„Mit Ortsbehübschung wird es nicht getan sein“
Am 8. November eröffnet die Ausstellung „Johannes E. Trojer. Dorferhebung. Strategien im ländlichen Raum“ in Innsbruck. Von 8. November bis 7. Dezember geht es um die Pionierarbeit J. E. Trojers für heutige Kulturarbeit im ländlichen Raum. BIORAMA hat darüber mit Kulturwissenschafter Bernhard Kathan, Hidden Museum gesprochen.
BIORAMA: Worum geht es in der Ausstellung?
Bernhard Kathan: Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es im ländlichen Raum kaum Kulturprojekte. Das hat sich inzwischen geändert. Heute suchen sich selbst kleinste Gemeinden mit Hilfe von Kunst und Literatur zu vermarkten. Der ländliche Raum steht vor großen Herausforderungen. Laut demoskopischen Studien werden in den nächsten Jahrzehnten viele Regionen von Abwanderung, Überalterung wie all den damit verbundenen Folgewirkungen betroffen sein. Mit Ortsbehübschung wird es nicht getan sein. Von der Kunst sind diesbezüglich andere Konzepte und Arbeitsweisen gefordert. Man muss den ländlichen Raum neu denken, das heißt, man muss ihn erforschen, untersuchen, vielleicht so wie es Johannes E. Trojer gemacht hat.
Johannes E. Trojers Arbeiten zur Dorferhebung aus den 1960ern bilden eine Basis der Ausstellung. Was ist daran heute noch aktuell?
Für Trojer stand die Auseinandersetzung im Vordergrund, erstaunlicherweise, war er doch lange Zeit Obmann des örtlichen Tourismusverbandes. Unangenehme Themen blendete er keineswegs aus. Man denke etwa an seine lange Auseinandersetzung mit der NS-Zeit. Seine Studie „Hitlerzeit im Villgratental“ liest sich heute noch überzeugend. Die Themen der 1970er und 1980er Jahre sind nicht mehr unsere Themen. Nach wie vor aktuell ist Trojers Haltung, auch seine Arbeitsweise, in der er vieles vorweggenommen hat.
Johannes E. Trojer ist auch als Umweltschützer bekannt. Inwieweit steht seine Arbeit in Zusammenhang mit dem Kunstprojekt „Strategien im ländlichen Raum“?
Wenn ich ihn recht verstanden habe, dann waren ihm Prozesse wichtiger als etwas aufzustellen, irgendetwas, was dann als „Kunst“ betrachtet wird. Kunst sollte möglichst unsichtbar sein, aber eine große Wirkung entfalten. Statt hoher Materialkosten Beschäftigung mit konkreten Realitäten, Bezugnahme auf Menschen, ihre Geschichte, ihre Lebensbedingungen, Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten.
Regionalität wird zunehmend durch Vereinheitlichung von Architektur und Landschaft verdrängt. Welche neuen Aufgaben kommen dabei der Kulturarbeit zu?
Man kann sich im Umfeld großer Städte die Frage stellen: Wo hört die Stadt auf, wo beginnt der ländliche Raum? Solche Übergänge sind nur noch selten klar zu definieren. An solchen Gegebenheiten muss sich Kulturarbeit im ländlichen Raum orientieren. Mit Veranstaltungen, die nur dem passiven Konsum dienen, mit noch einer Plastik, die in einen längst kaputt gemachten Ortskern gestellt wird, ist wenig zu gewinnen. Eine wichtige Funktion von Kunst kann es sein, Fragen aufzuwerfen, Sehgewohnheiten zu brechen, eben Prozesse in Gang zu setzen, auch auf die Gefahr hin, dass solche Projekte scheitern.
Ein Thema der Ausstellung in Form eines Hörabends ist die rote Landa. Welche Bedeutung hat diese „ungewöhnliche Frau“ im Rahmen der Ausstellung?
Die „rote Landa“ war so etwas wie ein Osttiroler Original. Dass Bert Breits Radioarbeit aus dem Jahr 1993 zu hören sein wird, verdankt sich dem Bemühen um periphere Zugänge. Es ist ja spannend, Osttirol ausgehend von Anekdoten zu betrachten. Und um die rote Landa ranken sich viele Anekdoten.
Johannes E. Trojer
Dorferhebung
Strategien im ländlichen Raum
Eine Ausstellung
8. 11. bis 7. 12. 2013
Salurnerstraße 2, Innsbruck
Brave Kuh World. Ein Gespräch über Herrschaft und Rinderhaltung mit Bernhard Kathan gibt´s hier