Gefundenes Fressen #14: Glyphosat
Hier schreiben Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter über Essen als essentielles politisches und kulturelles Thema. Teil 14.
WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen sind sich nicht einig, ob das Pestizid Glyphosat gesundheitsschädlich ist, oder eben nicht. Diese Unsicherheit belässt das Pflanzenschutzmittel weiterhin auf „dem Markt“. Es ist unter dem Namen „Round Up“ nicht nur für Großbauern und Bäuerinnen, sondern auch für HobbygärtnerInnen in sogenannten Gartenmärkten erhältlich.
Wer Glyphosat nicht im eigenen Garten oder für die Zimmerpalme verwenden möchte, nimmt das berühmte Pestizid vermutlich in Form von Soja – zb. im Sojalattetogo oder mit großer Wahrscheinlichkeit als Rindfleisch zu sich. Rinderkraftfutter für sogenanntes konventionelles Rindfleisch besteht oft aus südamerikanischem Soja. Europa braucht dieses Importprodukt, seit das Verfüttern von Tiermehl wegen der BSE-Krise verboten wurde. Europa benötigt viel Tierfutter aus Südamerika und deswegen muss zuerst der Regenwald weichen und dann jenes Unkraut weg, das die empfindlichen Sojapflänzchen am Wachsen stört. Glyphosat eignet sich recht gut, um alle Pflanzen außer gentechnisch verändertes und damit resistentes Soja umzubringen.
Aber auch in unserem täglichen Brot ist ein bisserl Glyphosat drin. 0,04 Gramm stecken in einem Kilo Brot. Das haben WissenschaftlerInnen des Joint Research Center der Europäischen Kommission für unser gemeinsames Ausstellungsprojekt: Market of Externalities recherchiert.
Für diese Eat Art Installation wollten wir also die „echten“ Pestizide anstelle von Brot ausstellen – einen Tisch damit decken. Das durften wir nicht – aus Sicherheitsgründen. Wir EuropäerInnen bekommen Glyphosat also zum Essen, aber in einem Museum ausgestellt werden darf das Pestizid nicht, weil das Ausstellen zu gefährlich ist.
Zweiter Versuch: Sonja steht am Tag der Eröffnung mit 50 gefüllten Einwegspritzen und Pipetten vor dem Publikum und bietet dem Vernissagenpublikum deren Inhalt begeistert zum Verzehr an. Sie lobpreist die Pestizide in den kleinen Gefäßen. Sie verteilt unter anderem Glyphosat, oder? Wer sich / ihr aber nicht traut, solle die bunten Flüssigkeiten an Martin verfüttern, schlägt Sonja vor. Von 50 Proben bekommt er 49. Das ist eine wahre Geschichte.