Buchrezension: »Die Freuden und Leiden des modernen Mannes«

Vorgelesen für alle, die beim Verlassen des Museumsshops ein Mitbringsel für den modernen Mann in ihrem Umfeld erstehen wollen.

»Die Freuden und Leiden des modernen Mannes«
Bild: Istock.com/Poweroffforever.

Die Zielgruppe dieses Büchleins ist zweifelsohne »der moderne Mann« beziehungsweise wer auch immer von seinen Mitmenschen als solcher verstanden, verarscht und jedenfalls beschenkt wird. Denn »Die Freuden und Leiden des modernen Mannes« ist ein typisches Mitbringsel, das früher oder später auf dem Klo des Beschenkten landet und dort die Gäste beim Erleichtern amüsiert. Es bietet gewissermaßen Memes und Reels in Buchform, und baut auf dem mittlerweile bewährten Muster auf, mit dem Wolfgang Luef bereits eine Reihe von vergleichbaren Büchlein fabriziert hat. Darin findet sich, wie es auch auf dem Einband heißt: »Klassische Kunst neu interpretiert«. Der Humor ergibt sich dabei daraus, dass Altbekanntes bzw. Altehrwürdiges aus neuen, unerwarteten Blickwinkeln betrachtet wird. Luef reißt klassische Kunstwerke aus ihrem kunsthistorischen Zusammenhang und denkt sie in einen gegenwärtigen Kontext, indem er ihnen gewissermaßen neue Titel gibt. So erschienen beispielsweise: »Im Museum gewesen. Überall Corona gesehen« (2021), »Im Museum gewesen. Überall meine Familie gesehen« (2022), »Vom wunderbaren Leben mit Katzen« (2023) oder nun eben »Die Freuden und Leiden des modernen Mannes«. Die Idee wäre bei anderen schnell erschöpft. Doch Wolfgang Luef ist ein Meister des Kurzweiligen, Journalist beim Magazin der Süddeutschen Zeitung, bei dem er nicht nur die Digitalredaktion leitet, sondern auch beliebte Rubriken wie die »Gefühlte Wahrheit« oder »Drei große Lügen« bespielt. In den »Freuden und Leiden des modernen Mannes« macht er beispielsweise aus Giuseppe Arcimboldos Gemüsegesicht »Vertumnus und Porträt von Rudolf II. von Habsburg« aus dem Jahr 1591 »Heinz erzählt erst mal jedem, dass er Veganer ist.«. Aus Giovanni Bellinis irgendwann zwischen 1475 und 1480 gemalten »Abstieg Christi in die Vorhölle« wird »Für die Warteschlange vorm Berghain fühlen sich Martin und seine Freunde irgendwann zu alt«. Das ist manchmal wirklich komisch, manchmal aber auch bemüht respektlos den Alten Meistern gegenüber. Über das Geschenk jedenfalls freut man sich höchstwahrscheinlich. Man möchte aber eher nicht gemeinsam mit Wolfgang Luef durchs Museum schlendern müssen.

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BIORAMA #91

Dieser Artikel ist im BIORAMA #91 erschienen

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