Demenzbauernhöfe: Gerüche wecken Erinnerungen

Auf den Demenzbauernhöfen werden Demenzkranke lokal betreut. Die Aktivitäten in Garten, Stall und Natur verbessern Wohlbefinden und Beziehungsfähigkeit. Die Betreuung entlastet außerdem die Angehörigen.


In ländlichen Regionen ist Demenz oft ein Tabuthema. Das will das Netzwerk Green Care Österreich mit dem Pilotprojekt Demenzbauernhöfe ändern. Durch die Kooperation mit Bauernhöfen soll ein neues Betreuungsangebot geschaffen werden, das niederschwellig und leicht zugänglich ist. »Der Bauernhof ist im ländlichen Raum überall verankert. Da kann man jemanden leicht für ein paar Stunden vorbeibringen – die Anfahrtszeiten sind kurz und der Aufwand gering«, erklärt Nicole Prop von Green Care Österreich.

Viele Menschen, die sich in einer frühen Phase der Demenz befinden, werden zuhause von Angehörigen betreut. Diese kommen aber oft schnell an ihre Grenzen. »Der Demenzhof ist der Versuch, in ländlichen Regionen Entlastungsangebote für Angehörige zu schaffen«, sagt Prop. Das Pilotprojekt wird in der Steiermark umgesetzt, wo bisher 14 BäuerInnen speziell dafür ausgebildet wurden.

Garteln und Tiere füttern

Auf dem Demenzbauernhof arbeiten Demenzkranke gemeinsam mit BäuerInnen in Garten und Stall. »Richtige Arbeit ist das natürlich nicht – da geht es um einfache Tätigkeiten im Garten: Garteln im Hochbeet, Tiere füttern und leichte Arbeiten bei den Tieren. Es geht bei Menschen mit Demenz stark um Gerüche, Geräusche, Feinmotorik und Geschmack. Man kann zum Beispiel gemeinsam ernten, kochen und essen. Die Tätigkeiten werden aber individuell angepasst – da kommt es auch auf den Stand der Krankheit an«, erklärt Prop.

Im Vordergrund steht bei den Demenzbauernhöfen die Betreuung und damit die Entlastung der Angehörigen: »Dieses Angebot ist hauptsächlich zugespitzt auf die Angehörigen, aber der tolle Nebeneffekt ist, dass die Leute total aufblühen. Das taugt ihnen einfach: das Garteln, die Tiere, die Natur. Man weiß mittlerweile, dass das förderlich ist und sich auch positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Man kann allerdings nicht vorhersagen, ob sich der Fortschritt der Demenz dadurch verzögert«, sagt Prop.

Die Betreuung wird auf den Höfen von BäuerInnen übernommen, die dafür ausgebildet sind. In manchen Fällen sind aber auch andere Fachkräfte vor Ort: »Es gibt Modelle, bei denen einE SozialpflegerIn im Hintergrund ist. Auch eine Art 24-Stunden-Rufnummer für die BäuerInnen kann eingerichtet werden. Manche BäuerInnen haben selber einen Quellberuf im Sozial- und Gesundheitsbereich oder in der Pädagogik. Im Pilotprojekt in der Steiermark sind auch ÄrztInnen mit dabei.«

Das Konzept »Green Care« etabliert sich international

»Green Care« ist nicht nur der Name der österreichischen Organisation, sondern allgemein ein Sammelbegriff für Interaktionen zwischen Mensch, Tier und Natur, die soziale, pädagogische oder gesundheitsfördernde Ziele haben. Die Demenzbauernhöfe sind eine der Maßnahmen, die im Rahmen von »Green Care« umgesetzt werden können.

In Österreich gibt es die Demenzbauernhöfe erst mit dem Pilotprojekt in der Steiermark. In Ländern wie Holland oder Deutschland hat sich die Idee schon etabliert: »Bei uns ist das ein neues Produkt, um die Situation in Österreich zu verbessern. In Holland gibt es da bereits ein großes Angebot, aber bei uns steht das Projekt erst am Anfang«, erklärt Prop. Von dem Projekt in der Steiermark will das Netzwerk Green Care lernen, um die Demenzbauernhöfe später auch in anderen Bundesländern umzusetzen.

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