Gefährliche Biene Maja

(c) Matthias Hombauer

(c) Matthias Hombauer

Die Bienen- und Wespensaison wird zwar dieses Jahr eher durchschnittlich ausfallen, doch für Allergiker ist höchste Vorsicht geboten. Die Stiche sind für Gesunde ungefährlich, doch wer allergisch reagiert, muss schon bei einem einzigen Stich mit eventuell lebensbedrohlichen Folgen rechnen. Die Initiative Insektengift stellt umfassende Informationen und wertvolle Tipps zur Verfügung. BIORAMA im Interview mit Doz. Mag. Dr. Stefan Wöhrl vom Floridsdorfer Allergiezentrum in Wien.

 

BIORAMA: Man hört immer mehr über allergische Reaktionen nach Insektenstichen. Ist die Zahl der Allergiker angestiegen oder macht das nur den Eindruck? Woran liegt das?

Stefan Wöhrl: Die Zahl der Allergiker ist steigend aber nicht im Bereich der Insektengiftallergie. Etwa 1-4% der sind Bevölkerung betroffen.

Was passiert im Körper bei einer Allergie?

Die sogenannten IgE-Antikörper im Blut der Erkrankten reagieren mit an sich harmlosen Molekülen (Allergenen) im Insektengift. Bei einem einzigen Wespenstich kommen ca. 5.000 dieser Moleküle in den Organismus. Dies löst eine Kaskade von biologischen Reaktionen aus. Beim ersten Kontakt kommt es zur Sensibilisierung gegen ein Allergen und es werden vermehrt Antikörper produziert. Diese produzieren Botenstoffe, die für Abwehrreaktionen wichtig sind. Gelangt dann durch einen weiteren Stich wieder Gift in den Körper, verbinden sich die Allergene im Insektengift mit den Antikörpern und Abwehr-Botenstoffe (v.a. Histamin) wird ins Blut oder Gewebe abgegeben, die Symptome wie Juckreiz, Schmerzen und Schwellungen auslösen.

Welche Insekten sind gefährlich?

Wespen- und Bienengiftallergien sind die häufigsten Insektengiftallergien. Aber auch das Gift von Hornissen und Hummeln kann allergische Reaktionen auslösen, jedoch kommt dies seltener vor. Auch der „Stich“ von Ameisen kann allergische Reaktionen verursachen, spielt in unseren Breiten aber praktisch keine Rolle. Mücken und Bremsen lösen nur in sehr seltenen Fällen allergische Reaktionen aus.

Gefährlich wird das Gift für Kinder aber erst ab einer Menge von 50 und bei Erwachsenen ab 100 Stichen. Für einen Allergiker kann allerdings bereits ein einziger Stich tödliche Folgen haben.

Wichtig ist, aufzupassen, welches Insekt gestochen hat. Eine Bienengiftallergie bedeutet nicht unbedingt auch eine Sensibilisierung gegen Wespengift. Man muss die Insekten unterscheiden. Ein Kalender mit Information darüber, wann welches Insekt gefährlich ist, kann online abgerufen werden. Dort gibt es außerdem eine Übersicht über die wichtigsten Insektenarten und deren Merkmale um sie im Anlassfall schnell identifizieren zu können.

In welchen Gegenden muss man besonders aufpassen?

Bienenstiche häufen sich  im Bereich von Blumenwiesen, z.B. ungemähte Wiesen in Freibädern. Wespenstiche sind häufiger in Obstgärten, bei Holz, Mülltonnen und generell bei Essen im Freien. Wespenstiche sind häufiger in der 2. Jahreshälfte.

Stefan Wöhrl Bild: Richard Schuster (www.fotoschuster.com)

Stefan Wöhrl
Bild: Richard Schuster (www.fotoschuster.com)

Wie erkenne ich bevor ich gestochen werde, ob ich allergisch bin? Sollte ich mich testen lassen, auch wenn ich noch nie Beschwerden hatte?

Einer Normalreaktion entsprechen Juckreiz, Schmerzen, Rötung, Schwellung unter 10 cm für weniger als 24 Stunden. Prophetische Testungen, also wenn keine Beschwerden vorliegen, sollten wegen der Gefahr falsch positiver Tests nicht durchgeführt werden.

Woran erkenne ich, dass eine allergische Reaktion ernsthaft gefährlich ist?

Meist weist eine große Lokalreaktion die mehr als 24 h dauert und auf über 10 cm Durchmesser anschwillt, darauf hin. Alle Reaktionen, die über Symptome an der unmittelbaren Stichstelle hinausgehen, und Teile eines allergischen Schocks sind, sind gefährlich, z.B. Nesselausschlag, Schwellungen, Juckreiz am gesamten Körper, Atemnot, Schwindel, Durchfall, Bewusstseinsverlust, Herz-Kreislaufstillstand bis zum Tod.

Wie leiste ich Ersthilfe?

Nach einem Stich gilt es für Allergiker bzw. die  Begleitpersonen rasch zu handeln. Der Stachel muss entfernt werden, eventuell mitgeführte Notfallmedikamente sollten eingenommen werden. Ein rasch wirksames Antihistaminikum (zB Medikament gegen Heuschnupfen) und Kortison sollten sofort eingenommen werden, wenn vorhanden. Adrenalin als Fertigspritze kommt zum Einsatz, wenn die Reaktion über die lokale Einstichstelle hinausgeht, also z.B. Schwellung des Kehlkopfs, Schwindel, Übelkeit, Engegefühl im Brustbereich etc., eventuell muss auch ein Notarzt gerufen werden.

Wichtig ist auch, beengende Kleidungsstücke auszuziehen und Atemwege freizuhalten. Wenn ein Schock, samt kaltem Schweiß, Blässe, Schwindel auftritt, den Betroffenen in die Schocklagerung bringen – auf den Rücken legen und die Beine hochlagern. Bei Bewusstlosigkeit sollte der Allergiker in die stabile Seitenlage gebracht und seine Lebenszeichen überwacht werden. Genauere Informationen findet man auch auf der Website.

Wie funktioniert die spezifische Immuntherapie? Worauf muss sich der Patient einstellen?

Die spezifische Immuntherapie, auch bekannt als Allergieimpfung, Desensibiliserung, oder Hyposensibilisierung versucht wieder einen Toleranzzustand zu erzeugen. Das wird erreicht, indem allmählich steigernd in Abständen wöchentlich unter die Haut eine kleine Allergenmenge gespritzt wird. Dadurch kann sich das Immunsystem wieder daran gewöhnen und die übertriebene und schädliche allergische Immunantwort wird rückgebildet. Nach 3-4 Monaten wird die Erhaltungsdosis, die in etwa der Giftmenge von 2 Stichen entspricht, erreicht, ab nun ist ein monatliches Impfintervall notwendig. Die Therapie wird im Allgemeinen über 3-5 Jahre fortgesetzt.

Der Patient kann sich auf eine der erfolgreichsten Therapieformen in der Medizin mit einem bis zu 90%-igen Schutz beim nächsten Stich einstellen. Die Therapie wird von den Krankenkassen übernommen. Der Patient muss allerdings über die gesamte Therapiedauer bei der der „Stange“ bleiben, um einen maximalen Schutz zu erreichen.

Die zweite Säule der Therapie bei Patienten mit der Geschichte von schweren Stichreaktionen ist die Verordnung von Adrenalin in speziellen Geräten in Stiftform, die der Patient sich im Notfall selbst verabreichen kann.

 

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