Der gute Weg

Ernennung_Gablitz

Gemeinde Gablitz

Fairtrade-Gemeinden gibt es auf der ganzen Welt – in Österreich sind es mittlerweile an die 90, in Deutschland über 140. Vielleicht lebst auch du in einer davon? 

»Da ich oft das Gefühl habe, dass wir auf Kosten der armen Menschen leben, möchte ich bewusst auf fair gehandelte Produkte setzen, damit immer mehr Menschen dafür sensibilisiert werden, dass nur ein fairer Weg ein gutes Miteinander ermöglichen kann«, ist Rosi Gmeiner aus der Fairtrade-Gemeinde Großriedenthal in Niederösterreich überzeugt. So wie sie denken offensichtlich immer mehr Menschen. Denn die Anzahl der Fairtrade-Gemeinden in Österreich wächst – und folgt damit einem internationalen Trend: In den letzten 13 Jahren wurden 1.200 Gemeinden in 24 verschiedenen Ländern zu Fairtrade-Gemeinden ernannt. Eine Fairtrade-Gemeinde hat dabei nichts mit Religion oder Kirche zu tun, wie der Name vielleicht vermuten lässt. Vielmehr geht es um politische Gemeinden, die sich auf freiwilliger Basis für den fairen Handel engagieren wollen. Das Projekt geht von der Organisation Fairtrade aus, die fair gehandelte Waren mit einem Sozialsiegel auszeichnet. Wenn eine Gemeinde bestimmte Kriterien erfüllt, wird sie als Fairtrade-Gemeinde, Stadt, Bezirk oder Region ausgezeichnet.

Bottom-up-Strategie

Diese Kriterien sind international festgelegt. Will eine Gemeinde Fairtrade-Gemeinde werden, muss sie fünf Ziele erfüllen: Sie muss sich anhand einer Resolution zum fairen Handel bekennen, eine Fairtrade-Arbeitsgruppe gründen, Lobbying innerhalb der Gemeinde betreiben und die Verwendung von Fairtrade-Produkten forcieren. Das mag für manche Menschen nach Ideologie klingen – doch der faire Handel stützt nachweislich ein gerechteres Welthandelssystem im Sinne einer Bottom-up-Strategie: Von der regionalen Ebene aus (geändertes Konsumverhalten) soll ein allgemeiner Wandel (gerechteres Weltwirtschaftssystem durch faire Preise für die Produzenten) erfolgen. »Fairtrade-Gemeinden positionieren sich entwicklungspolitisch und setzen so ein Zeichen für die weltweite Armutsbekämpfung«, betont Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich.

Gemäß dem Motto »Think global, act local« handelte vor über zehn Jahren auch Bruce Crowther. Er initiierte gemeinsam mit Mitstreitern das Fairtrade-Towns-Projekt: im Jahr 2000 ernannte sich Garstang in England zur ersten Fairtrade-Stadt weltweit. In Österreich startete das Projekt sieben Jahre später. Am 19.04.2007 wurde der Wiener Bezirk Wieden zum ersten Fairtrade-Bezirk des Landes ernannt. Mit Mönichkirchen und Wiener Neustadt folgten bald danach die ersten Fairtrade-Gemeinden. Mittlerweile gibt es diese Gemeinden in vier Bundesländern: in Nieder- und Oberösterreich, der Steiermark und Wien. Gemessen an der Größe des Landes ist das ein beachtlicher Erfolg für den fairen Handel. In Deutschland, wo 2009 die ersten Fairtrade-Towns ernannt wurden, sind es mittlerweile rund 140, in der Schweiz ist das Projekt noch in der Planungsphase.

Keine Konkurrenz für regionale Bauern

Wie wird man nun aber Fairtrade-Gemeinde? Zunächst einmal müssen die Entscheidungsträger der Gemeinde von der Idee des fairen Handels überzeugt werden. Diese Überzeugungsarbeit ist nicht immer leicht, wie Adrie Danner aus eigener Erfahrung weiß. Sie berät seit September 2012 Gemeinden im Bundesland Salzburg: »Es gibt manche Gemeinden, die sich keinem Siegel verpflichten wollen. Dann höre ich auch immer wieder das Argument, dass die Gemeinden die regionalen Bauern unterstützen möchten, anstatt Produzenten am anderen Ende der Welt. Ich erkläre ihnen dann, dass durch Fairtrade keine Konkurrenz besteht, weil es sich bei Fairtrade-Produkten um Waren handelt, die bei uns aufgrund des Klimas nicht oder nicht in ausreichender Menge produziert werden können. Dadurch werden diese Einwände meist entkräftet“. Und das mit Erfolg:  Adrie Danner hat bereits drei Gemeinden im Bundesland Salzburg davon überzeugt, eine Resolution zu verabschieden. Hallein wird noch 2013 die erste Fairtrade-Gemeinde Salzburgs werden. Die Stadt Salzburg und die Gemeinde Oberndorf sollen folgen.

Im Fairtrade-Towns-Projekt geht es aber nicht nur um ein Umdenken in Sachen Konsumverhalten, sondern auch um Bewusstseinsbildung. Überall in den Fairtrade-Gemeinden gibt es regelmäßig Vorträge, Workshops, Feste und Infoveranstaltungen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, den fairen Handel zu bewerben. Die Fairtrade-Gemeinde Perchtoldsdorf hat beispielsweise ein Fußballspiel organsiert. Dieses lief allerdings alles andere als fair ab – und das mit voller Absicht: Ein Zweierteam schlüpfte in die Rolle der Länder des Südens und musste in Unterzahl gegen acht Gegenspieler antreten, die wiederum in die Rolle der Länder des Nordens schlüpften. Auch die Spielbälle waren unterschiedlich groß – natürlich zu Lasten der südlichen Länder. Mit dieser Aktion wollte Perchtoldsdorf auf die ungerechte Verteilung der Ressourcen zwischen Nord und Süd aufmerksam machen. Wer letztendlich gewonnen hat, ist nicht überliefert. Sicher ist jedoch: Das Spiel endete mit einem Handschlag und dann wurde gemeinsam gefeiert.

www.fairtradetowns.org

www.garstangfairtrade.org.uk

VERWANDTE ARTIKEL