Nur die Sonne war Zeugin

Die Affenhitze im Auto lässt sich zum Dörren von Obst und Gemüse nutzen. Zum Beispiel von Tomaten.

Ein Teller mit Tomaten in Thomas Webers Auto.
So sehen aufgeschnittene Tomaten aus, bevor sie unter der Heckscheibe gedörrt werden. Bild: Biorama/Thomas Weber.

Kinder und Hunde gehören keine Minute allein im Auto gelassen. Selbst an bewölkten Herbsttagen heizt sich das Wageninnere binnen weniger Minuten lebensgefährlich auf. Wie in einem Gewächshaus auf vier Rädern sind bei direkter Sonneneinstrahlung Temperaturen bis zu 70 Grad und darüber hinaus möglich. Gedanken, ob sich diese Sonnenenergie auch sinnvoll nützen lässt, sind also naheliegend. Immer wieder taucht online in Garten- und Selbstversorger-Kreisen die Idee auf, die Hitze doch zum Dörren von Obst und Gemüse zu verwenden. Vielen ist gar nicht bewusst, dass handelsübliche Dörrgeräte teilweise arge Stromfresser sind. Und auch im Backrohr sollte höchstens die Resthitze zum Trocknen verwendet werden. Stundenlanges Heizen eigens zum Dörren oder Trocknen ist jedenfalls Energieverschwendung. Ob das Auto als Dörrkammer taugt, haben wir an den Hundstagen im Selbstversuch ausprobiert.

Im Grunde braucht es nichts außer einem Teller und einem scharfen Gemüsemesser, um die möglichst ausgereiften Tomaten zu vierteln. Und natürlich Zugriff auf einen Wagen, der für mindestens drei, vier Sonnentage als Trockenraum genutzt werden kann.

Im Test wurden bewusst eher kleinere Paradeiser und Kirschtomaten verwendet. Fleischtomaten sollten zum Trocknen vermutlich am besten in feine Scheiben geschnitten und flächig aufgelegt werden. Um Schimmelbildung zu vermeiden, ist es bei größeren Tomaten sinnvoll, diese auf einem höher gestellten Gitter zu platzieren und einen Teller darunter – falls die zu trocknenden Tomaten zwischendurch »safteln« sollten.

Dann ist vor allem Geduld angesagt. Und sollten Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden müssen, landet der Tomatenteller zwischendurch am besten im Kofferraum. Hinten auf der Heckablage blieben sie zwar der Sonne ausgesetzt; der Teller würde im Falle eines Unfalls aber zum gefährlichen Geschoss.

Im Selbstversuch sind die Tomaten nach zweieinhalb Tagen schön trocken, aber noch biegsam – fast so, wie man sie aus dem Glas in Öl eingelegt kennt. Sicherheitshalber werden sie beim nächsten Gebrauch des Backofens vielleicht doch noch eine Viertelstunde der Resthitze ausgesetzt. Eines wird einem beim Autodörren jedenfalls bewusst, wie auch die Grazer Permakultur-Bloggerin @imwildgarten festgestellt hat: »Wie viel Energie beim Konservieren von Früchten oft verbraucht wird«.

Fix und fertig getrocknet landen die Dörrtomaten in einem Glas mit Olivenöl. Und eine wird auf den Rückspiegel gehängt, als »Duftbaum«, der an trüben Tagen an den Sommer erinnert.

Versuchsanordnung: Teller auf Heckablage mit geviertelten Paradeiser (ca. 2,5 cm Durchmesser), in der Mitte geviertelte Kirschtomaten.

BIORAMA #80

Dieser Artikel ist im BIORAMA #80 erschienen

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