COP21: Eindrücke aus Paris via Skype
Adam Pawloff ist Klima-und Energiesprecher von Greenpeace Österreich und zur Zeit bei der Weltklimakonferenz in Paris. Wir haben mit ihm geskypt und gefragt, wie Stimmung und Lage bei den Verhandlungen sind, wie es um Transparenz bei den Sitzungen steht und welche Hoffnungen sich Umweltorganisationen machen.
Welche Termine stehen täglich an, wie sieht dein Alltag in Paris gerade aus?
Es ist eigentlich ganz unterschiedlich. Es gibt jeden Tag ein Debriefing darüber, wie der Tag so gelaufen ist. Wir versuchen mit unseren nationalen Delegationen zu sprechen und dabei unsere Positionen zu pushen. Manchmal gibt es interessante Side-events und sonst versuchen wir — so gut wie es geht — die Verhandlungen nach zu verfolgen. Das Wesentliche, bei dem der Text besprochen wird, findet gerade in sogenannten „Spinoff groups“ statt, die sind für Beobachter aber leider geschlossen.
Hier schließt unsere nächste Frage gleich an: Du hast gestern auf Twitter im Zusammenhang mit der Weltklimakonferenz gepostet „we need more transparency“. Wie viel bekommt man tatsächlich von den laufenden Gesprächen mit?
Also ich bekomme schon Einiges mit, weil wir im Greenpeace-Team drei Leute mit sogenannten „pink badges“ haben. Das heißt, diese Leute sind offiziell Teil der nationalen Delegationen und haben als solche Zugang zu den Sitzungen. Die Sitzungen, die für uns am Wichtigsten sind, werden intensiv nachverfolgt und dann wird darüber berichtet. So gesehen haben wir einen relativ guten Überblick, aber generell gibt es wirklich erhebliche Mängel, was die Transparenz angeht.
Habt ihr gefeiert, als Bundeskanzler Faymann gestern ein Österreich, das sich bis 2030 zu 100% aus erneuerbaren Energien versorgt, versprochen hat?
Also das, was Bundeskanzler Faymann gesagt hat, haben wir von Greenpeace erst einmal vorsichtig begrüßt. Wir finden, dass Österreich viel, viel mehr tun kann. Die Ankündigung, mit 100% Strom aus Erneuerbaren bis 2030 war mehr, als die Regierung davor angekündigt hat, deswegen haben wir uns darüber gefreut. Man muss aber dazusagen, dass Österreich in allen anderen Bereichen sehr säumig ist.
Glaubst du generell dass Einzelpersonen etwas verändern können durch Berichterstattung?
Das muss man auf verschiedenen Ebenen sehen. Ich glaube generell sehr stark an die Macht des Einzelnen. Egal, ob wir als KonsumentInnen tätig sind, indem wir jeden Tag Entscheidungen treffen, die die Welt ein wenig besser machen können…
Ich persönlich tue mein bestes und informiere die österreichischen Medien, damit ein differenziertes Bild und auch die Sicht von Umweltorganisationen in Österreich ankommt.
Ich versuche natürlich auch möglichst viel mit der österreichischen Delegation zu sprechen und da unsere Position zu pushen. So gesehen, kann man als Einzelner schon einen Unterschied machen. Ich glaube grundsätzlich, dass die kollektive Masse der Einzelpersonen, der Zivilgesellschaft hier vor Ort, wahnsinnig viel bewirken kann.
Fühlst du das auch vor Ort?
Auf jeden Fall. Es ist ein Zusammenschluss von insgesamt 900 Personen weltweit. Von den großen wie Greenpeace, Friends of the Earth, WWF über mehrere kleinere Organisationen, die versuchen koordiniert hervorzugehen. Da merkt man schon, dass eine Macht und eine Bereitschaft da ist.
Was ist deine größte Hoffnung an die Verhandlungen?
Ich glaube man muss differenzieren zwischen dem, was wir fordern und dem, was realistischerweise dabei herauskommt. Als einen der zentralen Teile dieses Abkommens, also als „longterm goal“ würden wir uns die komplette Dekarbonisierung bis 2050, also 100% erneuerbare Energien bis 2050 wünschen.
Ansonsten wünschen wir uns 5-Jahres-Zyklen. Das heißt, nicht nur Ziele für 2030 festzulegen, wie es die EU getan hat, sondern diese auf 5 Jahre herunter zu brechen, um auf Zielerreichungsbasis überprüfen zu können.
Andererseits, wenn neue Technologien entwickelt werden, was ja ständig passiert, und es durch solche eine Möglichkeit gibt, mehr zu tun, würden wir uns wünschen, dass diese Ziele sozusagen nachgeschärft werden.
Was wir aber wahrscheinlich erreichen werden, ist ein rechtlich bindendes Abkommen. Wenn dieses das 2050 Ziel beinhaltet, dann wird das Wort „Decarbonisation“ oder „100% renewables“ nicht drin stehen. Sondern eher etwas Abgeschwächtes wie „Klimaneutralität“. Das Problem dabei ist, dass „Klimaneutralität“ sehr unterschiedlich interpretiert werden kann. Außerdem ist es uns bei den 5-Jahres-Zyklen wichtig, dass man wirklich von „Commitment periods“, also wirklich von Verpflichtungsperioden spricht. Aussehen wird es wahrscheinlich eher wie „Review periods“, also Beobachtungen, die aber nicht zwingend dazu verpflichten, nachträglich nachzuschärfen.
Ich glaube insgesamt sind wir relativ hoffnungsvoll. Es gibt sehr viel Dynamik. China und die USA sprechen, was ein rechtlich bindendes Abkommen betrifft, eine unterschiedliche Sprache. Es bleibt aber noch ein bisschen abzuwarten, wie es genau aussehen wird.
Adam Pawloff hat an der Universität Wien Politikwissenschaft studiert, mit Schwerpunkt auf nationaler und internationaler Klimapolitik. Seit 2009 ist er Managing Director des Vereins „Neongreen Network“ und der jährlich stattfindenden Diskussionsveranstaltung „ERDgespräche“. Seit Juli 2015 ist er als Klima- und Energiesprecher bei Greenpeace in Österreich tätig.
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