Was erwartet die Jugend von der Zukunft?
Dieses Jahr steht das Forum Alpbach ganz im Zeichen der Jugend und ihrer Zukunftserwartungen. Im Vorfeld wurden Jugendliche und junge Erwachsene dazu aufgerufen, ihren Ideen dazu auf der Plattform Expectations 2012 Luft zu lassen. Es wird gepostet, kommentiert und geliked. Organisiert wird die Plattform von der Julius-Raab-Stiftung. Deren Präsident Harald Mahrer erzählt im BIORAMA-Interview, wie er die Zukunft der Jugend sieht und warum direkte Demokratie allein nicht die Antwort auf das Demokratieproblem sein kann.
BIORAMA: Was war Ihre Motivation Expectations 2012 ins Leben zu rufen?
Harald Mahrer: Ich beschäfige mich schon lange mit dem Thema Partizipation. Jungen Menschen, die wesentlich medienkompetenter sind, die Möglichkeit zu bieten, so etwas einmal auszuprobieren, war die Hauptintention. Die Zukunft der Jugend ist ohne junge Leute und deren Ansichten nicht vernünftig diskutierbar. Man kann nicht deren Zukunft gestalten, ohne mit der Generation, die dann die Verantwortung trägt, in einen Dialog zu treten.
Ihr Projekt geht in Richtung direkte Demokratie. Sehen Sie darin die Zukunft der Politik?
Nein, in einer Art Mischmodell. Reine direkte Demokratie via Internet heißt, dass jeder über alles entscheidet. Das funktioniert nicht. Das Wesen der Demokratie sind Verhandlungsprozesse. Ausverhandeln können nicht acht Millionen auf einmal. Unser Demokratieproblem werden wir nicht dadurch lösen, dass wir die repräsentative durch die direkte Demokratie ersetzen. Aber vermutlich dadurch, dass wir das direktdemokratische Element stärken.
Was halten Sie von dem Schlagwort „Politikverdrossenheit“?
Man wirft der Jugend immer vor, sie sei unpolitisch. Das stimmt nicht. Sie ist vielleicht nicht an Politikern, aber sehr wohl an Politik interessiert. Also ich darf ihnen nicht Politikverdrossenheit unterstellen, sondern eher Politikerverdrossenheit.
Was sagen Sie zu den jetzigen Rahmenbedingungen, die gegeben sind, um Politik aktiv mitzugestalten?
Vielen sagen, es sei schlechter geworden, das seh ich nicht so. Die traditionellen Machtstrukturen sind so wie sie schon immer waren. Ich glaube, dass die Chancen, etwas zu verändern, durch Engagement und Technologie gestiegen sind.
Ein Ziel von Expectations 2012 ist es, die Lücke zwischen der Generation Web 2.0 und den politischen Repräsentaten zu schließen. Wird die Realpolitik ihr Projekt erhören?
Ja, weil das Fenster da ist. Die Parteien haben selber kaum Projekte, um solche Informationen zu bekommen. Aber wenn jemand solche Ergebnisse präsentiert, dann nimmt die Politik sie immer hungrig an.
Wie wollen Sie die Diskussion auf der Plattform in den politischen Diskurs einbringen?
Dreistufig. Die Ergebnisse werden publiziert, im Forum präsentiert und an die österreichische Spitzenpolitik auf Bundes- und Landesebene geschickt.
Wie sehen Sie die Zukunft der Jugend in Europa?
Ich glaube, wir alle stehen vor großen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Wenn wir die Fehlentwicklungen, das Schuldenmachen und den Wohlstandsausbau beenden wollen, dann wird es für alle enger. Also rosig seh ich die Zukunft nicht.
Die Kommunikation der Zukunft läuft über das Internet?
Die Kommunikation ist so leichter und billiger abzuwickeln. Wir stehen ja noch am Anfang solcher Partizipationsprojekte. Zwischenmenschliche Kommunikation kann man jedoch nicht ersetzen. Das Internet wird zwar immer wichtiger, aber gleichzeitig auch soziale Kontakte. Sonst vereinsamen wir. Im Japanischen ist das Schriftzeichen für Kommunikation das gleiche wie für Vertrauen. Das hat viel miteinander zu tun.
Welche Möglichkeiten sehen Sie sonst, junge Mensche für politische Themen zu sensibilisieren?
Es geht vor allem darum, ihnen klar zu machen, dass es um ihre Zukunft geht und dass man durch Engagement vieles verändern kann. Hilflosigkeit, Ohnmacht, Bedeutungslosigkeit – daran muss man ansetzen. Ohne eigenes Engagement verändert sich nichts.
Bis 30. Juni kann auf www.expectations2012.eu noch mitdiskutiert werden. Die Ergebnisse werden dann im Sommer präsentiert.