Buchrezension: »Im Auge der Pflanzen«
Vorgelesen für alle, die Piratengeschichten und Gartenarbeit, kurze Romane und blumige Vergleiche mögen.
Es ist große Kunst, mit welcher Zärtlichkeit Djaimilia Pereira de Almeida ihren Helden, den alten Celestino, in »Im Auge der Pflanzen« zeichnet. Und dass der greise Piratenkapitän – Obacht, Spoiler! – am Ende auch noch seelenruhig sterben darf, ist eigentlich unerhört. Davor ist er gegen Ende seiner Tage wieder im leer stehenden Haus seiner Mutter gestrandet, wo er sich »mit freundlichen Gärtnerhänden« des verwilderten Gartens annimmt. Die Grenzen zwischen dem Alten und seiner Umwelt verschwimmen dabei zusehends, er wird selbst zum Gewächs, die Pflanzen erfassen sein Wesen. Nach und nach erfahren wir beim Jäten und Anlegen von Bewässerungsgräben, dass die Geschichten, die im Dorf über Celestinos grausame Vergangenheit erzählt werden, nicht völlig erfunden sind. Als Kapitän eines SklavInnenschiffs hat er Leichen über Bord geworfen, dutzende Menschen getötet. Zwei von ihnen hat er nicht vergessen. Nun, da seine Sinne trüber werden, leisten sie ihm Gesellschaft. Die kräftige, bildreiche Sprache der 1982 in Angola geborenen, in Portugal aufgewachsenen, in Lissabon lebenden Autorin erfordert Konzentration. Wer diese aufzubringen bereit ist, den belohnen Djaimilia Pereira de Almeida und ihre deutsche Übersetzerin Barbara Mesquita mit einem dichten, fantasievollen Roman und fiebrigen Bildern, die kein Film je bieten könnte. Besonders eindrucksvoll: die Schilderung des Tanzes einer über die Rüben wachenden Vogelscheuche, die der Wind in der Abenddämmerung zum Walzer auffordert. Ein Roman, den man schwer vergessen wird.
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