Echt kein Mist! Tilias Rohkost Restaurant muss nichts wegwerfen

Picknick am Grazer Uhrenturm

Daniela Pongritz, Betreiberin von Tilia’s Rohkost beim Picknick am Grazer Uhrturm. Bild: D. Pongritz

Bei Tilias Rohkost in Graz gibt es alles rund um die rohe Kost. Patisserie und Gerichte sind raw, vegan und bio. Auch wenn manches Gericht, Cannelloni etwa, danach klingt – gekocht wird hier nichts. Alle Zutaten werden roh verarbeitet und zu ausgefallenen Speisen verzaubert.

Solche Hauptgerichte gibt es nur auf Bestellung. Dafür werden die Zutaten extra für den Gast eingekauft, das Essen frisch zubereitet und dadurch sehr wenig Reste weggeworfen. Bei Abholung kommen die Gerichte in die selbst mitgebrachten Essensboxen. Wir haben die Betreiberin des Lokals über Rohkost und Müllvermeidung befragt.

BIORAMA: Was versteht man unter Rohkost?

Daniela Pongritz: Frische, lebendige Nahrung. Nicht gegart, gebraten, frittiert, gedämpft, pasteurisiert, homogenisiert, konserviert, eingekocht, bestrahlt, chemisch behandelt und was es eben sonst noch gibt. Die Trocknung von Früchten und Nüssen, Herstellung von Rohkostbrot, Crackern, Nussmusen, Kakao und vielem mehr erfolgt bei maximal 45° Grad, idealerweise bei 40 bis 42° Grad. Das ist die Temperatur bei der die meisten wertvollen Inhaltsstoffe erhalten bleiben.

Wie kam es zur Idee das Essen nur auf Bestellung anzubieten?

Durch die Überlegung: Wie kann ich frisch zubereitete Speisen anbieten ohne dass Gäste lange darauf warten müssen und ich nicht Unmengen entsorgen muss, weil ich zu viel vorgerichtet habe? Gemüse schneiden braucht viel Zeit, niemand wartet gerne 30 Minuten aufs Essen. Außerdem gibt es einiges was im Dehydrator getrocknet wird, wie Brote, Ravioli, Empanadas. Das kann schon mal bis zu 30 Stunden dauern. Und da ich Tilia’s alleine betreibe, ich kein geschnittenes Gemüse vom Vortag verwenden will und auch keine Tiefkühlware war es für mich die einzige Lösung.

Warum bieten Sie die Hauptspeisen nur auf Bestellung? Ist das eine Art von Protest gegen Überfluss und ständige Verfügbarkeit?

Protest würde ich nicht sagen. Ich möchte den Menschen einfach gerne näher bringen, dass in der Gastronomie viel entsorgt wird. Wenn nicht entsorgt wird gibt es die Restlverwertung. Das hat mit Frische nichts zu tun, auch wenn es der Verschwendung etwas entgegenwirkt.
Die Speisekarten sind lang und alles soll verfügbar sein. Man will dem Gast viel bieten und der Gast will viel geboten bekommen. Wir leben in einem unvorstellbaren Überfluss. Doch wer schaut wirklich dahinter, was es braucht um diesen Überfluss aufrecht zu erhalten? Mein Anliegen ist es das aufzuzeigen.
Die Rohkost hat den Vorteil, dass man fast keine Gerichte aufbewahren kann. Wer ein wenig Erfahrung mit Frischekost hat, schmeckt den Unterschied. Ja, wer im Tilia’s essen will, muss sich bewusst dafür entscheiden. Einfach schnell etwas zwischen die Zähne schieben ist hier nicht drin. (lacht)

Chili-Gnocchi

Chili-Gnocchi mit Zedernkäsesauce. Bild: D. Pongritz

Für viele ist es eher ungewohnt sich schon vorher festlegen zu müssen, was man essen möchte. Findet sich dafür Kundschaft?

