Wetten, dass…?

Gestern wurde es spannend an der Universität Klagenfurt. Im Rahmen der Semestereröffnung wurde das Ergebnis der „Eisblockwette“ enthüllt.

Seit 20. Februar war auf dem Vorplatz der Universität ein ominöser weißer Quader zu sehen. Darin befanden sich, zumindest anfangs, zwei Tonnen Eis aus dem Weißensee. Die große Frage, auf die es seitdem zu wetten galt, war: Wie viel davon konnte durch die gedämmten Wände über den Frühling und Sommer gerrettet werden?

Mehrere hundert Neugierige kamen gestern an die Universität Klagenfurt, um gespannt darauf zu warten, dass sich die Passivhaus-Wände lüfteten, vielleicht auch um zu sehen, ob sie bei ihrem Wett-Tipp richtig lagen und einen Preis abstauben konnten, z.B. eine Energie-Beratung.

Christian Salmhofer, der bereits 1996 die Idee für solche Eisblock-Aktionen hatte und seitdem immer wieder organisiert, verkündete BIORAMA stolz das Ergebnis – ein eindeutiges Zeichen für die Effizienz und den Sinn von Gebäudedämmung als Maßnahme gegen hohe Heizkosten und Klimawandel. Im Gespräch erklärte der Regionalstellenleiter des Klimabündnisses Kärnten, der seit Jahren zum Thema Klimwawandel wissenschaftlich arbeitet, die Effizienz von Gebäude-Dämmung, aber auch ihre Nachteile und wieso es wichtig ist, dafür Fachleute zu engagieren.

BIORAMA: Zuallererst natürlich die Frage: Wie ist die Eisblockwette ausgegangen?

Christian Salmhofer: Es sind 20 Prozent, also ungefähr 400 Kilogramm Eis, übrig geblieben. Mit dieser Menge habe ich nicht gerechnet. Es war ein erstaunlicher Block. Ich habe solche Wetten schon oft durchgeführt, leider mit unterschiedlicher Qualität. Wie bei einem Passivhaus braucht man echte Profis. Es ist nicht unbedingt besonders schwierig, aber gewisse Regeln müssen eingehalten werden. Heuer haben wir das relativ gut geschafft und das hat sich auch auf die Ergebnisse ausgewirkt.

Wie haben Sie dieses Mal selbst gewettet?

Ich hab auf ca. zehn Prozent getippt. Der Sommer war extrem heiß. Am Freitag war ich noch vor Ort und habe mir gedacht: Hoffentlich ist noch etwas vom Eis übrig. Links und rechts waren nämlich Wasserpfützen zu sehen. Ich war dann selber erstaunt, vom 20. Februar bis heute ist ja doch eine immense Zeitspanne. Heute ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass man das Eis, wie Schneefirn, über ein Jahr in der Isolierung lassen könnte und es wäre immer noch etwas übrig. Wir würden es sogar schaffen, das Eis von einem Winter über den ganzen Sommer bis zum darauffolgenden Winter und den nächsten Frühling zu erhalten. Es ist erstaunlich, wie die Dämmung so etwas bewirkt.

Gibt es verschiedene Arten von Gebäudedämmung?

Es gibt einen Passivhaus-Standard. Da verwendet man normalerweise 30 Zentimeter dicke Platten auf Styropor-Basis. In ein paar Jahren gibt es wahrscheinlich Dämmmaterialien, die den gleichen Zweck mit einem Durchmesser von 10 Zentimeter erfüllen. Es kommt sehr darauf an, wie viel Luft im Material ist. Styropor ist Erdöl mit extrem viel Luft darin, könnte man sagen. Holz, Papier, Hanf und Stroh – all das wäre ebenfalls möglich.

Die Herstellung der synthetischen Dämmmaterialien aus Erdöl, bei der Emissionen entstehen und dessen spätere Entsorgung ist ja wiederum auch nicht gut für die Umwelt.

Es gibt verschiedene Ebenen der Anwendung von Erdöl-Produkten. Die Chemie-Industrie macht ungefähr 10 % der gesamt Erdöl-Verwertung aus. Die kann man nicht ersetzten. Verbrennung der Mobilität willen ist in meinen Augen sinnlose Vergeudung von Öl – genauso wie man Bio-Masse nicht nur verbrennen sollte, sondern etwas Vernünftiges daraus machen. Sie reicht ohnehin nicht aus. Wir können mit Hackschnitzeln keine Riesen-Stadt erwärmen oder komplett versorgen, auch wenn die Werbung alle möglichen Versprechungen macht. Ich verweigere mich dem Mythos, dass man alles ohne Erdöl machen kann.

Die positiven Aspekte der Dämmung wiegen es also auf, dass bei der Materialherstellung Erdöl verbraucht und Emissionen verursacht werden?

Es kommt schon sehr darauf an, wie professionell die Anwendung ist. Eine Hausdämmung ist wie eine Thermoskanne. Sie muss dicht sein. Es bringt nichts, die Wände damit voll zu kleistern und gleichzeitig ist im Keller ein Schlitz in der Wand oder die Telefonleitung wird darin verlegt. Dann ist die Dämmung schon nicht mehr effizient. Ich bin auch nicht für diese Dämmoffensive, in der man den Hausbauenden Gelder in die Hand drückt, wenn sie einfach irgendwie dämmen. Das ist zu wenig. Hinter dem Gebäudedämmen steht ein hochwertiges Handwerk. Dabei wird darauf geachtet, dass Feuchtigkeit abgehalten wird und der Putz wird mit Bioziden bespritzt, damit sich keine Insekten einnisten. Es gibt da schon grausame Dinge, die erwähnenswert sind. Das Prinzip, zu dämmen um wenig zu heizen, ist wichtig. Ich kann allerdings nicht sagen, welcher Dämmstoff der qualitativ Beste oder Schlechteste ist. Da muss man sich mit Fachleuten zusammensetzen.

Auf dem Land kann man ganz gut mit Altpapier, Hanf oder Stroh dämmen, in einem eng besiedelten Gebiet wird man damit nicht durchkommen. Im Kleinen funktioniert alles sehr gut, auf großer Ebene haben die Lieferanten Schwierigkeiten die Menge herzustellen. Je kleiner, desto nachhaltiger. Im größeren Rahmen wird man Kompromisse eingehen müssen.

Wo, außer bei Neubauten, ist eine Passivhaus-Dämmung sinnvoll? Gibt es bei einem bereits gebauten Haus Hindernisse bei der Umsetzung?

Man muss bei der Renovierung viel Geld investieren. Bei Häusern aus den 50er bis 70er Jahren sollte man in jedem Fall etwas unternehmen. Sie sind entsprechend gebaut, gerade, mit klaren Linien, so dass es gut möglich ist. Bei alten Jugendstil-Häusern oder solchen aus der Gründerzeit ist es etwas schwieriger, dort kann man nur von innen dämmen. Es gibt aber Möglichkeiten, z.B. mit Fernwärme zu heizen oder Fenster auszutauschen. Zu beachten sind auch Brandschutzfragen. Baustoffe auf Erdöl-Basis können sehr gefährlich sein. Wenn sie einmal brennen, brennen sie wie die Hölle. Wenn die Dämmung ohne Brandsperren gebaut wird, dann sitzt man sozusagen in einem Hochofen.

Was ist aus Ihrer Sicht als Wissenschaftler die sinnvollste Möglichkeit den Klimawandel noch aufzuhalten?

Ein Passivhaus-Sozialwohnbau mit öffentlicher Verkehrsanbindung und rund herum Bio-Bauern.

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