Pflanzliche Fleischberge: Bodybuilding vegan
Robert Cheeke (rechts auf dem Foto) ist Gründer von Vegan Bodybuilding & Fitness.
Der vegane Trend geht auch an Kraftsportlern nicht vorüber. Viele Sportler steigen auf eine reine pflanzliche Ernährung um. Die Gründe dafür sind verschieden, aber ihr Ziel bleibt das selbe – maximale Leistungserhöhung. Kann das funktionieren?
Bodybuilder und Kraftsportler kommen einem nicht unbedingt als erste in den Sinn, wenn man an Veganer denkt. Aber, die Ernährungsform findet doch einige Anhänger in der Szene. Topfen, Fisch und Putenbrust sind so ziemlich die am häufigsten vorkommenden Lebensmittel auf dem Speiseplan eines Bodybuilders. Bei veganer Ernährung sind aber genau diese Lebensmittel verboten. Die Skepsis im Bodybuilder-Business ist groß, aber auch bekannte Gesichter aus der muskulösen Szene, wie Karl Ess, begeistern sich für das Thema der pflanzlichen Ernährung.
Der Muskelaufbau
Vegane Ernährung – da fehlen doch die nötigen Proteine und Nährstoffe, oder? Doch Muskelaufbau ohne tierische Proteine ist laut Ernährungscoach Daina Ogris genau so gut möglich, wenn nicht sogar gesünder. „Vorausgesetzt man beachtet die biologische Wertigkeit von Lebensmittel und die Verbesserung von diesen, kombiniert das schlau mit den pflanzlichen Eiweißen, greift zusätzlich zu veganen Proteinshakes und baut das Training zielführend auf, dann ist sicher auch bei veganer Ernährung ein gesunder Muskelaufbau zu erwarten“, erzählt uns Daina. Im Masse- und Muskelaufbau befinden sich die Veganer – wie von vielen vermutet – also nicht zwingend im Nachteil.
Der Muskelmann ernährt sich – ohne Ausnahme – ausschließlich pflanzlich.
Erhöhung der Leistungsfähigkeit und verstärkter Muskelaufbau
Nicht nur im Bodybuilding, sondern allgemein, wird von den Athleten im Leistungssport eine gesunde und disziplinierte Ernährung vorausgesetzt. Angesichts der hohen Belastung des Körpers eines Leistungssportlers, muss fast penibel auf die Ernährung geachtet werden. Eine zu große Zufuhr an tierischem Protein kann letztlich zu Entzündungen und Gicht im Körper führen, denn es lagert sich an Gelenken und Venen ab. Bei der Frage, ob bei veganer Ernährung ein Leistungsanstieg und ein erhöhter Muskelaufbau verzeichnet werden kann, scheiden sich die Geister. Auch bei Ernährungscoach Daina Ogris und dem Sportrehabilitations-Trainer Sigi Mitterfellner herrschen Uneinigkeiten. Mitterfellner schließt einen Leistungsanstieg und einen erhöhten Muskelaufbau bei veganer Ernährung mit den Worten „never ever“ kategorisch aus. Frau Ogris betont, dass das mit den richtigen Proteinshakes und einem gut strukturierten Trainingsplan durchaus möglich sein kann. Veganer nehmen viel weniger Cholesterin zu sich, somit verbessern sich durch die Ernährungsform Cholesterin- und Blutdruckwerte und das Risiko eines Herzinfarktes schrumpft. Soweit sind sich dann doch beide einig. Es gibt aber einige Sportler, die auf die vegane Ernährungsform auch im Leistungssport schwören.
