalat, die sauren Bohnen oder die Berner Würstel verwenden, ist meistens der vom Bauch. Haushalte mit Tradition, einer stattlichen Kinderzahl und einer ausreichend großen (und kühlen) Speisekammer, haben den Bauchspeck in großen Flanken von der Decke hängen und schneiden runter, was gebraucht wird. Andere gehen in den Supermarkt. Bei Spar findet man zum Beispiel – schmal portioniert – einen heißgeräucherten Biospeck von tadelloser Qualität.
4 – Tiroler Schinkenspeck
Jahrhundertealte Rezepte, Tradition, kulinarisches Kulturgut, Tiroler Bergluft, Almblabla. Mit dem Tiroler Schinkenspeck ist das so eine Sache. Auf der einen Seite schmeckt er fantastisch gut, auf der anderen kommen die Schlögel zum Teil von irgendwo her – aber die Tiroler haben sich tatsächlich zu Schinkenspeckprofis entwickelt. In der Regel buchenholzgeräuchert und von rustikaler Eleganz. Und wenn man lange sucht, findet man auch echte Perlen. Am Pennhof in Barbian bei Brixen (O. K., das ist Südtirol, aber was solls, der Speck ist sensationell) holt Elmar Braun mit ein paar Kollegen das Beste aus der Sau raus. Quasi Craft Speck.
5 – Prosciutto di Parma
Er wirkt weicher, eleganter und harmonischer. Nicht so bodenständig wie sein Verwandter aus dem Norden. Prosciutto di Parma und sein alter Ego, der Prosciutto di San Daniele, sind das unangefochtene Führungsduo in Sachen Geschmack, Ansehen und Marktpräsenz. Dabei hat der Parmanese einen leichten Startvorteil. »San-Daniele-Schinken« geht schon rein sprachmelodisch nicht so ölig runter wie »Parmaschinken«. Biozertifizierten Prosciutto di Parma machen die Hersteller Golfera, Pedrazzoli oder Citterio. Die Produkte werden sowohl über den Fachhandel als auch die gängigen Supermärkte vertrieben.
6 – Coppa
Yippe-Ya-Yay, Schweinenacken. Das Beste kommt zum Schluss. Coppa ist das, was beim Schwein früher der Nacken war. Der einzige Unterschied, abgesehen vom Platz im Körper, zu Schinken, Speck und Co. ist, dass der Coppa erst einmal in einen Darm und in ein Netz kommt. Dann wird er zunächst gepökelt, dann luftgetrocknet und verliert dabei etwas weniger als die Hälfte seines Gewichts. Wenn er länger gelagert wird, kommt er in weißweingetränkte Tücher, um ein weiteres Austrocknen zu verhindern. Guten Coppa gibt es mittlerweile von vielen Salumieri. Den richtig geilen Stoff gibt es am Hof von Isabell und Christoph Wiesner. Erstens, weil das Fett atemberaubend ist, zweitens, weil der Coppa länger hängt und damit zur scharfgemachten Umami-Bombe wird.