Dein Abschied von der Welt
Ein Denkanstoß für den Umgang mit dem Tabuthema der eigenen Endlichkeit.
Sterben und Tod sind ein Tabuthema und gerade in jungen Jahren haben wir anderes zu tun, als uns mit der eigenen Vergänglichkeit auseinanderzusetzen. Aber gerade wer bei den Eltern bereits einen Todesfall erlebt und einen Nachlass geregelt hat, denkt vielleicht darüber nach, das eigene Ableben für die zurückbleibenden Liebsten so geregelt wie möglich zu gestalten. Denn nach dem ersten Schock werden die Verbliebenen automatisch zu Sherlock Holmes auf der Suche nach Indizien für Dokumente, Passwörter oder Kontaktdaten. Zur Erleichterung dieser programmierten Überforderung und Detektivarbeit kann jede und jeder etwas tun.
Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit hier ein paar Beispiele und Denkanstöße für jede und jeden selbst bzw. vielleicht auch für ein Gespräch mit den Eltern. Denn irgendwann werden wir alle mit dem Thema Tod konfrontiert – die einen früher, die anderen später – und manchmal ist es auch das eigene Leben, das früher als erwartet auf dem Spiel steht. Ob wir wollen oder nicht und so hart es auch klingt: Ein Todesfall – und damit auch unserer – muss mit allen bürokratischen Hürden »abgewickelt« werden. Denn wie es so schön heißt: »Von der Wiege bis zur Bahre – Formulare, Formulare …«
Notfalladressen und Kontaktdaten
Der Klassiker im Geldbeutel: Wer ist im Notfall zu kontaktieren? Gerade wer viel reist oder allein im Ausland ist, sollte vorsorgen und für den Fall gerüstet sein. Vielleicht wirst du von irgendeinem Menschen, der nicht die eigene Sprache spricht, gefunden und deine Vertrauenspersonen müssen mit den Informationen, die du bei dir trägst, ausfindig gemacht werden. Überleg dir auch, wer aller überhaupt benachrichtigt werden sollte – auch aus der Vergangenheit (Stichwort: Bekannte oder ehemalige LoverInnen).
Wichtige Dokumente, Passwörter und Kontakte
Die Aufbewahrung der wichtigsten Dokumente (Geburtsurkunde, Scheidungsurteil etc.) und Passwörter ist ebenfalls ein Thema, das du mit deinen Vertrauenspersonen klären solltest, damit die Benachrichtigung aller wichtigen Stellen und Kontakte einfacher funktioniert.
Das Testament
Schätzungen nach errichten in Deutschland und Österreich nur rund 20–30% der Bevölkerung ein Testament. Das ist aber – sofern alle Regeln eingehalten sind – die sicherste Variante, damit auch nach dem Tod manches einfacher wird und dem Wunsch der verstorbenen Person entsprochen werden kann.
Tagebücher und Geheimnisse
Falls jemand Geheimnisse hat, die er oder sie im wahrsten Sinne des Wortes mit ins Grab nehmen möchte, empfiehlt es sich, hier ebenfalls Spuren zu entfernen. Oder: Nehmen wir z. B. an, du hast eine geheime Affäre. Überleg dir: Wer würde dich bzw. sie oder ihn im Notfall informieren? Auch wenn es äußerst unangenehm ist: In vielen Familien poppt nach dem Tod eines Familienmitglieds so einiges auf.
Facebook & Co.: der digitale Nachlass
Ja, auch der digitale Nachlass will in heutigen Zeiten geregelt werden und die Social-Media-Plattformen haben darauf bereits reagiert. Grundsätzlich ist es so, dass Facebook die Konten, sobald die Plattform von einem Todesfall erfährt, in den Gedenkzustand versetzt. Facebook argumentiert das übrigens damit, dass sich Freunde und Verwandte austauschen und Erinnerungen teilen können. Wenn du in deinem Facebook-Profil keine Einstellungen vornimmst, gehen die Rechte deines Accounts automatisch auf die Erben über (laut einer Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes, die über die deutschen Grenzen hinaus als richtungsweisend angesehen wird). Wenn du das beides nicht möchtest und dein Profil sofort gelöscht haben willst bzw. auch nicht willst, dass die gesetzlichen Erben all dein digitales Leben entdecken, dann solltest du auch hier eine Vertrauensperson nominieren, den sogenannten Nachlasskontakt. Hinweis: Die Person muss eine Facebook-Bekanntschaft sein. Noch strenger ist für diesen Fall anscheinend Twitter, wo zur Kontosperre ein notariell beglaubigtes Dokument benötigt wird.
Für deinen gesamten digitalen Fußabdruck, d. h. auch Onlinekonten, digitale Abos für Streamingdienste oder E-Mails, bestimme eine oder mehrere Vertrauenspersonen, die im Notfall Zugriff auf diese Infos haben. Überlege dir auch, was mit den Accounts und Daten insgesamt passieren soll. Alles, was du im Vorhinein schriftlich dokumentierst, hilft den Hinterbliebenen sehr, deinem Willen entsprechend zu handeln!
Sterben für die Medizin
Willst du deinen Körper der Medizin spenden (in Deutschland z. B. der LMU München oder in Österreich der Medizinischen Universität Wien), dann musst du dafür sämtliche notwendigen Vorkehrungen zu deinen Lebzeiten treffen inklusive der Bezahlung der Kosten für das Begräbnis (ca. 1000 Euro), das dann z. B. auf dem Friedhof der Universität stattfindet.
Der Organspendeausweis
Möchtest du im Notfall deine Organe spenden und damit ein anderes Menschenleben retten? Für alle in Österreich erledigt diese Entscheidung der Gesetzgeber (es besteht nur die Möglichkeit, das explizit zu verneinen), in Deutschland muss ein eigener Organspendeausweis ausgefüllt und mitgeführt werden. Beachte hier: Gerade in Deutschland ist es nicht so einfach, einen Körper für die Organspende freizugeben. Die Regelungen sind klarerweise sehr streng und Voraussetzung ist u. a. der Hirntod, der im Vorfeld eintreten muss und z. B. bei Komapatienten nicht zwangsläufig erfolgt. Was du tun kannst: Schließe am besten eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht ab. Somit kann entschieden werden, wer im Notfall – das bedeutet auch bei Entscheidungen über Leben und Tod – für dich verantwortlich ist.
Die Bestattung planen
Wer durch andere Todesfälle schon ein Bestattungsunternehmen des Vertrauens gefunden hat, kann dort selbst schon etwas vorsorgen, indem die eigenen gesammelten Wünsche in Sachen Beerdigung & Co. bereits zu Lebzeiten hinterlegt werden. Das reicht von der Musikauswahl bis zum gewünschten Blumenschmuck, den Einladungskarten und der Bestattungsart.
Auch das Bestattungs-Business scheint sich weiterzuentwickeln, sodass ein Abschied von der Welt immer individueller gestaltet werden kann. Dem Thema ein paar Gedanken zu schenken schadet nicht.