Wo Katzen gejagt werden…

Katze

Bild: flickr.com / kellinahandbasket – CC BY 2.0

…da gibt es Protest. Auf der friesischen Insel Borkum wird Jagd auf verwilderte Hauskatzen gemacht, um seltene Seevögel zu schützen. Tierschützer sind empört. Wenn doch nicht alles  so kompliziert wäre.   

Die Insel Borkum ist nur 31 Quadratkilometer groß, doch jedes Jahr bekommen die 5.100 Insulaner Besuch von einer Viertelmillion Urlaubern. Die geniessen dort die Natur des Nationalparks Wattenmeer, suchen Entspannung, gehen baden oder spazieren, und tun, was man auf einer Insel sonst eben so tut. Dazu gehört offenbar auch das Aussetzen von Tieren, die auf der Insel eigentlich nicht heimisch sind. Und das führt zu Problemen. Die deutschen Nordseeinseln schaffen es an und für sich selten in die Nachrichten – wohl der Ruhe wegen, die dort herrscht.

Auf Borkum allerdings tobt nun ein Streit, der bis auf das Festland herüberschwappt und natürlich auch im Social Web für einen maritimen, frühherbstlichen Sturm sorgt.

Die dreißig Jäger der Insel machen nämlich Jagd auf eingeschleppte Hauskatzen. Das bedeutet nicht, dass jedes Kätzchen, das gesichtet wird, um sein Leben bangen muss. Katzen, die ein Halsband tragen, bleiben verschont, so heisst es. Doch für ausgewilderte Kätzchen und deren Nachwuchs ist die Insel zu einem gefährlichen Terrain geworden, schließlich stellen sie selbst eine Gefahr für die Vögel der Insel dar. Vom Menschen „eingeschleppte“ Nesträuber mitten im Vogelschutzgebiet liegen nicht im Interesse des Niedersächsischen Nationalparks Wattenmeer. Gerade für die seltene Uferschnepfe stellen die Raubtiere einen unnatürlichen Feind dar. Die Nationalparkverwaltung ist angesichts der Aufregung rund um die Jagd auf Katzen um sachliche Aufklärung bemüht. In einer Pressemitteilung erklärt sie: „Das Problem eingeschleppter Beutegreifer tritt als Problem des Artenschutzes weltweit auf, besonders auf Inseln. Es ist gängige Praxis, in Schutzgebieten den Einfluss dieser Tiere zu kontrollieren, gerade wenn besonders gefährdete Arten bedroht sind.“ Neben verwilderten Hauskatzen zählen zu den ungebetenen Eindringlingen im Schutzgebiet übrigens auch Ratten und Igel.

„Der Jagdschutz gehört zur Hegeverpflichtung der Jägerschaft und wird landesweit ausgeübt. Die Kontrolle verwilderter Katzen auf den Inseln stellt daher keine Besonderheit dar. Der Jagdschutz dient also dazu, eine wertvolle und einzigartige Inselnatur vor negativen, von Menschen gemachten Einflüssen zu schützen,“ macht der Nationalpark deutlich, und der Umweltbeauftragte Borkums, Jens Albrecht, erklärt in der lokalen Ostfriesen-Zeitung: „Überall in Deutschland werden streunende Katzen von Jägern getötet. Das ist in München und Berlin nicht anders als auf Borkum.“

Das Leben von bedrohten Vögeln durch das Töten anderer Tiere zu schützen, das ist für viele eine moralisch und tierrechtlich schlicht abenteuerliche Konstruktion. Rund 7.500 Menschen haben bereits eine Petition unterzeichnet, in der verlangt wird, die Jagd einzustellen, und stattdessen lieber auf Zwangskastration zu setzen.

In einer kanadischen Studie wurde neulich festgestellt, dass Katzen die Todesursache Nummer eins für Vögel darstellen, gefolgt übrigens von Zusammenstößen mit Autos und Gebäuden. Lässt man also die kurzfristige Aufregung um die Borkumer Katzenjagd beiseite, stellt sich die Frage, wie man langfristig mit dem Katzenproblem verfährt. Fast jeder mag Katzen. Doch auch wenn es bei Youtube mehr Katzen- als Vogelvideos gibt, liegt den Meisten wohl auch an gesunden Vogelbeständen. Viele haben Lust auf eine Katze als Haustier. Sehr viel weniger Leute haben jedoch Lust, Geld für die Kastration ihrer Tiere auszugeben. Ein Problem, denn Katzen vermehren sich bekanntlich sprichwörtlich wie die Karnickel. Eine freilebende Katze wirft jährlich bis zu zehn Junge! Viele Tierschützer, unter anderem die Tierschutzorganisation PeTA, fordern daher schon seit langem die Einführung der Zwangskastration für Freigängerkatzen. Streunende Katzen einzufangen, sie tierärztlich kastrieren zu lassen, um sie dann wieder auszusetzen, das ist allerdings aufwendig und kostspielig. In empfindlichen Vogelschutzgebieten, wie auf Borkum, kann die Kastration eine langfristige Lösung sein. Kurzfristig ist den Bodenbrütern von Borkum jedoch wohl eher durch die Bejagung der Katzen geholfen.

Beim Thema Tierschutz schlagen die Wogen schnell hoch, gerade wenn es um Katzen oder Hunde geht. Dass beispielsweise auch der Fuchs vor allem deshalb bejagt wird, weil er die Bestände an Niederwild und Vögeln dezimiert, spielt in den Debatten selten eine Rolle. Beim Tierschutz geht es oft emotional zu. Einen rein rationalen Zugang zur Ökologie – den kann man wohl kaum verlangen. Es ist wie so oft: die einfachen Lösungen beim Umweltschutz, es gibt sie nicht.

VERWANDTE ARTIKEL