Was außer der grünen Wiese ist an Festivals grün?
Holger Schmidt ist einer der vier Initiatoren der Go Group (Green Operation Europe) und Vorstand des Vereines Sounds for Nature Foundation. In beiden Organisationen macht er sich stark für Umweltschutz in der Festival- und Eventbranche. Seine Expertise in dem Bereich hat er aus 22 Jahren bei Rheinkultur, das er zu einem der nachhaltigsten Festivals in Deutschland gemacht hat. Seit vier Jahren veranstaltet er zudem die Green Events Europe Konferenz, zuletzt mit 150 Teilnehmern aus 17 Ländern.
BIORAMA: Holger, wie genau beschreibst du dein Aufgabengebiet?
Holger Schmidt: Im Rahmen der Go Group und bei Green Events Europe geht es mir darum, dass sich Veranstalter, Wissenschaftler, Dienstleister und andere Akteure austauschen, wie sie Dinge nachhaltiger gestalten können. Ich beanspruche für mich selbst dabei nicht, dass ich in allem der absolute Fachmann bin, aber ich bin gut darin, die Leute miteinander zum Reden zu bringen. Außerdem bin ich großer Fan von internationalem Austausch und großer Fan von Europa. In den letzten Jahren meiner Tätigkeit habe ich viele Kontakte gemacht, viel gesehen und viele Menschen zusammengebracht, die sich gegenseitig und mich inspiriert haben. Das schönste ist, zu sehen, was dann daraus entsteht.
Da kommen ja eine Menge Spezialisten zusammen bei euren Workshops, wie organisiert ihr eure Erfahrungen, wie tauscht ihr euch über die Events hinaus aus und gebt Wissen weiter?
Sounds for Nature hat letztes Jahr seinen komplett überarbeiteten, umfangreichen Leitfaden veröffentlicht, für den viel recherchiert wurde, in dem sich aber auch viel Wissen und Best Practices finden, was die letzten Jahre gesammelt wurde.
Sounds for Nature? Was ist das?
Sounds for Nature startete als Projekt des Bundesamtes für Naturschutz vor zehn Jahren und hat sich zum Ziel gesetzt, Festivals zu beraten, wie sie umweltfreundlicher werden können. So sind wir mit der Rheinkultur an Sounds For Nature gekommen und haben lange Jahre intensiv zusammengearbeitet. Als dann nach 10 Jahren das Projekt im Bundesamt für Naturschutzes ausgelaufen ist, haben sich einige Leute, die viele Jahre dort aktiv waren, zusammengeschlossen und 2012 aus dem Projekt einen Verein gegründet, um die Arbeit und das, was entstanden über die Jahre entstanden war, zu erhalten. Die letzte Green Europe Conference hat zum Beispiel Sounds for Nature veranstaltet. Nur eins von vielen Projekten – im ersten Jahr haben wir beispielsweise mit Naturwatt zusammen den „Green Spots“ Videowettbewerb veranstaltet, in dem wir dazu aufgerufen haben, zu zeigen wie Menschen umwelt- und klimafreundlich feiern können.
Und, ist etwas Gutes dabei ‚rumgekommen, nenn mal ein Beispiel.
Haha, ja, die Gewinner zum Beispiel. Den ersten Platz hat ein kurzer Spot belegt, der auf simple Art und Weise klar macht, dass wir nicht einfach immer weiter machen können wie bisher. Der Spot zeigt zwar nicht, wie man es besser machen kann, macht aber auf sehr smarte Weise auf das Problem aufmerksam.
Was ist deiner Meinung nach eine Lösung für exakt dieses Problem? Wie kann man das angehen?
Es geht hier ums Weiterdenken, alles hat seine Grenzen. So wie der Mülleimer im Clip. Es kann ja auch nicht darum gehen, dass man den Menschen auf einem Festival alles haarklein vorkaut. Wir müssen uns bemühen, bei den Besuchern ein Bewusstsein zu schaffen, das tatsächlich eine Verhaltensänderung bewirkt. Im besten Falle geht die auch über den Festivalkontext hinaus und wirkt auf den Lebensstil der Besucher.
Darum geht es ja auch immer bei den Go Group Workshops. Hier kommen Festivalveranstalter aus ganz Europa zusammen, die sich austauschen, gegenseitig inspirieren und gemeinsam an Lösungen für Probleme arbeiten. Nächste Woche findet in Wien der fünfte Go Group statt. Was sind dieses Jahr die Themen?
Bei den Workshops nehmen wir uns immer einzelner Themen an: letztes Jahr war ein Tag dem Thema Energie, der andere Tag dem Thema Müll gewidmet. Dieses Mal beschäftigen wir uns am ersten Tag mit dem Thema „Challenges and Solutions“. Wir schauen uns an, wie das in anderen Branchen läuft, wie andere Branchen nach Lösungen suchen und versuchen das auf unsere Branche zu übertragen. Dieses Jahr haben wir Hugh Dutton, einen Architekt aus Paris, eingeladen, der sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf Architektur beschäftigt und Manuel Grossmann von Servicedesign, der uns als Kommunikationsdesigner mit der Design Thinking Methode vertraut machen wird. Das dient dazu, dass wir uns zukünftig, wenn wir uns mit Problemen auseinandersetzen, durch solche Ansätze den Lösungen auch anders nähern können. Am zweiten Tag geht es dieses Jahr um Kommunikation und Publikumseinbindung (Communications and Audience Involvement). Es kommen zum Beispiel zwei Studenten, die ihre Abschlußarbeit zum Thema „Participative design and gamification for festivals“ vorstellen. Da geht es darum, wie man auf intergrative, spielerische und spaßbringende Art und Weise Themen weiterbringen kann.
Hast du ein Thema, was dir derzeit besonders am Herzen liegt?
Ja, das Projekt Green Team on tour. Das werde ich auch im Rahmen des Kommunikationstages „Creating Role Models“ vorstellen. Die Grundidee kam mir noch im Rahmen der Rheinkultur, al ich dachte, vielleicht muss man den Menschen einfach mal zeigen, wie wir uns das vorstellen. Damals ging das noch in die Richtung, man folgt Personen auf dem Festival mit der Kamera und zeigt, dass die genauso viel Spaß haben, dabei aber nichts kaputtmachen, auf die Umwelt achten, umweltfreundlich anreisen etc. Die Idee habe ich dann überworfen und weitergedacht: am Ende ist 2013 unser Pilot entstanden. Wir haben letzten Sommer drei Mädels gecastet, die auf fünf Festivals kreuz und quer durch Deutschland unterwegs waren. Sie haben auf den Festivals gearbeitet, Menschen und Probleme kennengelernt, Interviews zum Thema „Festivals und Umwelt“ u.a. mit Musikern wie Bosse, Gentleman oder Madsen aber auch Veranstaltern und Mitarbeitern geführt, Interviews geführt, über Ihre Erfahrungen geblogt, Filme gedreht und vieles mehr.
Wir reden hier nicht über Umweltprofis, sondern von Festivalgängern, die wiederum ein Näschen für Nachhaltigkeit und Umwelt haben und auch verstehen, wo der Zusammanhang ist. Wir haben die drei u.a. mit Reiseequipment, Notebook und Kamera ausgestattet. So sind ein umfangreicher Blog, viele Filme, noch mehr Fotos und eine Freundschaft entstatnden. Ich möchte das in den nächsten Jahren noch größer aufziehen und so den ganzen Festivalsommer begleiten. Mal sehen, wen ich beim Go Group Workshop dafür begeistern kann.
GO GROUP WORKSHOP
Wien, 7. und 8. April 2014
go-group.org