Das Biokistl und der Coach
Die Kinder übernahmen den Hof der Eltern: Wie man einen Familienbetrieb wie den Biohof Adamah gemeinsam führt (ohne sich allzu sehr auf die Nerven zu gehen).
Es war kein unbedachter Schritt als Sigrid und Gerhard Zoubek, mittlerweile 66 und 67 Jahre alt, vor zwei Jahren den Hof an ihre vier Kinder übergaben. Bereits zehn Jahre davor kam die Familie regelmäßig mit einem von den Eltern engagierten Coach zusammen, um alles gut vorzubereiten. »Auch jetzt treffen wir uns noch alle sechs Wochen zu einem Familienrat«, sagt Elisabeth Zoubek, die Geschäftsführerin des Biobetriebs. »Wir haben jedes Mal eine Agenda mit Themen, die sich nicht einfach zwischen Tür und Angel erledigen lassen. Denn es gibt natürlich auch unangenehme Punkte, die man mit Brüdern oder Eltern nicht so gerne anspricht.« Auch begleitete Geschwistertreffen ohne Eltern gibt es und Einzeltreffen mit dem Coach. »Ohne ihn wären wir heute nicht soweit«, ist sich Zoubek sicher. »Natürlich gibt es manchmal Bröseln«, sagt sie, »wir sind ein Familienbetrieb, wohnen alle recht nah beieinander und sehen uns jeden Tag. Da gehst du dir schnell mal auf die Nerven.«
Der Biohof Adamah ist weithin bekannt für seine Abokisten, in denen, vom Marchfeld aus, Bioprodukte in ganz Wien, weiten Teilen Niederösterreichs und mittlerweile bis hinunter nach Graz ausgeliefert werden. Seit zwei Jahren ist das als Beteiligungsgesellschaft organisiert. Je 23,5 Prozent davon gehören den Geschwistern Christian (43), Elisabeth (37), Stefan (40) und Simon (28). Die restlichen sechs Prozent bleiben beim Vater. »Damit ist das Erbe auch gleich geregelt«, sagt Elisabeth Zoubek. In einem Gesellschaftsvertrag sind die Aufgabenbereiche zugeteilt und festgelegt und für welche Entscheidungen es Mehrheitsbeschlüsse braucht. So halten die fünf Familienmitglieder gemeinsam mehrere Tochterunternehmen: den Vertrieb, eine eigene Produktion und zwei landwirtschaftliche Betriebe. Einer davon die ursprüngliche Biolandwirtschaft, von der aus 1997 alles seinen Anfang nahm. Der andere eine zugekaufte Landwirtschaft, deren Apfelplantagen gerade noch in der Umstellungsphase auf Bio sind.
Die Geschwister, aber auch deren PartnerInnen arbeiten jeweils ihren Fertigkeiten und Vorlieben entsprechend. Seit einem Jahr steht Elisabeth Zoubek auch ein Co-Geschäftsführer zur Seite: Christian Brenner, der nicht Teil der Familie, aber bereits ein Jahrzehnt im Betrieb beschäftigt ist. »Im Wesentlichen kümmert er sich um die Buchhaltung und um die Zahlen«, sagt sie. Bei einem Betrieb dieser Größe sei es gut, dafür einen Profi zu haben. Mit wöchentlich knapp 7.000 ausgelieferten Biokistln und dem Bioladen in Glinzendorf machen die knapp 100 MitarbeiterInnen einen Jahresumsatz von 11 bis 12 Millionen Euro.
Kindergärten und Kochboxen
Allen Zehnjahresplänen zum Trotz bleibt auch ein Biokistlvermarkter nicht unbeeindruckt von den Wirrungen des Zeitgeschehens. Als die Kinder den Hof vor zwei Jahren übernahmen steckte die Welt noch in Lockdowns. Die Nachfrage nach bequem ins Homeoffice gelieferten Bioprodukten war dermaßen groß, dass Adamah zwischenzeitlich keine neuen KundInnen mehr aufnehmen konnte. Mittlerweile haben Krieg, Energiekrise und Inflation auch bei der Biokundschaft die Kauflaune etwas gedrückt. »Wir haben zum Glück viele treue StammkundInnen, die schätzen, dass ein regionaler Familienbetrieb hinter ihrem Einkauf steckt und die uns auch immer wieder in Glinzendorf besuchen«, sagt die Geschäftsführerin und verweist auf Hoffeste und regelmäßige Kochkurse. Oft organisieren überzeugte PrivatkundInnen auch gemeinsame Biokistlbestellungen an ihren Arbeitsplatz. »Büros, Schulen und Kindergärten werden immer wichtiger für uns.« Besonders beliebt sind aber auch die Rezeptkisten, in denen – abgesehen von Salz, Pfeffer und Olivenöl – alle Zutaten zur Zubereitung eines speziellen Rezepts geliefert werden. Wobei auch das Geschäft mit den Kochboxen ein umkämpftes ist. Umso stolzer ist man in Glinzendorf, dass die Adamah-Kochbox im Testbericht der Oktoberausgabe der Zeitschrift »Konsument« auf dem zweiten Platz landete – neben internationalen Anbietern, die ihre Boxen mit Ware völlig unklarer Herkunft von weither liefern. Was oft auf Kosten der Frische geht. »Einzig Adamah kommt aus Österreich und liefert auch regionale Lebensmittel«, heißt es. Bei der Frische war man klarer Testsieger. Und dass das Angebot aus Niederösterreich etwas teurer ist, erklären die Biozutaten. Positiv bewertet werden auch die Mehrwegboxen. Negativ erwähnt wurde einzig, dass das Lieferfenster bei Adamah »sehr unflexibel« sei und »ein ganzer Tag angegeben« wird. Dafür haben die Zoubeks aber eine Erklärung: »Es wäre ineffizient und völlig unnachhaltig, würden wir jeden Ort zu jedem gewünschten Zeitpunkt anfahren«, sagt Elisabeth Zoubek. »Deshalb ist bei uns auch 48 Stunden vor Lieferung Bestellschluss. Wir müssen planen können und wollen kein bummvolles Lager, von dem wir dann immer die Hälfte wegwerfen müssen.«
In Glinzendorf sieht man sich deshalb auch auf dem zweiten Platz als heimlicher Sieger.
Mehr über Adamah, ob Biohof oder -kistl, gibt es hier.