Wenn man einkaufen geht, legt man sich ja auch schon im Groben fest, was man dann zu Hause an Essen machen wird. Auch wenn es noch nicht die Massen sind, es gibt immer mehr Menschen, die diese Idee mittragen. Zwar gibt es einige, die nur die Idee dahinter toll finden. Sie finden es großartig, dass ich alles frisch zubereite, die Gäste kein Gericht von der Stange bekommen, sondern Wünsche einfließen lassen können. Dass bei Allergien und Unverträglichkeiten auch schon mal ein ganz eigenes Gericht gezaubert wird und ich sehr wenig entsorge. Doch sagen diese Menschen im gleichen Atemzug, dass das Konzept für sie persönlich nichts ist, weil sie sich nicht festlegen „können“. Die fühlen sich dann eben in anderen Gastrobetrieben wohl.

Müssen Sie nichts wegwerfen?

Ich werfe sehr wenig weg. Manchmal kommt es vor, dass etwas in der Pâtisserie übrig bleibt. Dann wird es verschenkt oder selbst gegessen. Wenn das gerade nicht geht, muss es leider weggeworfen werden. Das ist aber sehr selten.

Wer trotz Reservierung nicht kommt, muss eine Stornogebühr zahlen – ist das neu?

Wenn es ums Essen geht vielleicht schon. Von Kursen und anderen Veranstaltungen kennt man das schon lange. Ich hatte das am Anfang nicht. Da es aber öfter vorkam, dass Leute die Reservierung nicht eingehalten haben, einfach nicht erschienen sind, habe ich das umgestellt. Das Essen wird schließlich extra für diesen Gast zubereitet. Wenn es übrig bleibt, kann ich nichts damit anfangen. Das ist wie bestellte Ware nicht abholen. Natürlich kann etwas Unvorhersehbares eintreten. Doch dafür gibt es die Möglichkeit, das Essen abzuholen oder abholen zu lassen oder Ersatz zu schicken.

Tilia's Rohkost Restaurant

Alles raw bei Tilia’s Rohkost. Bild: D. Pongritz

Ist Ihr Modell eines, das andere übernehmen sollten?

Das will ich nicht beurteilen. Dieses Konzept passt zu mir, ob es zu jemand anderem passt, weiß ich nicht. Wer interessiert ist, kann gerne vorbei kommen, es sich anschauen und selbst entscheiden.

Bereiten Sie die Gerichte aus Überzeugung glutenfrei zu? Oder ist es nötig, weil viele Menschen eine Unverträglichkeit haben?

In der Rohkost gibt es nicht so viele bequeme Einsatzmöglichkeiten für Getreide. Es muss gekeimt werden um es in der Rohkost verwenden zu können. Das dauert viele Tage. Das war ein Grund um Getreide wegzulassen. Außerdem gibt es viel bekömmlichere Zutaten, wie zum Beispiel gekeimter Amaranth, den gibt es auch regional, oder gekeimte Braunhirse. Die Unverträglichkeit von vielen war der andere Grund.

Wieso sojafrei?

Sojabohnen können roh nicht gegessen werden. Ich selbst mag Sojaprodukte nicht, nur manchmal Sojasauce zu japanischem Essen.

Rohkost Patisserie

Geht auch roh: Patisserie aus Rohkost-Zutaten. Bild: D. Pongritz

Wie schmeckt vegane Rohkost-Patisserie?

Himmlisch! Ich habe Gäste, die von weit her kommen um Rohkost-Süßspeisen zu genießen.

Sie geben auch Workshops und haben einen Laden für Rohkost – haben Sie sich ganz der veganen Rohkost und der Nachhaltigkeit verschrieben?

Rohkost kann vegan sein, muss aber nicht. Im Falle von Tilia’s ist es vegan. Ich ernähre mich nicht 100% vegan. Ich esse manchmal Käse und Honig.
Ich fände es sehr traurig, ein Leben zu führen, das in eine einzige Schublade passt. Ich übe mich in Achtsamkeit und Bewusstheit. Daraus resultieren für mich unter anderem Werte wie Umweltschutz und Ressourcenschonung.

Mettigel für Veganer. Bild: D. Pongritz

Was essen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich unterscheide nicht zwischen Arbeit und Freizeit. Ich esse überwiegend Rohkost. Manchmal mag ich aber eine gekochte Suppe, sie braucht aber nicht heiß sein, in seltenen Fällen esse ich auch Chips und Pizza.

 

 

Tilias’s Rohkost – Laden, Pâtisserie, Restaurant
Kernöffnungszeit: Mittwoch bis Freitag von 09.00 – 15.00 Uhr

Klosterwiesgasse 6A 8010 Graz, www.tilias.weebly.com

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