Verkürzte Regenerationsphase durch vegane Ernährung
Der bekannte Ironman-Triathlet Brendan Brazier ist zweifacher Ultramarathon-Sieger und ernährt sich seit rund 20 Jahren erfolgreich vegan. Mit der Motivation ein besserer Sportler zu werden, fing Brazier an, sich für vegane Ernährung zu interessieren. Er stellte fest, dass die Erholung schneller stattfindet und somit die Trainingseinheiten in kürzeren Abständen absolviert werden können: „Die Regeneration der Muskeln macht den Unterschied. Und die hängt stark von der Ernährung ab.“ Daina Ogris unterstützt diese Meinung mit einer fundierten Begründung:
„Tierische Produkte sind reich an schwefelhaltigen Aminosäuren. Wenn die verstoffwechselt werden, entsteht dabei Säure. Normalerweise reguliert unser Körper den Säuren-Basen-Haushalt selbst. Ist der Konsum an tierischen Lebensmitteln allerdings sehr hoch, kann es zu einer Übersäuerung des Stoffwechsels kommen. Diese Übersäuerung kostet unseren Stoffwechsel Energie. Je weniger Energie der Körper für Stoffwechselprozesse benötigt, desto mehr Energie steht dem Sportler für das Training zur Verfügung. Aus diesem Grund ist zu beobachten, dass sich der Körper veganer Sportler in einigen Fällen meist schneller von Trainingseinheiten erholt.“, so die Ernährungsberaterin.
Sigi Mitterfellner, Trainer für Sportrehabilitation, ist hingegen der Meinung, der Mythos einer Verkürzung der Regenerationsphase sei „Blödsinn“. Aber was sagen denn nun bekannte Kraftsportler zu dem Thema?
Vom Egoismus in den Veganismus
Karl Ess ist ein bekannter Kraftsportler aus Deutschland, der sich selbst vegan ernährt und dadurch, laut eigener Aussage, einen deutlichen Leistungsanstieg erkennen kann. Natürlich geht es bei veganer Ernährung nicht nur um die gesundheitlichen Faktoren, sondern auch um die ethischen und moralischen. Karl Ess war am Anfang ein eher egoistischer Veganer. Seine Begründung für den Verzicht auf Tierisches war schlicht: Er wollte seine eigene Gesundheit und die eigene körperliche und mentale Leistungsfähigkeit bis zum Maximum ausreizen. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema wurde ihm dann bewusst, wie viele Vorteile die vegane Ernährung eigentlich darüber hinaus bietet, nicht nur für den Menschen, sondern auch für Tiere. Im Sport hat es ihn laut eigenen Aussagen fundamental weiter gebracht, auf Fleisch und tierische Produkte zu verzichten.
(Foto: Creative Commons, Diego Palomino, CC BY 2.0)
„Ja zu viel Fleisch ist gesundheitsschädlich, genauso wie zu viel Zucker, zu viel Kohlenhydrate und zu viel Sport“
Der Konsum von Fleisch und somit die Tierwirtschaft trägt einen wesentlichen Teil zum Klimawandel bei. Der ökologische Fußabdruck von so manchem Fleischesser wird dabei durch Bodybuilding merklich größer. Tim Wiese, der ehemalige Fußballer ist mittlerweile ins Bodybuilding-Business gerutscht und gibt an, dass er bis zu einem Kilo Fleisch zu sich nimmt – täglich. Damit käme er auf bis zu sieben Kilo in der Woche und das macht wiederum 365 Kilo im Jahr. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Österreicher nimmt im Jahr 70 Kilo Fleisch zu sich.
Wo bleibt der ökologische Gedanke bei veganer Ernährung?
Übermäßiger Fleischverzehr schädigt die Umwelt, aber das ist nicht der einzige Faktor. Für Sigi Mitterfellner gibt es durchaus schlimmere Belastungen, denen wir unsere Erde täglich aussetzen. „Wir fahren mit Autos, benutzen Atomstrom, wir betonieren alles zu, schauen stundenlang TV oder ins Internet, benutzen Handys etc. … das ist für Mutter Erde wesentlich schlimmer, als Fleisch zu essen.“ Ab und zu auf Fleisch zu verzichten, ist aber durchaus ein guter Ansatz und kann zu einer Minderung der Belastung durch Treibhausgase führen. „Um klimaschonend vorzugehen, kann es schon ein Anfang sein, nur noch 30% tierische Lebensmittel und 70% pflanzliche Lebensmittel zu sich zu nehmen“, meint Daina Ogris. Für sie ist das auch gesundheitlich eine optimale Verteilung der Lebensmittel. Ob die vegane Lebensweise die Leistung im Sport erhöht, bleibt weiterhin umstritten, aber sicherlich kann der Verzicht sich positiv auf die eigene Gesundheit und Umwelt auswirken.