E wie Eisradeln

Minusgrade können Akkus von E-Bikes zusetzen und die Reichweite verkürzen. Tipps für eine sichere Winterausfahrt.

Fahrrad im Winter
Breite Fahrradreifen sind im Winter ein Must-Have. Bild: Istock/FilmColoratStudio.

Die Fahrradbranche boomt: Im Jahr 2020 wurden laut dem deutschen Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) allein in Deutschland mehr als fünf Millionen Fahrräder verkauft, darunter rund zwei Millionen E-Bikes. Das ist bei der elektrischen Variante ein Plus von 16,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, der Gesamtumsatz der Fahrradbranche in Deutschland konnte sogar um 60,9 Prozent gesteigert werden. Im Winter nimmt die Zahl der RadfahrerInnen laut einer Erhebung des deutschen Verkehrsministeriums aus dem Jahr 2017 deutlich ab. Im Sommer machen Fahrräder bis zu 14 Prozent des Verkehrsaufkommens aus, in den Wintermonaten halbiert sich dieser Wert. Als Hauptgrund, warum sich Menschen im Winter seltener auf den Sattel schwingen, wird in einer ADAC-Umfrage aus dem Jahr 2020 die erhöhte Sturzgefahr genannt. Deutlich gesundheitsfördernder, als im Winter nicht Fahrrad zu fahren, ist es allerdings, mit den richtigen Sicherheitsvorkehrungen in die Pedale zu treten.

Der Deutsche-Zweirad-Industrie-Verband (ZIV), ist eine Interessenvertretung der deutschen und internationalen Fahrradindustrie und vertritt rund 100 Mitgliedsunternehmen gegenüber Gesetzgebern, Behörden und Medien.
ziv-zweirad.de

Winterpflege

Will man auf der sicheren Seite sein, ist es wichtig, Bremsen und Beleuchtung des Fahrrads zu überprüfen – das gilt besonders in der kaltnassen Jahreszeit: Wichtig sind nicht nur Vorder- und Rücklicht, sondern auch ein weißer Reflektor auf der Vorderseite des Rads, ein roter auf der Hinterseite und gelbe Reflektoren an den Pedalen sowie Katzenaugen oder Reflektorstreifen an den Speichen. Die Kette mitsamt den Kettenblättern und der Kassette sollte vor allem im Winter regelmäßig gereinigt und geölt werden, da Streusalz zu Korrosionsschäden führen kann. Will man, dass das Rad nach der Fahrt durch Matsch und Schnee wieder strahlt, genügt ein Griff zu Bürste, Wasser und milden Seifen – Hochdruckreiniger können vor allem E-Bikes schaden und auf Dauer kaputtmachen, da Wasser in die Motorabdeckung eindringt und den Motor schädigt.

Es kommt nicht nur auf die Breite an

Für guten Grip braucht man im Winter einen eher breiteren Reifen mit Profil. Dadurch wird die Auflagefläche vergrößert, die Haftung verbessert und man rutscht nicht so leicht auf nassem Untergrund. Am besten eignen sich daher im Winter Trekking- oder Mountainbikes, aber auch Gravelbikes mit breiteren Reifen, sagt David Eisenberger, Pressesprecher beim ZIV. Es gibt auch spezielle Fahrradwinterreifen, die durch ihr Profil und die weichere Gummimischung bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen mehr Bodenhaftung als herkömmliche Reifen versprechen. Bei Glatteis gelten Spikereifen als verlässliche Unterstützer und helfen, den Grip zu behalten. Wichtig ist auch der richtige Reifendruck. Idealerweise ist dieser niedriger als im Sommer und kann auf das von den Herstellern empfohlene Mindestmaß – das auf den Mantel geschrieben ist – reduziert werden.

Fahrstil: sicher

Bodenmarkierung Fahrrad
Den Fahrstil den Witterungsverhältnissen anpassen heißt: Vorrausschauend fahren, in Kurven ruhig ausrollen und besondere vorsichtig bei Straßenbahnschienen, Bodenmarkierungen, Kopfsteinpflastern und Brücken sein. Bild: Istock.com/Olaser.

Feuchte, kalte Fahrbahnen bedeuten nicht nur geringere Haftung, sondern auch einen längeren Bremsweg. Daher ist es wichtig, vorsichtig und vorausschauend zu fahren, den längeren Bremsweg – vor allem bei den schwereren E-Bikes – miteinzuberechnen und in Kurven weder zu bremsen noch in die Pedale zu treten, sondern ruhig auszurollen, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Besondere Vorsicht bei Straßenbahnschienen, Bodenmarkierungen, Kopfsteinpflastern und Brücken: Hier besteht häufig noch größere Rutschgefahr als auf normalen Straßenbelägen.

