Mineralwasser kann bio sein… aber nur mit Siegel
Die Situation ist bekannt. Mensch schlendert durch den Supermarkt, den Bioladen oder das Reformhaus des Vertrauens und bleibt verdutzt vor dem Getränkeregal stehen. Bio-Mineralwasser? Was ist denn da anders als bei „normalem“ Mineralwasser?
Bio-Mineralwasser – klingt erstmal nach einem Marketinggag. Mineralwasser ist doch sowieso bio, da es nicht angebaut, sondern nur aus einer Quelle geschöpft wird. Eine natürliche Ressource kann ja gar nicht bio sein. So lautet die landläufige Meinung. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.
Dieser Meinung ist auch Franz Ehrnsperger, den wir hier schon einmal zu diesem Thema befragt haben. Der Inhaber von Neumarkter Lammsbräu ist ebenso Vorsitzender der Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V., die ein Bio-Siegel für Brunnenbetreiber vergibt. Doch der Weg bis dahin war hart. Auf die Einführung des ersten Bio-Mineralwassers „BioKristall“ von Neumarkter Lammsbräu im Jahr 2009 folgte ein jahrelanger Rechtsstreit. Schließlich erklärte der Bundesgerichtshof in letzter Instanz die Bezeichnung Bio-Mineralwasser im Jahr 2012 für zulässig.
Anspruchsvolle Kriterien machen vielen Abfüllern zu schaffen
In der EU-Ökoverordnung wird Wasser nicht erfasst. Diese gilt nur bei tierischen oder pflanzlichen Lebensmitteln. Aus diesem Grund entwarf die Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser ein Bio-Siegel mit eigenen Vergabekriterien. Die 45 Kriterien gehen über die gesetzlichen Vorgaben der Mineral und Trinkwasserverordnung hinaus. So sollen sie nicht nur keine Rückstände von Pestiziden und Düngemitteln oder anderen Schadstoffen, sondern auch die Nachhaltigkeit des Produkts garantieren. Hersteller von Bio-Mineralwasser verpflichten sich nicht nur zur Einhaltung weitaus niedrigerer Grenzwerte und zu einer häufigeren Kontrolle, sondern auch zu einer Vielzahl weiterer Bedingungen. Dazu zählen beispielsweise das Abfüllen in ökologische Verpackungsmaterielien, ein jährlicher Nachhaltigkeitsbericht und eine regelmäßige Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter. Zudem müssen sich die Unternehmen in Projekten für den heimischen oder weltweiten Wasserschutz engagieren. Diese Richtlinien machen einigen interessierten Herstellern gehörig zu schaffen. Derzeit gibt es neben dem Bio-Mineralwasser von Neumarkter Lammsbräu „BioKristall“ nur fünf weitere zertifizierte Abfüller.
Einige der Kriterien sind jedoch durchaus kritisch zu betrachten. Beispielsweise müssen die Hersteller alle fünf Jahre entweder durch Kristallbild-Untersuchung, Tropfbildmethodik oder einer Biophotonenuntersuchung eine Qualitätsnachweis vorlegen. Diese Untersuchungen sind sehr umstritten und gelten weitgehend als unwissenschaftlich. Um die Kritik weiß auch Franz Ehrnsperger. „Die Methoden sind wissenschaftlich nicht 100-prozentig abgesichert, aber sie haben einen Hinweiswert.“, sagt Ehrsperger gegenüber der taz.
Zurück zum Ursprung: Bio das weiter geht?
In Österreich ist noch kein Hersteller mit dem Bio-Siegel für Mineralwasser ausgezeichnet. In den Bioläden und Reformhäusern findet man zumeist Mineralwasser der verschiedenen deutschen Hersteller. Aber gibt es da nicht das Bio-Mineralwasser vom Hofer? Richtig, in der Bio-Linie des Diskonters „Zurük zum Ursprung“ ist auch ein Bio-Mineralwasser zu finden. Das Bio-Siegel der Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser lässt sich darauf jedoch nicht entdecken. Stattdessen gelten für das Mineralwasser die Kriterien des Hofer-eigenen Prüf Nach! Standard, in dem strengere Grenzwerte für Schadstoffe als in der österreichischen Mineralwasser- und Quellwasserverordnung festgelegt sind. Der Name kann jedoch etwas irreführund sein, da man beim nachprüfen des Produkts lediglich den Hersteller und ein paar andere wenig aufschlussreiche Daten findet. Nach den Grenzwerten sucht man vergeblich. Außerdem hat Konsument in einem Test herausgefunden, dass die definierten Werte nur auf das eigene Mineralwasser abgestimmt sind und auch andere österreichische natürliche Mineralwässer kein Problem mit diesen Kriterien hätten. Zudem konnte im Test ein erhöhter Gehalt von Acetaldehyd nachgewissen werden, da das „Zurück zum Ursprung“ Bio-Mineralwasser in PET-Flaschen abgefüllt wird. Bei einem Test von insgesamt 52 verschiedenen Mineralwässern war der Acetaldehyd-Gehalt bei sechs Produkten geringer als beim Produkt von „Zurück zum Ursprung“ und diese waren nicht als Bio-Mineralwasser ausgelobt. Um eine geringe Migration von Acetaldehyd aus dem Material zu gewährleisten hat Hofer nun lediglich das Mindesthaltbarkeitsdatum um die Hälfte, im Vergleich zu herkömmlichen Mineralwässern, auf 6 Monate reduziert. Das ist nur ein schwacher Trost für Konsument_innen, die wohl davon ausgehen müssen, dass es sich beim „Zurück zum Ursprung“ Bio-Mineralwasser mehr um einen Verkaufsschmäh als um ein von anderen Mineralwässern qualitativ unterscheidbares Produkt handelt.
Bio-Mineralwasser, „normales“ Mineralwasser oder Leitungswasser?
Zwar sind die mit dem Bio-Siegel ausgezeichneten Abfüller in Sachen Nachhaltigkeit durchaus ambitioniert, aus ökologischer Sicht jedoch gibt es wohl nur eine logische Alternative und die ist zumeist nur ein paar Schritte zum nächsten Wasserhahn entfernt. Denn bio hin oder her, Tatsache ist, dass es sich bei Leitungswasser in unsene Breiten um eines der am besten und am regelmäßigsten untersuchten Lebensmittel handelt und es dem Mineralwasser in Sachen Mineralstoffgehalt, entgegen der landläufigen Meinung, um nichts nachsteht. Das sollte man vielleicht immer im Hinterkopf behalten, wenn man das nächste mal zum Flaschenwasser greift.
Mehr Informationen zu Bio-Mineralwasser gibt es hier.