On the sunny side of the grave

Eine Solaranlage auf fremdem Dach: In Wien wurde Anfang Mai das 29. BürgerInnensolarkraftwerk am Zentralfriedhof eröffnet.

Durch das neue BürgerInnensolarkraftwerk am Wiener Zentralfriedhof können umgerechnet etwa 570 Wiener Haushalte mit Strom versorgt werden. Bild: Wien Energie/Michael Horak.

2012 ging das erste Wiener BürgerInnen­solarkraftwerk in Betrieb, die Anteile daran waren in wenigen Stunden ausverkauft. Zehn Jahre und 27 Solarkraftwerke später eröffnete im Mai 2022 das 29. Wiener Sonnenkraftwerk am Wiener Zentralfriedhof. Der Verkauf der »Sonnenanteile« ist in einer ersten Phase nur NutzerInnen des »Digitalen Grabs« der Friedhöfe Wien offengestanden – seit 1. Juni können sich auch alle anderen eines von 4000 Anteilspaketen sichern.

9,2 Prozent des Bruttostromverbrauchs wurden in Deutschland 2020 durch auf Bundesgebiet errichtete Solar­anlagen gedeckt. In Österreich waren es im gleichen Jahr rund 0,5 Prozent.
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Wie funktionieren gemeinschafts-getragene PV-Projekte?

Die meisten BürgerInnensolarkraftwerke funktionieren nach dem Prinzip eines geschlossenen Fonds, bei dem in einem bestimmten Zeitraum in den Fonds investiert wird, der – für Investitionen – geschlossen wird, sobald das geplante Solarkraftwerk voll finanziert ist. Die Beteiligungsaktionen der Wien Energie sind zwar keine Solarfonds, funktionieren allerdings nach einem ähnlichen Prinzip. Sie bieten eine Möglichkeit, ohne Photovoltaikanlage am eigenen Dach in Sonnenenergie zu investieren. »Die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt. Wien Energie bietet deshalb seit zehn Jahren die Möglichkeit, sich mit BürgerInnensolarkraftwerken aktiv am Klimaschutz zu beteiligen. Gerade in der Stadt hat man oft nicht die Möglichkeit, eine Photovoltaikanlage am eigenen Dach zu installieren«, erklärt Alexander Hoor, Sprecher der Wien Energie.

11,45 Megawatt Leistung hat das größte Wiener BürgerInnensolarkraftwerk in der Donaustadt. Das 2021 errichtete grüne Kraftwerk kann damit rund 4900 Haushalte mit Sonnenstrom versorgen, die Fläche unter den Photovoltaikanlagen ist von April bis Oktober Weidefläche für 150 Schafe.
wienenergie.at

Bei der aktuellen Beteiligungsaktion der Wien Energie kann sich jede Privatperson mit Wohnsitz in Österreich ein »Sonnenpaket« sichern, vorausgesetzt, es besteht ein Stromliefervertrag mit der Wien Energie: Der Ertrag wird fünf Jahre lang jährlich als Gutscheinpaket, entweder für die Jahresstromabrechnung oder für den Shop der Gärtnerei der Friedhöfe Wien, ausgezahlt. Das erweckt zumindest bei Einbringung des Gutscheins zur eigenen Stromrechnung den Anschein, einen Teil des eigenen Energiebedarfs durch eigene PV-Module zu decken.

Bei den BürgerInnensolarkraftwerken der Stadt Wien wird jedem Sonnenpaket fiktiv ein PV-Modul mit einer Spitzenleistung von 300 Watt zugeordnet, erstmals kann beim Kraftwerk am Wiener Zentralfriedhof die Öko­stromerzeugung online getrackt werden.

Als Minimalwert wird eine Erzeugung von 300 kWh pro Jahr und Paket von Wien Energie garantiert. Das entspreche mindestens 51,27 Euro und einer Rendite von 0,84 Prozent.

