Grünes Internet?

Seit 2007 geistert ein neuer Begriff durch die IT-Welt. Unter dem Schlagwort »Green IT«  versuchen Hardware-Hersteller und Betreiber von Rechenzentren dem ständig ansteigenden Ressourcen- und Energiebedarf für Informationstechnologie eine grüne Masche um zu binden.

Am häufigsten wird man mit dem grünen Gedanken derzeit in der Form von E-Mail-Fußzeilen konfrontiert – mit der Bitte, den Ausdruck zu überlegen. Manchmal ist sogar ein grünes Blättchen angehängt, welches die E-Mail-Größe erst recht vervielfacht. Dabei ist die steigende Internet-Nutzung ein Hauptfaktor im ansteigenden Energieverbrauch, der inzwischen um die 2% der CO2-Emissionen ausmacht, was den Emissionen der Luftfahrt entspricht. Tendenz stark steigend: Nach einer britischen Studie verdoppelte sich der Strombedarf in den Haushalten für Informationstechnologie binnen fünf Jahren und wird in zehn Jahren die Hälfte des privaten Stromverbrauchs ausmachen.

Nicht nur in den Haushalten wächst die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie, die steigende Zahl und Nutzung von Internet-Anwendungen führt zu einem gesteigerten Bedarf an Serverkapazitäten, die in Rechenzentren bereitgestellt wird. Die Stromkosten stellen bereits jetzt einen Löwenanteil der Ausgaben dar. Die Server stellen immer mehr Rechenleistung auf engerem Raum zur Verfügung, was gleichzeitig höhere Anforderungen an die Kühltechnik stellt. Bereits jetzt geht die Hälfte des Energiebedarfs für Kühlung und die Bereitstellung einer unabhängigen Stromversorgung auf.

Aber nicht nur der Energieverbrauch stellt ein ökologisches Problem dar. Die zurzeit verfügbaren Technologien basieren auf einer Vielzahl von giftigen Materialien wie Quecksilber, Blei und Cadmium, deren Herstellung alles andere als ökologisch und nachhaltig ist, und die am Ende ihres Lebenszyklus große Probleme bei der Entsorgung bedeuten. Die Lebensdauer der Hardware wird gleichzeitig immer kürzer, weil in den hochintegrierten Systemen die Fehlertoleranzen kleiner sind und entsprechend früher ein vorsorglicher Austausch stattfindet.

Da sind die Bemühungen mancher IT-Hersteller, die durch Telearbeit und Internet-Konferenzen eingesparten CO2-Emissionen gegenzurechnen, lediglich ein Tropfen am heißen Stein. Auch der Bezug von Ökostrom im Rechenzentrum ist zwar als Einzelmaßnahme lobenswert, löst aber nicht die Probleme, damit die Nutzung des Computers in jeder Hinsicht eine nachhaltige Angelegenheit wird. Es mag momentan noch ein befremdlicher Gedanke sein, aber möglicherweise kommt der Moment, wo Nachhaltigkeitskriterien zu einer bewussteren Nutzung von Internet & Co. führen, erst dann, wenn »always-on« ein negatives Prädikat darstellt.

TEXT Franz Knipp

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