Fahrräder lesen

Die winterlichen Temperaturen hinterlassen ihre ersten Spuren – sie vereisen meine Hirnströme und lassen mich langsamer denken. Es geht um die Buchmesse „Buch Wien08„, die vor gut zwei Wochen stattgefunden und mir zwei interessante Begegnungen beschert hat.

Die mit dem schrulligen Soziologen Roland Girtler, der mir seine kalten Finger mit der Entschuldigung „I bin grod mit dem Radl her gfoan“ entgegenstreckt, bei Minus zwei Grad und wildem Schneegestöber. Das ist selbst mir Winterradlerin zu heftig. Irgendwo muss es Grenzen geben. „Oba geh. Des bissl Schnee und die Ködn mochn doch nix“, sagt der Girtler, ein 67-jähriger Uniprofessor und Fahrradfreak. Einer der jeden Tag fährt und das sogar mit seinen wissenschaftlichen Studien kombiniert. Das Buch „Vom Fahrrad aus – Kulturwissenschaftliche Gedanken und Betrachtungen“ ist 2004 erschienen.

Ganz aktuell ist der Bildband „Smart Move“ vom Fotografen Bernhard Angerer, der darin 50 unterschiedlichste Fahrräder aus der Sammlung Embacher zeigt. Der Designer Michael Embacher ist, wie der fitte Girtler, ein Fahrradfreak. Einer der offenbar viel Geld hat und dieses in Rennräder aus den 60er Jahren, Klappräder mit auffällig klugen Mechanismen und Reiseräder in besonders liebevoller Ausführung investiert. Einer der das Radfahren auch mit seiner Arbeit verbindet. „Smart Move“ dokumentiert die Design-Geschichte des Fahrrades und bietet darüber hinaus launige Texte von Konrad Paul Liessmann, Dagmar Moser und Kurt Palm über das Erste Mal, das Lernen und die Weiten der Landschaften.

Praktisch. So kann man die Minusgrade überstehen ohne ganz aufs Fahrrad verzichten zu müssen. Und wenn man Roland Girtler heißt, radelt und liest man wahrscheinlich gleichzeitig und genießt dabei noch den Eisregen im Gesicht.

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