Der Donau-Dino
Viele kennen nur seine schmackhaften Eier, den Kaviar. Stör und Sterlet sind aber nicht nur durch illegale Überfischung gefährdet. Die Staustufen der Wasserkraftwerke haben auch an der Donau die Wanderroute des ”Fischs des Jahres“ unterbrochen.
Die Störartigen sind eine sehr urtümliche Fischfamilie, deren Vertreter seit über 200 Millionen Jahren beinahe unverändert in den Flüssen und Küstengebieten der nördlichen Hemisphäre leben. Sie sind stammesgeschichtlich deutlich älter als die anderen heimischen Fischarten und haben durch ihr verknorpeltes Skelett, fünf Reihen von Knochenschildern und die haiähnliche Schwanzflosse ein sehr charakteristisches Aussehen. Der Lebenszyklus der Störe ist geprägt von Eigenheiten und Superlativen. So gibt es Arten, welche aus dem Meer zum Laichen ins Süßwasser wandern, Arten, welche ihren ganzen Lebenszyklus im Süßwasser verbringen und auch Spezies, die Populationen mit beiden Lebensweisen aufweisen. Weltweit gibt es 27 verschiedene Störarten, deren Vertreter die größten Süßwasserfische der Erde sind. So braucht sich der Hausen, auch Belugastör genannt, mit seinen bis zu sieben Metern Länge und 1.500 kg Gewicht auch vor großen Haien nicht zu verstecken. Störe laichen nicht jedes Jahr, sondern im Abstand von ein bis fünf Jahren und können teilweise sehr alt werden. So ist der älteste belegte Stör ein amerikanischer Seestör mit einem nachweislichen Alter von 167 Jahren. Alle Stör-Arten sind in ihrem Bestand bedroht und viele stehen am Rand des Aussterbens. Dies ist einerseits auf den Verlust von Lebensräumen, vor allem durch Wanderbarrieren wie Wasserkraftwerke, und andererseits auf massive, in vielen Teilen der Welt inzwischen illegale Überfischung, vor allem wegen des geschätzten Kaviars, zurückzuführen.
Die Störe in der Donau
Im österreichischen Abschnitt der Donau waren ursprünglich fünf Störarten heimisch. Zwei davon, der Glattdick und der kleine Sterlet, sind in der Donau reine Süßwasserarten, während drei, der Waxdick, der Sternhausen und der Belugastör im Schwarzen Meer leben und zum Laichen ins Süßwasser ziehen. Der Sterlet ist der kleinste der Donau-Störarten. Als reine Süßwasserart bewohnte er ursprünglich die Donau und ihre Nebenflüsse wie Inn, Salzach, March, Drau, Mur, Save, Theiß und die weiteren großen Donauzubringer. Die Laichzeit liegt im Mai und Juni, wobei die klebrigen Eier auf Schotter und Fels abgelegt werden. Die Nahrung des Sterlets besteht hauptsächlich aus bodenlebenden wirbellosen Kleinlebewesen wie Mückenlarven, Krebsen oder Würmern, wobei gelegentlich auch Fischeier gefressen werden. Aufgrund seiner geringen Größe wurde der Sterlet nie so stark überfischt wie die anderen Donaustörarten. Wesentlich drastischere Auswirkungen auf seine Bestände in der Oberen und Mittleren Donau hatten in der Vergangenheit der Verlust von Lebensraum durch Flussregulierungen und Migrationshindernisse in Form von Wasserkraftwerken, welche als Hauptgrund für das Aussterben des Sterlets in vielen Donauabschnitten gesehen werden können. Heute bewohnt der letzte reproduzierende Sterlet-Bestand der Oberen Donau den Stauraum Aschach an der deutsch-österreichischen Grenze.
Wirtschaftliche & kulturelle Bedeutung
Aufgrund der Größe und des einfachen Fangs waren Störfleisch und Kaviar seit jeher eine wichtige Nahrungsquelle für den Menschen. Neben Fleisch und Kaviar wurden die Schwimmblase sowie Haut und Knochen auch zur Herstellung von Leim und Leder eingesetzt. Die Fische wurden mit Harpunen, Netzen oder hölzernen Fangzäunen, welche den Fluss teilweise über die ganze Breite absperrten, gefangen. Am Wiener Fischmarkt war der sogenannte Hausenhacker sogar eine eigene Berufsgruppe, die Tagesmengen von bis zu 50 Tonnen verarbeitete. Gepökeltes Störfleisch und Kaviar wurde von Wien nach Prag, München und Paris exportiert. Als Kaviar werden die unreifen Eier des Störs bezeichnet: Die Entnahme erfolgt vor der Eireife, weswegen die Tiere zur Kaviarproduktion geschlachtet werden. Wegen der Übernutzung der Bestände begannen die Fangzahlen bereits im 16. Jahrhundert zu sinken, die großen Stör-Arten waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits größtenteils aus den österreichischen Gewässern verschwunden.
Die Störe sind ein Symbol intakter Flusslandschaften und ihre Bestandsentwicklung in den letzten Jahrhunderten ein Eindruck der vielfältigen negativen menschlichen Einflüsse auf diese Ökosysteme. Der Erhalt dieser Fische ist untrennbar verbunden mit einem grundsätzlichen Respekt vor den Gewässern als Lebensadern des Ökosystems Erde. Aus diesem Grund verdienen diese urtümlichen Tiere unsere volle Aufmerksamkeit und ein rasches Handeln hinsichtlich ihres Schutzes.