Bio makes the world go round
Bio-Hotels nach österreichischem Vorbild in Japan? Tiroler Bio-Ziegenkäse in Dubai? In anderen Teilen der Welt stoßen Bio-Ideen aus Österreich auf großes Interesse.
»Österreich ist Bio-Weltmeister« ist ein Slogan, der den österreichischen Branchenmenschen gern über die Lippen kommt und den andere heimische Branchenmenschen immer wieder gerne hören. Er stimmt auch. In allen wesentlichen Bereichen findet sich das Bioland Österreich im Spitzenfeld wieder. Bei der Ackerfläche zum Beispiel. Diese stagniert zwar, dafür liegen wir da mit knapp 20 Prozent mit komfortablen Vorsprung in Pole Position. Auch bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Bioprodukte spielt Österreich vorne mit. Und wir können exportieren. Auch das hat A bewiesen. Warum sollten Ziegenkäse und Bio-Schnaps nicht erreichen, was Mozartkugel & Co längst geschafft haben? Hier ein paar Beispiele von Ideen, Produkten und Betrieben, die auf gutem Weg sind. Aus völlig unterschiedlichen Gründen.
Aufbau von Strukturen
Die Bio-Hotels sind praktisch eine österreichische Erfindung. Natürlich hat sich in den zehn Jahren ihres Bestehens einiges getan. Die Zahl der Betriebe ist rasant gestiegen, der Anteil der deutschen Mitglieder ebenso. Begonnen hat es aber in Tirol, im Kopf eines quirligen Oberländers. Ludwig Gruber war damals Mitarbeiter beim Tiroler Ableger des österreichischen Bio-Verbands. Er sammelte ein paar Gastgeber um sich, die zwar wussten, dass mit unseren Lebensmitteln einiges im Argen lag, jedoch keine Ahnung hatten, wie sie es anstellen sollten, ihre Betriebe mit Bio-Produkten zu versorgen. Eine Bio-Selbsthilfegruppe quasi mit dem Ziel, Netzwerke und Strukturen aufzubauen, um die Versorgung mit Bio-Lebensmitteln zu gewährleisten. Die einzelnen Betriebe, der Verein Bioland und Bio Austria und natürlich die Kontrollstellen wie ABCert oder die Austria Bio Garantie haben gemeinsam ganze Arbeit geleistet, um »Bio-Urlaub mit nachvollziehbaren, zukunftsweisenden Ideen und Leitlinien anzubieten«.
Jetzt macht das Modell Schule. Mit dem Know-how der Bio-Hotels entstehen bereits Betriebe in Spanien, Griechenland, Frankreich und Slowenien. Der jüngste Coup der Idee ist allerdings ein exotischer. Vor einigen Monaten wurde in Tokio die Bio-Hotels Japan Association gegründet. Mit den gleichen Anliegen und Zielen, wie die Bio-Hotels damals vor zehn Jahren hier bei uns. Aufmerksam wurden die Japaner auf die Bio-Hotels durch deren Präsenz bei der Biofach in Tokio, ein Ableger der Biobranchen-Weltleitmesse in Nürnberg. Zwar war nie ein eigener Stand geplant, viel zu unsicher der Markt, viel zu weit der Weg. Trotzdem. Japanische Gäste kommen nun einmal gerne nach Österreich, warum also nicht zeigen, dass sich dafür auch ausgezeichnete ökologisch orientierte Häuser anbieten. Das Interesse wuchs und bald tourten die ersten Journalisten und Fotografen von Bio-Hotels zu Bio-Hotels. Umfangreiche Berichte in japanischen Lifestyle-Hochglanzmagazinen führten tatsächlich zu Buchungen und – und das ist viel bedeutender – bei einigen traditionellen Hotels in Japan, den Ryukans, zum Wunsch etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Noch wird heftig an den Richtlinien und dem gemeinsamen Auftritt gearbeitet. Bald wird es die ersten Bio-Hotels in Hokkaido und den Präfekturen Okayama und Akita geben und heimisches Know-how wird maßgeblich daran beteiligt gewesen sein.
