E-LKW im Praxistest

Im an der BOKU angesiedelten Council für nachhaltige Logistik erproben die großen Player der Transportbranche den lokal emissionsfreien Gütertransport auf der Straße.

Bild: MAN Bus & Truck.

Im »Mobilitätsmasterplan 2030 für Österreich« aus dem Jahr 2021 beschreibt das Bundesministerium für Klimaschutz sein Ziel so: »Güter und Produkte sind langlebig und werden wo immer möglich auf der Schiene oder Wasserstraße transportiert. Transporte auf der Straße erfolgen klimaneutral, erneuerbar und energiesparend.« In den vergangenen Jahren wurden – wie sie auch im Mobilitätsplan formuliert werden – Hoffnungen geäußert, dass die Digitalisierung und der technologische Fortschritt die Notwendigkeit von Transporten durch Technologien wie 3D-Druck vor Ort verringern würden. Diese haben sich bisher nicht bewahrheitet. Das Verkehrs­aufkommen steigt auch im Güterverkehr – auch wenn aktuellste Zahlen hier nur schwer klare Aussagen zulassen, da es 2020 durch Corona auch in diesem Bereich zu Rückgängen gekommen ist. Im Jahr 2020 waren aber bei der Transportleistung im Güterverkehr immer noch 70,3 Prozent auf der Straße (zwei Drittel davon waren ausländische Transporte) und nur 27,5 Prozent auf der Schiene und 2,2 Prozent auf der Donau.

Im Jahr 2019 lagen die Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs für den Gütertransport bei 8,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und für den Personenverkehr bei 14,9 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Jahr 1990 haben sich die Emissionen im Güterverkehr damit knapp verdoppelt, während jene im Personenverkehr um rund die Hälfte gestiegen sind. Es braucht also große Anstrengungen und wohl eine Vielzahl an Maßnahmen, um diese einzudämmen. Nachdem Bemühungen um weniger Transport aber nicht reichen werden, muss es auch Maßnahmen beim Transport geben sowie den Einsatz neuer Technologien, um weniger Emissionen auszustoßen.

Ob diese Technologie E-Mobilität, Wasserstoff oder auch Strom-Oberleitungs-Lkw sein werden und in welchem Mix, wird sich zeigen. Auch Werner Müller, Senior Scientist am Institut für Verfahrens- und Energietechnik an der Wiener BOKU und Geschäftsführer des Councils für nachhaltige Logistik (CNL), will sich nicht festlegen, welche Technologie sich bei Lkw einmal durchsetzen wird. Angestrebt wird die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs, um zum Ziel der österreichischen Bundesregierung – Klimaneutralität bis 2040 – beizutragen. Was man bereits sagen kann: Lokal emissionsfreier Gütertransport ist in der Stadt, also im Bereich Citylogistik, technisch heute schon machbar, aber teuer.

Straßengüterverkehr
Das Transportaufkommen österreichischer Unternehmen ist von 376,3 Millionen
Tonnen im Jahr 2016 auf 402,2 Millionen 2019 Tonnen gestiegen. Im Jahr 2020 waren es 376,5 Millionen Tonnen. Transportgüter.

Wissenschaftliche Begleitung

In der Citylogistik sind E-Lkw einsatztauglich und es gibt die Infrastruktur, um diese zu benützen. Bild: REWE.

Gegründet wurde das CNL 2014, initiiert von Max Schachinger, mit Schachinger Logistik einem der größten Spediteure des Landes, der sich damals mit Innovationen im Bereich ökologischer Nachhaltigkeit beschäftigte. Er wurde für seine Ideen auch ausgezeichnet, brauchte aber ein größeres Gremium, um diese praxisnah auszutesten und wissenschaftlich begleitet umzusetzen. Genau dazu gibt es das CNL, dem aktuell 18 Großunternehmen angehören: Spediteure wie eben Schachinger oder auch Gebrüder Weiss, der Handel mit Rewe, Spar, DM, Metro, Hofer oder Lidl und Unternehmen wie DPD oder auch die Österreichische Post. Außerdem Wien Energie als Energieversorger. Finanziert wird der Council für nachhaltige Logistik, das an der Wiener Universität für Bodenkultur angesiedelt ist, über Mitgliedsbeiträge und Forschungsprojekte.

Ein zentrales und wichtiges Projekt war es, recht früh – zwischen 2018 und 2021 – auszutesten, ob es in der Citylogistik möglich ist, mit elektrisch angetriebenen Lkw zu arbeiten. Damals gab es auf dem Markt noch sehr wenige elektrisch angetriebene Lkw. Im September 2018 wurden in Steyr aber neun 26-Tonnen-E-Lkw aus der Entwicklungspartnerschaft mit MAN übernommen und in der Praxis eingesetzt. Heute gibt es von mehreren Herstellern entsprechende Modelle. Der Praxistest hat gezeigt: Im Verteilerverkehr und in der Citylogistik sind die E-Lkw einsatztauglich.

Aktuell beschäftigt sich der Council für nachhaltige Logistik mit dem emissionsfreien Transport auch außerhalb der Ballungsräume – Regionalverkehr beziehungsweise Inlandstransporte zwischen den Ballungszentren –, es bedarf dazu größerer Reichweiten der Fahrzeuge, höherer Ladeleistung und einer entsprechenden Infrastruktur. »Im internationalen Verkehr wäre es das Ziel, den Transport vermehrt auf die Bahn zu verlegen, die Voraussetzungen sind aber nicht gegeben. Es gibt zurzeit kaum geeignete Timeslots für den Güterverkehr auf der Bahn, zudem gibt es Verspätungsrisiken, die für viele Anwendungsfälle in der perfekt durchgetakteten Logistik nicht tragbar sind«, sagt Müller.

Die Mitglieder des CNL verstehen sich als Vorreiter, die die Infrastruktur aufbauen und erproben, auf der der Wandel zu emissionsfreier Logistik stattfinden kann. Bild: MAN Bus & Truck.

Weitere Projekte

Noch sind die Kosten für E-Lkw sehr hoch – ab Sommer 2022 soll es eine Förderung durch das Klimaschutzministerium geben. Die tendenziell großen Unternehmen und in der Branche gewichtigen Player im CNL verstehen sich selbst als Vorreiter, die es durch ihre Arbeit später kleineren Unternehmen ermöglichen, auf diese Erfahrungen zurückzugreifen und ebenfalls umzusteigen. So kann auch die nötige Infrastruktur für das Laden oder die digitale Kommunikation aufgebaut werden. Weitere aktuelle Projekte des CNL sind das Laden per Roboter, die Einsparung von Transportverpackungen oder auch der Praxistest eines E-Lkw mit Kran für die »Zero-Emission-Baulogistik«. Erfahrungsaustausch gibt es nicht nur zwischen den CNL-Mitgliedern, sondern auch über die Landesgrenzen hinweg mit der European Clean Trucking Alliance.

Die Mitglieder des CNL gehen davon aus, dass sich gerade in der Citylogistik in der nächsten Zeit die Rahmenbedingungen für Logistikunternehmen massiv ändern werden. Darauf wollen sie vorbereitet sein und am Gestaltungsprozess mit Praxiserfahrung mitwirken. Werner Müller: »Den Firmen des CNL ist klar, dass eine Verkehrswende nötig ist, sie wollen ein Teil der Lösung sein und zeigen hier großes Engagement.«

Derzeit bietet dieses Wissen noch keinen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt, aber es ist ein strategisches Investment.

BIORAMA BUSINESS #1

Dieser Artikel ist im BIORAMA BUSINESS #1 erschienen

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