Die Zukunft unseres Essens
Essen wandelt sich von der puren Nahrungsaufnahme zum sinnlichen Event. Begegnet wird dieser Entwicklung sowohl mit der Ursprünglichkeit Großmutters Küche als auch mit exotisch-experimentellen Fusion-Kochstudios. Wie beides vereinbar ist, skizziert Hanni Rützler im Food Report 2014. Auch Themen wie Gesundheit und Neo-Ökologie bestimmen unseren Speiseplan. Die Herausforderung wird sein, diese mit dem Konsumentenbedürfnis nach Genuss und Sinnlichkeit in Einklang zu bringen.
Der Überfluss des Angebots macht Konsumenten hierzulande zu schaffen. Das Auslaufmodell des Vorratskammer-Supermarktes biete für die Wenigsten eine ideale Einkaufslandschaft, kritisiert Rützler die unsichere Einzelhandelsbranche. Die Zukunft gehört den Einkaufserlebnissen, den Anregungen, dem Dialog. Der Kunde von morgen will Bequemlichkeit und sinnliches Erlebnis vereinen und muss den Einkauf zukünftig in einem dynamischen Haushaltsteam organisieren. Innovationen im gesamten Einkaufs-Prozess, vor allem in der Kommunikation, sind gefragt. Die Autorin sieht vor allem die schleppend reagierende Retail-Branche unter Zugzwang.
Auch auf die Gastronomie kommen neue Aufgaben zu. Konsumenten wollen nicht nur über die Nahrungsmittel sondern auch über deren Geschichte erfahren und der Identifikation mit ihrem Essen wieder ein Stück näher kommen. Das macht eine neue Rolle notwendig – die des Moderators zwischen Produzent und Gast. Denn wer einen fruchtbaren Dialog erschafft, ermöglicht seinen Kunden auch einen neuen, bewussteren und emotionaleren Bezug zum Ursprung ihrer Nahrung.
Die Palette der aktuellen Küchenphilosophien reicht von modern bis retro, von Reduktion bis Kombination. Traditionelles gehört innovativ verpackt und nicht muesalisiert, so Rützler, die Gründerin des Futurefoodstudios. Dabei stehen bewusstes Schmecken und sinnliches Erleben im Zentrum. Formen, Farben, Gerüche und assoziatives Ambiente sollen unterstreichen, was der Genießer mit allen Sinnen wahrnehmen soll. Auch für alltägliche Grundnahrungsmittel wird Differenzierung zum Thema. Alte Sorten und wilde Pflanzen sind die Exotik der Ursprünglichkeit während fremde Produkte selbstverständlich und gleichberechtigt mit regionalen am Speiseplan stehen.
Essen ist mehr als Ernährung
Auch die Megatrends Gesundheit und Neo-Ökologie, spiegeln sich auch auf unseren Tellern wider. Das bedeutet nachhaltige Ernährung, umweltbewussten Lebensstil und verantwortungsvollen Konsum. Auch das Re-use und Recycle-Konzept sowie eine neue Kultur des Teilens werden wichtiger. Beispiel dafür ist die Plattform Foodsharing (www.foodsharing.de; www.myfoodsharing.at). Das Selbstkochen ist wieder en vogue und sollte durch entsprechende Angebote stärker forciert werden.
Rützler sieht gesundes Essen ganz und gar nicht im Widerspruch zu Genuss und Sinnlichkeit, denn bewusster Konsum kann beides vereinen. Wichtig ist dabei die attraktive Präsentation von Gesundem. Nur wenn Essen mehr ist als Ernährung, werden Genuss und Gesundheit vereinbar. Und nur was man wirklich genießt, kann auch gesund sein. Das Weglassen kritischer Inhaltsstoffe, wie Gluten und Laktose, genauso wie die Aufwertung pflanzlicher Lebensmittel, brachte durch Verzicht eine neue Produktvielfalt. Diese innovativen Angebote können nun von allen als Bereicherung erfahren werden.
Informationsbedarf
Informationen, vor allem individualisierte und zielführende, scheinen noch weitgehend zu fehlen. Schwierig ist es heute vor allem, im Label-Dschungel und aus Greenwashing-Marketingbotschaften, Hilfreiches herauszufiltern. Zahlreiche Angebote wie Einkaufs-Apps bringen oft nur noch mehr Verwirrung. Doch die Rückkehr zum althergebrachten Beratungs-Konzept scheint nur Zukunft zu haben, wenn sie mit modernem Denken kombiniert wird, wie es zum Beispiel der Laden von Emmas Enkel vorlebt.
Orientierung an innovativen Vorreitern
Hanni Rützler hat für den Foodreport 2014 mit Sicherheit einige der innovativsten Konzepte im Bereich Retail und Gastronomie ausfindig gemacht. Es ist schön, dass nachhaltige Strategien, Rückbesinnung auf Ursprüngliches und gesundes Essen durch digitale Vernetzung und unkonventionelle Methoden bereichert und für eine breitere Masse attraktiv werden können. Wie viele der heutigen Konsumenten für die vorgestellten Ansätze schon bereit sind und wie viele der Anbieter in der Lage wären diese auch umzusetzen, sei dahingestellt. Doch entwickelt sich unsere Gesellschaft entlang der Megatrends weiter nach Rützlers Prognose und orientiert sich an den innovativen Vorreitern, so kann das nur eine Bereicherung an Flexibilität, Vielfalt und Qualität für unser Essen von morgen bedeuten.
Weitere Infos: www.zukunftsinstitut.de