Blühendes Polen
Mit Know-how aus NachbarInnenländern hat die polnische Meadow Foundation bisher über 200 Flächen mit Wildblumenwiesen begrünt – gegen Smog, für mehr Biodiversität und ein besseres Stadtklima.
Die Meadow Foundation ist eine Non-Profit-Organisation, mit einem Social Business im Kern: Sie verkauft Saatgutmischungen online und direkt an Firmen, bietet Workshops an, pflanzt die Wiesen aber auch selbst. Das Telefon-Interview mit BIORAMA führt Gründer Maciej Podyma vom Traktor aus.
BIORAMA: Sie sagen, Sie erfinden Wildblumenwiesen neu – ist das notwendig?
Maciej Podyma: Ja, wir bringen sie nämlich in die Städte und ermöglichen so auch StadtbewohnerInnen, etwas zur Biodiversität beizutragen. Außerdem nützen wir Technologie, um zu zeigen, wie die Menschheit Blumenwiesen dort auf eine neue Art nützen kann: gegen Smog und um das Stadtklima auszugleichen und als Lebensraum für unverzichtbare Tiere. Es gibt so viele verschiedene Zwecke.
Sie sagen, Sie »befähigen« BürgerInnen, ihr Leben, ihr Zuhause und ihre Stadt zu entgiften. Wie machen Sie das?
Wenn man eine Idee hat, braucht man zur Umsetzung immer noch das passende Werkzeug. Wir bieten einen Einstiegsguide für Individuen, für NGOs oder Kommunen an. In einem nächsten Schritt bieten wir auf unserer Website auch eine Schablone für Finanzierungsansuchen an.
Was konnte bisher umgesetzt werden?
Wir haben auf diese Weise in Polen schon 50 bis 60 Wildblumenwiesen im Entstehen unterstützt. Über 150 haben wir gleichzeitig während der vergangenen vier Jahre selbst angelegt. Unsere Entwicklungsphase ist damit nun in einem ersten Schritt abgeschlossen und wir wachsen schnell.
Auf welcher Datenbasis arbeitet die Meadow Foundation?
Beispielsweise nützen wir Satelliten, um uns bei der Planung zu helfen. Und zwar einfach Open-Source-Daten der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Etwa um herauszufinden, wo in einer Gegend wie viel Feuchtigkeit vorhanden ist. Wo ist ein guter Platz, um zu beginnen? Wo wird eine Wildblumenwiese den größten Impact haben? Das Budget ist immer begrenzt, man muss Prioritäten setzen.
Wenn man ins Blumenwiesen-Business einsteigt, kann man unterschiedliche Technologien nützen, um herauszufinden, welcher Mix am besten geeignet ist, um Luftverschmutzung einzufangen und zu neutralisieren. Wir haben mit einem Mix aus 300 Pflanzen gestartet und einige Labors gebeten, diesen zu überprüfen. Auf Basis der Ergebnisse haben wir ihn zuerst auf 160 reduziert, dann auf 25 bis 30. Im Detail hängt das dann vom Typ der Mischung ab.
»Wenn man ins Blumenwiesen-Business einsteigt, kann man unterschiedliche Technologien nützen.«
Maciej Podyma
Sie verwenden Saatgutmischungen abhängig vom Einsatzgebiet?
Bisher arbeiten wir in Polen mit drei Arten von Mix, mit Saatgut von polnischen und deutschen AnbieterInnen. Ganz einfach aus dem Grund, dass wir in Polen bisher keine so große Saatgutbank haben. Aber schon jetzt arbeiten wir am Aufbau eines Netzwerks mit SaatgutpartnerInnen in anderen europäischen Staaten, etwa Großbritannien.
Grundsätzlich finden Sie in ganz Mitteleuropa einen bestimmten Grundbestand an Wildblumen, derzeit konzentrieren wir uns auf Polen.
Wir wollen aber expandieren und dazu werden wir auch mit SaatgutherstellerInnen aus den jeweiligen Zielländern zusammenarbeiten, um die Biodiversität nicht zu beeinträchtigen. Wenn wir ein Projekt in Deutschland umsetzen, werden wir auch entsprechende deutsche Wildblumen einsetzen.
Wie finanzieren Sie das Anlegen der Wiesen?
Auf der Kommunalebene haben wir in Polen in einigen Städten die Abstimmungen gewonnen, bei denen BürgerInnen wählen können, in welche Projekte öffentliches Geld fließt. Wir sitzen in Warschau, 56 der 150 Wildblumenwiesen wurden dort angelegt – manche sind ganz klein, andere erstrecken sich über 100 Hektar. Nach den ersten Jahren in Warschau ist Nachfrage auch in Krakow und anderen Städten entstanden. Es hat gefunkt – und wir haben gleichzeitig viel von anderen Ländern gelernt, die schon Saatgutbanken aufgebaut und Wissen darüber gesammelt haben, welche Sorten man pflanzt, um etwa das Bodenleben zu verbessern. In Polen war da wenig zugängliches Wissen, wir mussten also einfach bei den NachbarInnenländern fragen. Und jetzt geben wir das Wissen, erweitert um unsere Erkenntnisse, zurück.
In Deutschland gibt’s für das, was wir machen, vier oder fünf Organisationen oder Unternehmen – für die einzelnen Schritte. Unser Programm beinhaltet sie alle, wir bündeln also viel Know-how, wir wissen mittlerweile mehr als unsere europäischen LehrerInnen.
Wie groß ist der positive Effekt einer Wildblumenwiese?
Wir wissen es derzeit noch nicht. Aber wenn du einen Hektar Blumenwiese pflanzt, kannst du dadurch 100 Kilogramm Staub einfangen. Pro Quadratmeter sind es also drei bis zehn Gramm. Gleichzeitig ist es auch eine Kostenersparnis in der Wartung: Denn eine Wildblumenwiese muss nur ein bis zwei Mal im Jahr gemäht werden. Alleine der Ressourcenverbrauch für die Mahd ist dadurch geringer – drei bis sechs Mal weniger Treibstoff, Zeit und Geld müssen aufgewendet werden. Derzeit untersuchen wir, wie genau sich die Wiesen auf die Biodiversität auswirken.
Gibt es legale Einschränkungen der Möglichkeiten, mit denen Sie zu kämpfen haben?
In Polen gibt es kaum nationale Gesetze, die hier Probleme machen, sondern es sind eher lokale Rechtslagen, die ein Problem darstellen. Das größte davon sind eigentlich die Straßen, weil die Leute hier Sicherheitsbedenken haben. Alle meinen, kurz geschnittener Rasen wäre sicherer – so sehen üblicherweise die Straßenränder in Polen aus. Es gibt mittlerweile ausreichend Studien, die das widerlegen. De facto muss man nur mit den Leuten reden, sie mit wissenschaftlichen Ergebnissen konfrontieren und schauen, dass man bei einer Behörde ein Gegenüber findet, das grundsätzlich offen für konstruktive Vorschläge ist.
Mehr zum Projekt auf laka.org.pl/english/. Dieses Projekt ist Teil des Ashoka-Netzwerks und als gefördert Fellowship für Social EntrepreneurInnen. Mehr Projekte auf www.ashoka-cee.org.
Der Biologe Maciej Podyma ist Gründer der 2014 entstandenen Meadow Foundation und Vater zweier Kinder.