Filmrezension: »Die Eiche – Unser Zuhause«
Ein Film für alle, die sich am großen Krabbeln, Fressen und Gefressenwerden im Schatten einer mächtigen Eiche erfreuen können
Urtümlich, überzeitlich, beständig; das ist die Eiche. Mehr als tausend Jahre kann sie alt werden. Und das Keimen der Stieleiche (Quercus robur), die sich Laurent Charbonnier und Michel Seydoux als Schauplatz ihrer Naturdoku ausgesucht haben, wird auf das Jahr 1810 datiert. Sollten ihr nicht Klimawandel, Motorsäge oder Wirbelsturm zu Leibe rücken, hat der Baum also noch einiges vor sich. Wo genau er steht, erfahren wir nicht: irgendwo in Frankreich vermutlich, einigermaßen solitär, am Ufer eines Gewässers, das sich durch eine Waldlandschaft zieht, wie die Drohnenaufnahmen zeigen.
Zufluchtsort und Zuhause: ein alter Baum
Eigentlich ist sein Standort auch unerheblich. Denn was wir in 80 Minuten mit wortloser Opulenz ganz ohne wertenden Kommentar zu sehen bekommen, steht repräsentativ für die Natur vor unserer Haustür. Wobei der Untertitel »Unser Zuhause« natürlich die Tierwelt meint, die der Baum beheimatet, schützt und nährt. Wenn nicht gerade eine Wildsau ihre Schwarte an der Borke wetzt, ist das durchaus spektakulär, und wird sich draußen auch nicht einfach so selbst beobachten lassen; etwa die Metamorphose des Haselnussbohrers (einem Rüsselkäfer) oder die Hektik einer Mäusefamilie als ihr unterirdischer Bau und Eicheldepot von einem Frühlingsregen geflutet wird.
Zweimal erleben wir – untermalt vom dynamischen Soundtrack – auch richtiges Drama: als der Eisvogel warnt, weil sich eine Äskulapnatter den Baum hoch schlängelt, wo im Kobel das Eichhörnchen seine Jungen aufzieht und im Nest die Küken der Eichelhäher auf Futter warten; und bei der wilden Flucht eines Eichelhähers vor einem Habicht – diese Verfolgungsjagd ist aufregend wie ein Quidditch-Turnier bei »Harry Potter«. Richtig großes Kino.
Ab 9. März 2023 in Deutschland und ab 10. März 2023 in Österreich im Kino.