Ein Buch zum Weiterdenken

Mit „Ausnahmezustand“ legt Fred Luks den vierten Band seines Weltrettungs-ABCs vor. Es geht um globale Krisen – gewohnt pointiert. 

Zur Buchpräsentation wurde unter das Deckengemälde im Barocksaal des Alten Wiener Rathauses geladen.

Fred Luks hat ein neues Buch geschrieben. „Ausnahmezustand – Unsere Gegenwart von A bis Z“ heißt es. Darin stellt der Wiener Autor mit deutschen Wurzeln eine Zeitdiagnose an. In 26 Kapiteln von A wie Ausnahmezustand bis Z bis Zukunftsbilder. In jedem Kapitel geht es um ein Symptom unserer Zeit. Wessen Zeit mit „unsere“ überhaupt gemeint ist – darum geht es im Kapitel W wie Wir. C wie Clusterfuck. K wie Kapitalismuskritik. Q wie Quacksalberei. X wie X7. Überraschende Kapitel tauchen da auf. Und alle 26 hängen irgendwie zusammen.

Für die Buchpräsentation hat sich Autor Fred Luks den Barocksaal in Wiens Altem Rathaus ausgesucht. Unter dem Deckengemälde kamen dazu überraschend viele Menschen zusammen, die Fred Luks alle gut zu kennen schien. Als „Mischung aus Privatparty und Pressekonferenz“ wollte Luks die Präsentation verstanden wissen. Das beschreibt auch ganz gut das Geschäftsmodell des gut vernetzten Nachhaltigkeits-Autors: „Seit ich in Wien bin, versuche ich, Menschen, die normalerweise nicht miteinander reden, dazu zu bringen, miteinander zu reden, über Themen, über die sie normalerweise nicht reden.“

Wo lässt es sich schon besser über Lösungen für Gegenwartsprobleme diskutieren, als unter einer Gerechtigkeitsallegorie und einer barocken Darstellung des Salomonischen Urteils? Wobei: um konkrete Lösungen geht es Fred Luks in „Ausnahmezustand“ gar nicht wirklich, auch wenn das Buch der vierte Band seiner Buchreiche „Weltrettungs-ABC“ ist. Die fehlenden Lösungsansätze, Appelle und Forderungen bemängelten dann auch die Kulturwissenschaftlerin Eva Horn und der Politikwissenschaftler Ulrich Brand, die zur wohlgesonnenen Diskussion mit dem Autor geladen waren.

Eva Horn hat beim Lesen von „Ausnahmezustand“ nach eigener Erzählung viel gelernt. Zum Beispiel, dass die Commons-Bewegung doch nicht der große Wurf ist, für den sie ihn bisher gehalten hatte, sondern doch eher eine populistisch vereinfachende Antwort auf komplexe Fragen. Solche Paradoxien, teilweise provokant zugespitzt, liefert das Buch anhand von unzähligen Beispielen. „Die Frage, die ich mir gestellt habe ist, wann lösen sich die Paradoxien eigentlich auf? Aber das tun sie nicht. Sie entfalten sich immer weiter“, musste Horn feststellen. Das Prädikat Ulrich Brands lautet: „Es ist ein wunderbares Buch, und es ist ein deprimierendes Buch. Es ist eine Untertreibung wenn Fred Luks sagt, er habe bloß beobachtet und gelesen, um es zu schreiben.“

„Das Buch ist der Versuch, die imperiale Lebensweise weiterzudenken.“ Das sagt der Autor selbst über sein Buch. Die imperiale Lebensweise, die von den Politologen Ulrich Brand und Markus Wissen als Grundlage von Ausbeutung aller Art beschrieben wurde, sei es schließlich, auf die man an der Wurzel so vieler globaler Probleme stoße, wenn man nur bewusst genug danach sucht. „Wir erleben unglaubliche Eskalationsprozesse sozialer, ökonomischer, politischer und – völlig unterschätzt – ökologischer Art“, ist Fred Luks überzeugt. Diese Prozesse erst einmal zu verstehen und verständlich zu machen – darin sieht er seine Aufgabe als Autor.

Dafür hat Fred Luks Unmengen von aktueller Literatur durchgeackert und sie pointiert und unterhaltsam aufgearbeitet. „Ausnahmezustand – Unsere Gegenwart von A bis Z“ kann man deshalb auch als Ansammlung von Anregungen zum sozialwissenschaftlichen Weiterdenken lesen. Jedes der 26 Kapitel verweist auf Autorinnen und Autoren, die Luks in den vergangenen Monaten intensiv beschäftigt haben. Ein Service vom Autor, der scherzhaft sagt: „Ihr müsst das jetzt nicht mehr alles lesen. Ich habe das ja schon für euch gemacht.“


Im BIORAMA-Interview haben wir uns schon letztes Jahr mit Fred Luks über den Ausnahmezustand unterhalten. Das kann man hier nachlesen. 

„Ausnahmezustand – Unsere Gegenwart von A bis Z“ ist im Verlag Metropolis erschienen (Hardcover, 28 EUR)

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