Bio-Wildbret – warum ned?

Bislang ist nur das Fleisch von Gattertieren bio-zertifizierbar. Bio-Wildbret gibt es (noch) nicht. Voraussetzung dafür wären Bio-Wälder – dafür gibt es bereits Richtlinien vom deutschen Naturland-Verband. (Foto: Schleich Spielzeug)

Derzeit ist nur das Fleisch von im Gatter gehaltenen Rehen, Hirschen und Wildsauen bio-zertifizierbar, nicht aber das Wildbret von freilegenden Wildtieren. Wie und unter welchen Bedingungen Wildbret bio-zertifizierbar sein könnte – und sollte –, erläutert Reinhard Gessl vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIbL).

Reinhard Gessl vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIbL) über die Möglichkeit von zertifiziertem Bio-Wildbret. (Foto: privat)

Gastkommentar. Bio-Wildfleisch gibt es bis jetzt nur aus dem Gatter. Die Gatterwildhaltung gilt als landwirtschaftliche Nutztierhaltung und ist von der EU-Bio-Verordnung 834/2007 miterfasst. Die Gatterwildhaltung gleicht aber vom Aussehen und von der menschlichen Betreuungsintensität mehr einer intensiven Freiland-Rinderhaltung als einer Haltung von Wild. Alle Tiere, die frei in der Natur zum Beispiel im Wald, in Seen oder Flüssen leben, gelten als (nicht biozertifizierbare) Wildtiere.

Was schon bisher als Bio möglich ist, ist das Sammeln von Pflanzen und Früchten an ihren natürlichen, vom Menschen weitestgehend unbeeinflussten Wuchsstandorten. Die Flächen und Ernteprodukte unterliegen dann ganz normal der Bio-Kontrolle und können als Bio-Lebensmittel (oft mit dem Zusatz „aus Wildsammlung“) vermarket werden. Für die Bio-Statistik – und natürlich auch für die Ökosysteme – wären sowohl mehr „Gstettn“ als auch ökologisch bewirtschaftete Waldflächen von größtem Interesse. Dies zeigte sich erstmals 2015 als die Bio-Flächen global betrachtet einen Jahreszuwachs von 15 Prozent zeigten. Was war passiert? Große, beweidete Steppen vor allem in Südamerika wurden erstmals der Biokontrolle unterworfen.

Grundsätzlich spräche nichts gegen eine Biozertifizierung von Wald und Wild(bret). Bio gäbe es aber auch für unsere Wälder nicht einfach so und gratis. Vielmehr müssten dazu die Flächen und tierischen Produkte daraus biozertifiziert werden. Der deutsche Bioverband Naturland hat für eine ökologische Waldnutzung bereits 1995 Kriterien ausgearbeitet:

  • Wiederherstellung bzw. Erhalt naturnaher Wälder, beispielsweise durch natürliche Waldverjüngung, gegebenenfalls gezielte Pflanzung heimischer, den lokalen Umweltfaktoren angepassten Baumarten und durch Verbot der Ausbringung gentechnisch veränderter Pflanzen;
  • Erhalt der Ökosystemqualität durch Verzicht auf Kahlschläge und auf den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln;
  • Schutz des Waldbodens durch Verzicht auf Bodenentwässerung, Bodenbearbeitung und flächiges Befahren;
  • Schonende Walderschließung und Holzernte sowie waldverträgliche Wildbestände;
  • Erhalt der natürlichen Artenvielfalt und Walddynamik, Schutz von Sonderbiotopen und Anreicherung von Biotopholz (natürlich alternde und abgestorbene Bäume);
  • Ausweisung von unbewirtschafteten Referenzflächen im öffentlichen Waldbesitz zur Gewinnung lokaler Informationen über die natürliche Waldentwicklung;
  • Umfassende und nachvollziehbare Dokumentation von Bewirtschaftung und Warenstrom.

Für die Erweiterung der EU-Bio-Verordnung müssten ergänzend auch noch Mindestbedingungen für Haltung, Fütterung und Jagd von Bio-Wild ausgearbeitet werden. Vor allem müsste die Zufütterung auf ein mengenmäßiges und zeitliches Mindestmaß reduziert werden und sich vor allem auf Heu und (wenig) Maisschrot aus biologischer Landwirtschaft beschränken.

Das ist aber noch Zukunftsmusik. Wie auch, dass erholungsuchenden Menschen dann einen Bio-Wald ausschließlich mit Bio-Jause und Bio–Getränken betreten. Warum aber auch nicht?


Weiterlesen zum Thema Bio, Wald und Wildbret? Thomas Huber, Gründer des Start-ups Wild.Wald.Wiese, spricht im Interview über das Ende der Gatterwirtschaft und seine Versuche, Wildbret zum Markenprodukt zu machen. Warum Wildbret – zumindest bislang – nie bio-zertifiziert sein kann, wir allerdings trotzdem mehr davon essen sollten, das haben wir  2015 auf unserer BIORAMA Fair Fair diskutiert. Hier findet sich ein kommentierter Nachbericht. Und in einer Coverstory haben wir uns im April 2017 gefragt wie bio eigentlich die Forstwirtschaft ist

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