Geselliger Geist

Bio als Konsumhaltung braucht weder Askese noch Weltuntergangsstimmung. Insbesondere, wenn es sich dabei um vergeistigte Edel-Kartoffeln handelt: Norderd Wodka aus dem Waldviertel.

»Eigentlich wäre ein Konzept Bio 2.0 notwendig«, meint Johann Ackerl. Sein Projekt Norderd Wodka, an dem der im niederösterreichischen Waldviertel verwurzelte Biobauer in den vergangenen zwei Jahren gefeilt hat und dessen  Endergebnis nun in einer bauchigen Flasche mit Henkel abgefüllt wird, entspricht diesem Gedanken. Norderd soll einen bewussten Stilbruch im bisherigen Bio-Sortiment darstellen. Aus ökologisch angebauten Erdäpfeln wird hochprozentiger Wodka, der dank der hellfleischigen Kartoffelsorte Lady Balfour (die übrigens nach der gleichnamigen englischen Pionierin der biologischen Landwirtschaft der 30er Jahre benannt ist) wie ein Edelbrand schmeckt – auf Wodka-Niveau destilliert.

Aus der Ruhe kommt die Kraft

»Ein Lieferant aus Laa an der Thaya hat noch eine alte Kartoffelbrennerei. Der macht mir den Rohalkohol«, erzählt Johann Ackerl. Für einen Brenndurchgang werden 150 Tonnen Bio-Kartoffeln zu einem Brei gemust, mit Wasser vermengt, kurz aufgekocht, ein unter gentechnikfreien Bedingungen hergestelltes Enzym wird beigefügt. Dann kommt eine Hefekultur hinzu, die den Zucker aufnimmt und ihn verstoffwechselt. In der dreitägigen Gärung der Maische vollzieht sich die Metamorphose zu Alkohol. Während billiger Industrie-Alkohol unter Zusatz von künstlichen, Schaum eindämmenden Silikonen hergestellt wird, darf die Waldviertler Maische vor ihrer Destillation in Ruhe gären. »Ich habe bis vor zwei Jahren überhaupt keinen Alkohol getrunken«, schmunzelt Johann Ackerl. Er ist dennoch einer, der sich auskennt. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Biobranche ist er einer ihrer Vorreiter, als er 1988 zusammen mit seiner Frau Elisabeth den Hof seiner Eltern übernimmt. »Bio-Kartoffeln waren für mich spannend, denn alle haben mir erzählt, dass es unmöglich ist Kartoffeln anzupflanzen, wenn du sie nicht spritzt.« Die ersten ungedüngten Kartoffeln gedeihen prächtig, doch es fehlt ein Absatzmarkt. Erst als Billa 1992, damals noch unter Gründer Karl Wlaschek, vier Jahre vor Verkauf an die deutsche Rewe-Gruppe, die Marke Ja! Natürlich einführt, finden sich erstmals Waldviertler Bio-Kartoffeln im Einzelhandel. Heute versorgt die Pur-Bioprodukte VertriebsGmbH, die Johann Ackerl
2003 mit befreundeten Bauern gegründet hat, Spar, Rewe und Hofer mit Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten von 150 ostösterreichischen Bauern. »Das ist ein Sammelbecken von kleinen bäuerlichen Betrieben, um großen Industriekonzernen ein Pendant zu bieten.«
Als Vorreiter sieht sich Ackerl auch heute mit seinem Bio-Wodka. In ihm sieht er »eine Facette einer Klammer zwischen urbanem Leben und dem prachtvollen Leben am Land. Beides für sich ist irgendwie mühsam, aber kombiniert ist es etwas Geniales.«

www.norderd.com

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