Weniger Reichweite im Winter

Die Wohlfühltemperatur des Akkus liegt zwischen 10 und 25 Grad. Fällt die Temperatur darunter, arbeitet er nicht mehr so effizient und büßt Reichweite ein.

Das Herzstück eines jeden elektrischen Fahrrads ist sein Akku. Als Komfort-Features gibt es für das Radeln im Winter neben der Antriebsunterstützung beheizbare Sättel und Lenkergriffe, die akkubetrieben für wärmere Hände und Füße sorgen. Die Wohlfühltemperatur des Akkus liegt zwischen 10 und 25 Grad. Fällt die Temperatur darunter, arbeitet er nicht mehr so effizient und büßt Reichweite ein, außerdem kann es vorkommen, dass der elektrische Antrieb eines E-Bikes bei Schnee und Matsch zeitverzögert und mit einem höheren Drehmoment einsetzt. Für Akkus, die im Rahmen des Bikes integriert sind, sind Temperaturen unter 10 Grad normalerweise kein Problem, abnehmbare Akkus sollte man vor der Kälte schützen – Neoprentaschen können hier Abhilfe schaffen. Nach der Fahrt empfiehlt es sich, das E-Bike regengeschützt abzustellen, den Akku abzunehmen und anwärmen zu lassen, bevor man ihn ans Netz steckt, denn starke Temperaturwechsel begünstigen Kondenswasser, was zu Schäden am Akku führen kann.

Umgangssprachlich und auch in diesem Text werden alle Fahrräder mit Elektrounterstützung als E-Bikes bezeichnet, obwohl sich E-Bikes von Pedelecs unterscheiden: Pedelecs werden mit Muskelkraft betrieben und bei Bedarf von einem Motor unterstützt. E-Bikes benötigen keinen Pedalimpuls und können rein elektrisch betrieben werden.

Nachhaltigkeit für die Branche Neuland

So komfortabel ein elektrischer Antrieb beim Fahrradfahren auch ist, so groß ist auch sein ökologischer Fußabdruck. Zur Herstellung der Lithium-Ionen-Akkus werden Lithium und Kobalt benötigt. Der Abbau beider Rohstoffe führt zu sozialen Problemen in den Abbaugebieten, zudem müssen Kobalt und Lithium einen weiten Weg zurücklegen, bevor sie im E-Bike-Akku landen. Das stelle die Industrie erstmals vor eine Nachhaltigkeitsfrage, sagt David Eisenberger. Früher habe man sich seltener Gedanken über die Nachhaltigkeit bei Fahrrädern gemacht, weil das Produkt Fahrrad ja per se für ein nachhaltigeres Fortbewegungsmittel stehe, das habe sich spätestens mit dem Aufkommen des Elektrorads verändert. »Es gibt noch keine Nachhaltigkeitsnormen bei Bikes, denen sich die HerstellerInnen unterwerfen, aber es wird mit Hochdruck dran gearbeitet«, beteuert Eisenberger und rät: »Wenn man wirklich wissen will, wo und wie der Akku oder das Bike produziert wurden, muss man sich die HerstellerInnen schon etwas genauer anschauen.«

Oder man hält Ausschau nach dem »Blauen Engel«. Das Umweltzeichen soll umweltverträglichere E-Bikes leichter sichtbar machen. Bisher ohne Erfolg, denn auch sechs Jahre nach Einführung des Siegels für Elektrofahrräder hat sich noch keine Hersteller in Deutschland nach dem Standard zertifizieren lassen. So heißt es weiter, im Fachhandel genau nachzufragen, bei welchen HerstellerInnen man beispielsweise Ersatzakkus bekommt. Alte E-Bike-Akkus können in Deutschland und Österreich bei den HändlerInnen zurückgegeben oder bei Altstoffsammelstellen abgegeben werden.

Neben der richtigen Pflege von Fahrrädern ist auch ein umsichtiger Fahrstil notwendig, um sicher durch den Winter zu radeln. Kleidung, die einem im Verkehr gute Sichtbarkeit auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen verschafft, spielt ebenso eine wichtige Rolle wie die richtige Bereifung, gute Beleuchtung und die Einsicht, dass bei extremen Wetter- und Straßenverhältnissen das Fahrrad lieber stehen gelassen werden sollte.

BIORAMA #76

Dieser Artikel ist im BIORAMA #76 erschienen

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