Wachstumspotenziale auf neuen Märkten
Die Idee der Bio-Hotels verbreitet sich in der Welt aufgrund ihrer Strahlkraft. Das ist allerdings nicht der einzige Grund, weshalb Bio-Produkte oder Innovationen den Weg ins Ausland suchen. Gesamtwirtschaftlich gesehen hat der Bio-Markt in Österreich zwar ein unvergleichlich hohes Niveau erreicht, stagniert allerdings auf diesem Level. Für viele Betriebe bedeutet das, dass sie Wachstumspotenziale auf neuen Märkten suchen. Entsprechende Initiativen werden von Bio Austria, AMA und der Wirtschaftskammer unterstützt. In ganz konkreten Fällen ist es oft viel weniger abstrakt.
Thomas Eberharter ist Bio-Ziegenbauer – ebenfalls in Tirol. Seine Herde der Toggenburger-Rasse steht im Haidacherhof zwischen Reith und Alpbach. Bei der Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten zeigte der Landwirt Kreativität und Courage und meldete seinen Betrieb für die Gulfood in Dubai, die größte Lebensmittelmesse im arabischen Raum, an. Auf dieser Messe überzeugte Eberharter durch Qualität, Kompetenz, Authentizität und durch seinen handwerklichen Zugang. Die »Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten« war dabei nicht einfach nur ein Spleen, sondern vielmehr eine wirtschaftliche Notwendigkeit, stellt doch die Vermarktung biologischer Ziegenkäse in Rohmilchqualität im oberen Preissegment eine nicht geringe Herausforderung dar. Regionalität alleine reicht da nicht aus. Mit einem lukrativen Auftrag im Rucksack machte sich Eberharter jedenfalls auf den Weg zurück nach Tirol. Sein Kunde in Dubai ist für Österreichs Bio-Produzenten dabei kein Unbekannter. Nils El Accad ist Geschäftsführer von Organic Foods and Café und die klare Nummer eins in Sachen Bio in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In seinen Shops finden gesundheits- und genussorientierte Käufer auch Chutneys und Senf vom steirischen Lukashof und Bio-Rind aus Österreich.
Eine Frage der Größe
Finnland, Kanada, Dänemark, Amerika, Polen, Schweiz. Und das sind bei Weitem nicht alle. Wenn es unter den Biowinzern Österreichs einen Exportkaiser gibt, dann ist das Werner Michtlits vom Weingut Meinklang. Das ist auch eine Frage der Größe. Mit 55 Hektar Weingartenfläche ist Meinklang der größte Bioweinbau-Betrieb Österreichs und auch bei gesamter Betrachtung der Betriebe in Österreich vorne dabei. Ein Exportanteil von über 50 Prozent bedeutet da schon eine ganze Menge Wein. Werner Michlits fällt immer wieder durch extravagante Ideen und Innovationen auf. Vor einigen Jahren auf der Pro Wein, einer der Leitmessen für den europäischen Weinmarkt, zog er enorme Aufmerksamkeit auf sich, indem er auf seinem Messestand (die eigentlich immer sehr kleine Ständchen sind) ein 900 Liter Beton-Ei aufstellen ließ, um der Fachwelt seine – damals – neue Ausbauform so anschaulich wie möglich zu präsentieren. Der Erfolg gibt ihm Recht, der Preis sind ausgedehnte Reisen, unzählige Präsentationen und lange Verhandlungen.
Bio-Produkte aus Österreich haben noch ein enormes Potenzial auf neuen Märkten. Aufgrund der hohen Flächenanteile und des bisherigen Wachstums brauchen wir auch kein schlechtes Gewissen zu haben, da der Eigenbedarf so gut wie gesichert ist. Ideen wie die der Bio-Hotels sind so zwingend logisch, dass sie sich praktisch von selbst verbreiten. Exportiert wird hier nur das Wissen, wie es geht. Produkte wie die vom Ziegenbauer Eberharter sind so gut, dass wir damit nicht nur Produkte, sondern auch eine gewaltiges Maß an Reputation in die Welt tragen und auch der Wein ist so stark mit unserem Land verbunden, dass die touristischen Effekte mehr als nur Nebenwirkungen sind.
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