Warum die grüne US-Präsidentschaftskandidatin nicht überzeugt

 

US-Wahl 2016 Stein

Die heutige US-Wahl beendet eine 18-monatige Schlammschlacht zwischen Republikanern und Demokraten – hoffentlich. Mit den Kandidaten der Third Parties gab es schwache Alternativen.

Zwei Parteien, zwei Kandidaten, zwei Stimmmöglichkeiten. So sieht das US-Wahlsystem seit über hundert Jahren aus. Vermeintlich. Denn es gibt neben dem Establishment auch Dritt-Parteien und Kandidaten, die versuchen, in das höchste politische Amt der Welt zu gelangen. Vergeblich. Ein Grund dafür, dass es kleine Parteien zwischen den beiden Dominierenden schwer haben, sich Gehör zu verschaffen, ist das Mehrheitswahlrecht, bei dem die stärkste Partei gleich alle Stimmen eines Wahlkreises bzw. Bundesstaats zugeschlagen bekommt.

Die Third Parties haben Kandidaten wie Jill Stein und Gary Johnson, keine Milliarden zu verschleudern und einige wesentlich ansprechenderen Programminhalte als das mittlerweile so verhasste politische Establishment, dem die Amerikaner nicht mehr trauen. Sie könnten Millionen an US-Bürgern dazu bringen, das Kreuz heute vor ihrem Namen zu machen, allein wegen der Inhalte. Die grüne Spitzenkandidatin und Ärztin Jill Stein beispielsweise, welche bereits bei der letzten US-Wahl antrat, jedoch in den Medien keinerlei Beachtung fand.

Ihr Programm steht für eine bessere, amerikanische Zukunft

Das, was der derzeitige Mister President vor seiner Präsidentschaft versprochen hat, will die Harvardabsolventin Jill Stein wahr machen: Guantanamo schließen. Aber neben dem wohl meistdiskutierten Gefängnis der Welt hat die 66-Jährige noch andere Pläne. Sie will die Studiengebühren abschaffen und alle Studentenkredite hinfällig machen. 1,2 Billionen Dollar an Schulden erlassen, einfach so. Da wären rund 42 Millionen Studierende in den USA, denen diese Idee doch gefallen müsste. Die Finanzierung dessen ist für sie nach eigenem Bekunden ein magic trick, mehr muss der Wähler darüber nicht wissen. Da stellt sich die Frage, weiß Jill, worüber sie spricht oder muss dieser magic trick auch ihr erst noch erklärt werden?

Außerdem will die grüne Politikerin das Umweltbewusstsein der United States of America stärken und eine Energiewende durchsetzen. Kein Fracking, keine Bohrungen auf Offshore-Plattformen und keine Uran-Minen mehr. Das ist ihr Ziel. Wie es in dem kapitalistischen Land schlechthin klappen soll, wo alles profitorientiert und das Wort Lobbyismus praktisch erfunden wurde, ist nicht klar.

Eine weitere Schwierigkeit Steins: Den Amerikanern beizubringen, dass zwischen ökologischem Fortschritt und Arbeitsplatzwegfall kein Gleichzeichen zu setzen ist. Die amerikanische Mittelschicht zweifelt daran, dass mit einem Uranausstieg und dem gleichzeitigen Ausbau erneuerbaren Energien Arbeit hier ab- aber anderswo genauso aufgebaut wird. Dennoch bleibt Jill Stein bei ihrem Standpunkt und fordert darüber hinaus noch einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde, was circa 13,50 Euro macht. Ein Mindestlohn, den es in dieser Höhe in keinem EU-Land gibt, denn hier liegt der höchste bei 11,12 Euro im Bankenstaat Luxemburg.

With Liberty and Justice for all

Ein positiver Aspekt ihrer Politik ist, sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Aber dieses bedeutungsschwangere Wort Gerechtigkeit, was bedeutet es im Detail der grün-amerikanischen Politik? Jill Stein möchte sich für Minderheiten wie indigene Völker und Menschen aus der LGBT-Szene einsetzen und sich für Gewaltopfer stark machen. Sie hat bereits an der Black-lives-matter-Bewegung aktiv teilgenommen und ist auf die Straße gegangen, um zu zeigen, dass eine Entmilitarisierung der Polizei notwendig ist.

Warum kennt sie keiner?

Völlig unbekannt ist die Grünen-Kandidatin in den Vereinigten Staaten nicht, sie war bereits vor vier Jahren als Kandidatin der Grünen ins Rennen um das Weiße Haus geschickt worden. Damals holte sie 0,36% der Wählerstimmen, was in absoluten Zahlen circa 370.000 Wähler ausmachen. Ein glatter Reinfall. Doch sieht man sich die Wahlergebnisse der vorherigen Wahlen an, zum Beispiel 0,12% im Jahr 2008, konnte sie die Grünen doch ein Stück mehr ins amerikanische Blickfeld der Zwei-Parteienlandschaft bringen. Ein Medienprofi ist Jill noch nicht ganz, unglückliche Ausdrücke und eine verquere Logik bei Interviews sind bei ihr an der Tagesordnung. Außerdem scheint sie ihre Meinung gerne immer wieder mal zu ändern oder zu verharmlosen, wie zum Beispiel zum Thema Brexit. Hier schrieb sie zuerst, es sei ein Sieg; wenig später wurde der Text geändert und sie stimmte mit den grünen EU-Befürwortern Großbritanniens überein.

Stein machte aber hauptsächlich dadurch Schlagzeilen, dass sie es mit dem Gesetz nicht ganz so ernst nimmt. Den Verkehr blockieren oder Grafftit sprühen, all das macht die anscheinend junggebliebene 66-Jährige. Sie möchte auch endlich klar machen, dass es mit mehr als zwei Parteien mehr als zwei Lösungsansätze in der amerikanischen Politik geben kann und sollte. Denn nichts ist undemokratischer als die regelrechte mediale und gesellschaftliche Beschränkung auf zwei etablierte Parteien. So können Parteien wie die Grünen etwa nicht an TV-Debatten teilnehmen und genau das will Jill Stein ändern. Doch der bloße Populismus macht es den kleinen Parteien, die bereits wegen des Wahlsystems eine schwierige Stellung haben, nicht einfacher, mehr Wählerstimmen zu generieren. Bestes Beispiel dafür ist Jill Stein und ihr grüner Wahlkampf.


 

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