CSR-Brille #25: Die Blockchain, Nachhaltigkeit und der „kryptische Abfall“

Vorweggesagt: Ich bin keine Blockchain-Expertin. Aber wir schreiben das Jahr 2018 und es dürfte angekommen sein, dass die Digitalisierung und neue Technologien wie eben diese sagenumwobene Blockchain immer stärker alle Lebensbereiche umfassen.

Unternehmensverantwortung 4.0?

Auch mein Business ist digital. Die erdbeerwoche ist eine E-Commerce-Plattform und wir versuchen, unsere gesellschaftliche Verantwortung als Unternehmen so gut wie möglich ernst zu nehmen. Allerdings stelle auch ich mir als Unternehmerin langsam aber sicher folgende Frage: Wenn die 4. Industrielle Revolution jetzt die Digitale ist – wie sieht es dann mit der Unternehmensverantwortung 4.0 aus?

Brauchen wir dann zuerst einmal neue Messmethoden und darauffolgend z. B. auch neue Indikatoren in den Nachhaltigkeitsberichten, die den digitalen ökologischen Fußabdruck von Unternehmen wirklich messen können? Und ist das überhaupt möglich, wenn die Wertschöpfungskette nicht beim eigenen gemessenen Stromverbrauch endet, sondern z. B. bei rein digitalen Geschäftsmodellen auch den Energieverbrauch bei den Usern miteinbezieht – vergleichbar mit Lebenszyklusanalysen, die den Müll von Produkten bei Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigen?

Bitcoin: mehr als „kryptischer Abfall“?

Bei dem Hype rund um die umstrittenen Kryptowährungen wie Bitcoin wurde jetzt zumindest einmal versucht, den ökologischen Fußabdruck zu berechnen: Laut dem Portal „Power Compare“ soll der Stromverbrauch für die hochkomplexen Rechenleistungen des Bitcoin-Minings, also des digitalen Erschaffens von neuen Währungseinheiten durch User und Rechenzentren (für nähere Informationen zum Thema empfehle ich die entsprechende Themenstrecke von Addendum) bereits jetzt den jährlichen Durchschnittsverbrauch an Strom von Ländern wie Irland, der Slowakei und den meisten afrikanischen Ländern überholt haben.

Eine einzige Bitcoin-Transaktion soll sogar den jährlichen Stromverbrauch eines Durchschnittshaushalts in Deutschland verursachen. Natürlich sind diese Berechnungen Annahmen. Aber rufen wir uns diese ganz simple Rechnung ins Gedächtnis, die vor einigen Jahren durch das Netz kursierte: Ein Mal Googeln entspricht dem Energieverbrauch von ca. 1 Stunde Glühbirne. Auch wenn das von Google mittlerweile nach unten revidiert wurde, ist und bleibt das für mich ein gedanklicher Anhaltspunkt ein Gefühl für alles zu bewahren, was hinter dem einfachen „Getippse“ in die Weiten des World Wide Web steckt.

Genau wie man sich bewusst machen sollte, was hinter der Pasta steckt, die zu Mittag im Kochtopf landet oder was im Kleiderschrank an sozialen und ökologischen Problemen herumhängt (mehr zur Verantwortung im Kleiderschrank, siehe CSR-Brille #21. Der US-Ökonom Joseph Stiglitz spricht diesen Kryptowährungen übrigens jegliche gesellschaftliche Positivwirkung ab, denn bis jetzt handelt es sich bei diesen um ein rein digitales Spielzeug, das das „Zocken“ von einigen Wenigen ermöglicht.

Unsichtbarer Energieverbrauch

Das Gefährliche daran ist ja, dass wir den Energieverbrauch der Milliarden Apps und Webseiten, die jeden Tag neu auf den Markt kommen, einfach nicht sehen. Auch bei allen Blockchain-Transaktionen und Kryptowährungen sind eben der Stromverbrauch und somit letztendlich die Folgen zweifelhafter Stromerzeugung – Stichwort Atomenergie, Kohlekraftwerke etc. – noch nicht abschätzbar.

Das ist der Unterschied zu realem Müll des täglichen Lebens, den jede und jeder sieht und dessen Problematik dadurch zumindest den meisten Menschen mittlerweile bewusst ist.

Transparenz: die Chance der Blockchain

Auf der anderen Seite sind einige Nachhaltigkeits-Expertinnen und -Experten guter Dinge, dass die Blockchain-Bewegung viel in Sachen Transparenz voranbringen wird. Die Hoffnung wird insbesondere auf die Transparenz bei Wertschöpfungsketten gelegt, denn der Vorteil von dieser Technologie ist ja, dass alle Transaktionen aufgezeichnet werden und jeder und jede auf diese Weise nachvollziehen kann, woher ein Produkt wirklich stammt. Das wäre natürlich ein riesen Fortschritt!

Pilotprojekte: Nachhaltigkeit mittels Blockchain

Beispiele gefällig? Es gibt bereits Unternehmen, die die Blockchain-Technologie mit Nachhaltigkeitsbezug in Pilotprojekten einsetzen. Da wäre zum Beispiel die bekannte Forstwirtschaftszertifizierung PEFC, die eine lückenlose Darstellung der Holzwertschöpfungskette bis zum Endprodukt erzielen möchte oder die Firma Provenance, die damit auf Transparenz bei ihrer Thunfischerei setzt. Neben dem Thema „Sourcing“ gibt es aber auch Beispiele im Bereich der Sharing Economy, bei denen durch die Blockchain die gemeinsame Nutzung von Produkten erleichtert werden soll.

Es wird sich zeigen, ob diese neue transparenzgetriebene Technologie tatsächlich wieder mehr Vertrauen in die Wirtschaft oder sogar nachhaltige Produktionsprozesse schaffen kann, was sich die Befürworterinnen und Befürworter erwarten. Aber noch sind nicht alle digital und bis die Technologie in der Nachhaltigkeitsdebatte wirklich ankommt, dauert es wohl noch. Die Tampon-Blockchain steht auf jeden Fall aber jetzt auf unserer Liste!

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