Kosten und Ertrag

Die Fläche unter den Photovoltaikanlagen in Wien-Donaustadt ist von April bis Oktober Weidefläche für 150 Schafe. Bild: Wien Energie/Michael Horak.

Vorrang beim Kauf eines Sonnenpakets für das neueste Kraftwerk am Zentralfriedhof haben NutzerInnen des »Digitalen Grabs« – eines Services, das 2020 ins Leben gerufen wurde und die Kommunikation zwischen KundInnen der Friedhöfe Wien und der Friedhofsverwaltung erleichtern soll. Sie konnten sich schon seit Anfang Mai um 250 Euro eines von 4000 Gutscheinpaketen sichern – pro Person konnten maximal fünf Anteilspakete erworben werden. Ab 1. Juni wurde die Registrierung für das Solarkraftwerk auf den Flächen der Friedhofsgärtnerei, die weder zu Beerdigungszwecken benutzt wurden noch in Zukunft benutzt werden, für alle geöffnet. Die Beteiligung an der 1,4 Megawatt leistungsstarken Anlage, die umgerechnet etwa 570 Wiener Haushalte mit Strom versorgt, läuft über fünf Jahre. Wird mehr Strom produziert, als vor Ort – etwa für die Elektroautos der Friedhofsgärtnerei – benötigt wird, wird der überschüssige Sonnenstrom in das Stromnetz eingespeist. Für jede erzeugte Kilowattstunde erhalten EigentümerInnen eines Sonnenpakets 17,09 Cent. Für die um 250 Euro erworbenen Gutscheinpakete werden fünf Jahre lang Gutscheine im Wert von jeweils mindestens 51,27 Euro ausgegeben. Wenn die Anlage in einem Jahr durch mehr Sonnenstunden mehr Energie produziert, erhöht sich der Gutscheinbetrag. Die Marktpreisentwicklung hat allerdings keine Auswirkung auf die Höhe der Gutscheine. In einem durchschnittlichen Sonnenenergie-Jahr warten mindestens 315 Kilowattstunden Strom mit einer Rendite von etwa 2,51 Prozent auf die AnteilhaberInnen, so die Wien Energie auf ihrer Website.

Bisher flossen rund 39 Millionen Euro in Energieprojekte mit BürgerInnenbeteiligung der Wien Energie.

Beteiligungsaktionen an Solarprojekten wie jenem der Wien Energie bieten eine vergleichbar günstige, verwaltungs- und risikoarme Möglichkeit für Privatpersonen, um direkt in Solarenergie zu investieren. Die Kosten eines Anteils sind im Vergleich zum Bau einer Anlage auf dem eigenen Grundstück geringer, garantierte Einspeisevergütungen ermöglichen ein kalkulierbares Risiko, jedoch gibt es eine bestimmte Laufzeit für die Projekte. Auch für Kommunen und Energieversorger eignen sich BürgerInnensolarkraftwerke, da vor allem im städtischen Raum nicht alle Unternehmen die Möglichkeit haben, Photovoltaikkraftwerke zu errichten, und sie zudem schnell Kapital aus unterschiedlichen Quellen generieren können.

In Wien haben sich schon vor dem gemeinschaftsgetragenen Solarkraftwerk am Zentralfriedhof über 11.000 Menschen für eine Beteiligung an den 29 BürgerInnensolarkraftwerken und den vier Windrädern in BürgerInnenbeteiligung entschieden. Dadurch flossen bisher rund 39 Millionen Euro in Energieprojekte mit Bür­gerInnenbeteiligung der Wien Energie. Die 20,5 Megawatt aus den 29 Solarparks können schon jetzt umgerechnet 8400 Haushalte mit Strom versorgen, die jährliche Einsparung beträgt dabei rund 12.000 Tonnen CO2.

BIORAMA BUSINESS #1

Dieser Artikel ist im BIORAMA BUSINESS #1 erschienen

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