Her mit eurem Biomist

von Yasmin Nowak · 19. September 2013

Bild: Vera Wiedermann

Vera Wiedermann macht’s anders. Anstatt Mist wegzuwerfen, möchte sie auf der Vienna Design Week welchen sammeln, nämlich euren! Im Margaretner Lokal Aromat zieht die studierte Food Designerin von 27. September bis 6. Oktober ein temporäres Recycling-Restaurant auf. Für jeden Kilo Biomist erhaltet ihr einen Euro Rabatt auf alle Speisen im Biomat.

Biomat im Aromat – eine Woche lang bekocht Vera Wiedermann Besucher der diesjährigen Vienna Design Week. Am Freitag, 27. September, veranstaltet sie ein großes Eröffnungsdinner, das sie nicht selbst, sondern Leo Calice von der Beton- und Feldküche zubereitet. Die Gerichte haben sie gemeinsam kreiert.

Am Samstag, 28. September, ist der offizielle Start für Veras sensorische Küche. Drei verschiedene Gerichte wird es jeden Tag geben: Vor-, Haupt- und Nachspeise. Als Menü könnt ihr alle drei auf einmal bestellen. Für alle, die jetzt denken, dass die Köchin den mitgebrachten Biomist zum Verkauf verarbeitet, der irrt. Waste Cooking wird es nicht geben. Einen Großteil der Lebensmittel bezieht Vera von Biohof Adamah, sind also bio-zertifiziert. Darunter werden auch einige Tomaten und Paprika sein, die als „unverkäuflich“ gelten. Unverkäuflich heißt in dem Fall, dass das Gemüse optisch nicht mehr schön genug für den Verkauf ist, aber bei weitem gut genug für den Verzehr.

Vera Wiedermann
Bild: Vera Wiedermann

Der Food-Designerin sind hochwertige Bioqualität, regionaler Ursprung und Saisonalität ihrer Zutaten sehr wichtig. Deshalb wird ein großer Saisonskalender aufgehängt und fast ausschließlich mit saisonalem Gemüse gekocht. Genauso wie ihre anderen Produkte, steht auch Veras Kulinarik unter asiatischen Einflüssen. In ihren Gerichten wird sich deshalb so manch eine exotische Zutat finden. Die Ravioli verfeinert Vera zum Beispiel mit Limettenblättern.

Die Idee: Autark kochen

Die Idee zum Pop-Up-Recycling-Restaurant hatte Vera Wiedermann schon vor längerer Zeit. Ursprünglich wollte sie eine autarke Kochstelle konstruieren. Die Energie sollte aus einer eigenen Minibiogasanlage stammen. In Biomist steckt bekanntlich auch eine andere Energieform als zukünftige Humuserde: Wenn die Mikrolebewesen Methanogene das alte Gemüse fressen und verdauen, entsteht nämlich Methan. Der Prozess funktioniert ähnlich wie bei Kühen, nur effektiver. Methan brennt sehr gut, zum Kochen also perfekt. Ein Team der TU Wien bewies sogar rechnerisch, dass das Konzept funktionieren könne. Ein 60 Liter Tank unter der Küchenspüle würde reichen. Dennoch verwarf die Designerin ihr Konzept, da sie auf der holländischen Design Week entdeckte, dass das Elektronikunternehmen Philipps an einem ähnlichen Projekt in größeren Dimensionen arbeitete.

Biomist sammelt sie jetzt trotzdem. 50 bis 500 Kilo Müll werden erwartet. „Noch kann ich mir die Bobos, die mit Sackerl voll Biomüll in der U-Bahn sitzen, nicht so gut vorstellen“, sagt Vera. Der gesammelte Biomist kommt in einen großen schwarzen Kompostierer, der am Ende des letzten Tages des Biomats feierlich zur Urban Farm der Salatpiraten gerollt wird. Das Roll-Over ist natürlich auch für jeden zugänglich. Wen’s interessiert, der kann im nächsten Jahr auch bei der Ernte des Biomat-Gemüses dabei sein. Dafür müsst ihr allerdings eure E-Mail-Adresse im Pop-Up-Restaurant hinterlassen.

Kreative in der Küche

Wenn das Konzept während der Vienna Design Week gut ankommt, könnt ihr euer Altgemüse vielleicht bald dauerhaft bei Vera Wiedermann abliefern. „Es ist ein Testlauf für ein eigenes Lokal“, bekennt die Designerin. Das Konzept müsse sie für einen ständigen Betrieb wahrscheinlich noch ein bisschen adaptieren. Mit einem eigenen Lokal läge Vera Wiedermann im Trend – gerade in letzter Zeit sind viele Kreative in das Geschäft der Esskultur eingestiegen. Eines der zahlreichen Beispiele ist der Grafikdesigner Markus Handl vom Hafenjunge in Wien oder Bernadette Pausackls süße Luise in Graz. „Es ist wahrscheinlich die Kommunikation, die viele Kreative an der Gastronomie reizt. Fremde Menschen an einem Ort so zu begegnen wie im eigenen Wohnzimmer, ist eine schöne Vorstellung. Es geht vor allem ums Nah-Sein und nichts geht näher als das, was man aufnimmt“, glaubt Vera. Freut euch also auf eine Mahlzeit wie im eigenen Wohnzimmer im Biomat von 27. September bis 6. Oktober.