Fast Fashion im Museum
Eine Ausstellung im Textilmuseum St.Gallen widmet sich den Schattenseiten der Billigmode. Ein Thema, das aus jeder Fußgängerzone in die Dumping-Fabriken rund um den Globus führt.
Von musealem Wert sind Dinge, die lange Bestand haben und deren Wert auch durch ihre Langlebigkeit entsteht. Das klingt schön, ist aber nicht ganz richtig. Ins Museum gehören viele Dinge, die Aufschluss geben über die Natur und Kultur. Die Spuren von längst Vergangenem lassen sich im Museum entdecken, und manchmal auch schnell Vergehendes.
Im Textilmuseum St.Gallen widmet sich gerade eine Ausstellung einer besonders vergänglichen Produktgruppe, die noch dazu viel Aufschluss über unsere Konsumkultur und unseren Umgang mit natürlichen Ressourcen bietet. Es geht um Fast Fashion.
Unter Fast Fashion versteht man das, was man in den Shopping-Gegenden unserer Städte an jeder Ecke kaufen kann. Schnelllebige Mode, für kurze Fashion-Zyklen produziert in oft haarsträubender Qualität und unter fürchterlichen Bedingungen. Seitdem die großen Modeketten immer hochfrequenter wechselnde Trends und Moden bedienen, und monatlich ihre Filialen mit neuen Kollektionen vollstopfen, ist Kleidung zum Wegwerfprodukt degradiert. Und das hat Konsequenzen.
Die Schattenseiten der Mode
Um diese Konsequenzen geht es in der St.Gallener Ausstellung. Sie widmet sich den Schattenseiten des globalen Textilgeschäfts, die Teil einer perfiden Strategie von Mode-Unternehmen sind. „Diese Unternehmen zielen darauf ab, vor allem junge KundInnen auf allen Medienkanälen auf sich aufmerksam zu machen, häufiger in die Läden zu locken und zum Kaufen zu animieren“ heisst es in der Ausstellung, die Fast-Fashion in großer Deutlichkeit als ein widerliches Geschäftsmodell darstellt.
Bei vielen Besuchern trifft die Ausstellung damit auf offene Ohren, schließlich ist das Bewusstsein für die negativen Aspekte der Art und Weise, auf die Mode in unserer Konsumkultur verankert ist, in den vergangenen Jahren gewachsen. Genau wie beim Thema Nahrung, wo es die Gegenbewegungen Fast Food und Slow Food gibt, bildet sich eine starke Bewegung und Zielgruppe für Slow Fashion.
Dafür hat es – wie so oft – ein medienwirksames Fanal gebraucht: den Einsturz der Dumping-Näherei Raza Plaza in Bangladesh 2013 mit 1127 Toten. Die Katastrophe hat weltweit vor Augen geführt, dass es ganz handfeste Auswirkungen hat, wenn dort gespart wird, wo Mode produziert wird, wo Menschen für die Konsumgelüste anderer schuften, und widrigsten, unsozialen Bedingungen.
Sechs Stationen, sechs Schwerpunkte
Die Ausstellung in der Schweiz beleuchtet drei schattige Seiten des Geschäfts mit Wegwerfmode. Unter dem Titel Konsum, Ökonomie und Ökologie werden die Zusammenhänge zwischen dem Konsum und der Ausbeutung natürlicher Ressourcen analysiert. Beim Schwerpunkt Fashion & Victims geht es nicht um das, was man gemeinhin als Fashion Victim bezeichnet, sondern um die tatsächlichen Opfer im Produktionszylus von Bekleidung.
Bei der Assstellungs-Station Mangel & Überfluss wird der Film Unravel der indischen Filmemacherin Meghna Gupta gezeigt, der sich mit Recycling von westlicher Kleidung im nordindischen Panipat beschäftigt. Eine Litfaßsäule gibt unter dem Titel Global & Lokal Aufschluss über die weltweite Vernetztheit textiler Wertschöpfungsketten.
Um Textilarbeiter in der Türkei geht es unter der Headline Lohn & Gewinn. Am Ende des Rundgangs widmet sich eine Installation dem Thema Slow Fashion – gewissermaßen als zusammenfassende Antwort auf gezeigte Missstände und als normatives Wrap-up dessen, was Besucherinnen und Besucher der Ausstellung zuvor erkundet haben.
Hier geht es zur Website des Textilmuseums St.Gallen.
Die Ausstellung läuft vom 26.Oktober 2016 bis zum 5. Juni 2017.